Es ist 6 Uhr morgens. Der Kamin ist aus, das Zimmer kalt. Sein Kopf sagt: „Ich will nicht.“ Sein Mut sagt: „Ich will.“ Also steht er auf, wirft sich seinen Bademantel über und tritt hinaus. Nachts hat es geschneit, und die Regentonne hat eine dicke Eisschicht. Er atmet tief in den Bauch, sammelt seine Willenskraft und taucht in das eiskalte Wasser. Der Schock sitzt tief. „Einatmen, ausatmen“, lautet sein Mantra, während er immer tiefer in das Wasser gleitet. Bis zum Hals steht es ihm nun. Umschlossen von Eiseskälte findet er tief in sich einen stillen Frieden. Nach einigen Minuten meldet sich der Körper und er steigt aus der Tonne aus. Sein Körper ist knallrot, jede einzelne Faser kribbelt. Er beginnt, sich langsam zu bewegen – und lächelt.
Eisbaden als Immun-Boost
„Für kein Geld der Welt!“, antworten die meisten Menschen, wenn sie ins kalte Wasser sollen. Shawn da Silva ist professioneller MMA-Kämpfer und tut es freiwillig. „Ich liebe Herausforderungen“, gesteht er und so findet er sich immer wieder in Extremsituationen ein. Sei es das Eisbad am Morgen oder der Gegner im Octagon, während die Menge brüllend auf einen spannenden Kampf hinfiebert. Er hält einen beeindruckenden Rekord von vier Siegen und null Niederlagen. Den fünften Sieg will er am 24. März in London einholen, wenn er bei Cage Warriors kämpft. Eigentlich ist er ausgebildeter Europasekretär und spricht fließend Spanisch, Portugiesisch und Italienisch. Diese Tätigkeit kann dem Kampfsport wortwörtlich nicht das Wasser reichen, und so kündigt er. „Das ist jetzt meine Zeit, um meine Karriere voranzutreiben“, sagt da Silva, „In meinen alten Job kann ich noch immer zurück.“
Aktuell kämpft er hauptberuflich und bietet Personaltrainings an. Am 29. Februar ist er 27 Jahre alt geworden und schaut auf eine intensive Entwicklung zurück. Der Vollkontakt-Kampfsport Mixed Martial Arts habe ihn mental und physisch auf ein neues Level gebracht. „MMA lehrt das Überwinden sämtlicher Grenzen und mit dem Eisbad ist es dasselbe“, erklärt er, „Du musst deinen inneren Schweinehund besiegen und das hilft dir letzten Endes, dein Leben zu meistern.“ Bereits in seiner Kindheit stellten da Silva und sein Vater Mutproben auf und sprangen in eiskalte Seen und Flüsse. Den physischen und mentalen Mehrwert erkannte der gebürtige Balinger erst vor Kurzem.
Er trainiert täglich in der internationalen Kampfsportschule Planet Eater. Headcoach und Inhaber Peter Sobotta ist stets auf der Suche nach den neusten und effektivsten Techniken, um die Kämpferinnen und Kämpfer auf das nächste Level zu bringen. So kam es, dass in der Kampfsportschule ein Seminar rund um die Themen Regeneration, Atemtechniken und Kältetherapie nach Wim Hof angeboten wurde, an dem da Silva teilnahm. „Eigentlich sind Kältetherapie und Kampfsport zwei getrennte Bereiche“, veranschaulicht Sobotta, „Kombiniert hat es aber zahlreiche positive Auswirkungen: Es verbessert die allgemeine Gesundheit, stärkt den Charakter, verhilft zu allgemeinem Wohlbefinden und vor allem beschleunigt es die Regeneration. Professionelle Kampfsportler trainieren mindestens zweimal am Tag, und in der Regel gewinnt der, der mehr trainiert.“
Jeden Tag ins Eisbad
Da Silva vereinbarte mit sich selbst eine Challenge: 30 Tage lang stieg er jeden Morgen ins eiskalte Wasser. Dafür funktionierte er kurzerhand die Regentonne um, die in seinem Garten in Albstadt steht. Ab und zu springt er auch in Seen und Flüsse der Umgebung. „Die Atmung ist alles“, beschwört da Silva, „ob Kondition, Ausdauer oder Kraft, alles hängt davon ab. Es war eine Revolution für meinen Kampfstil und mein Leben.“
Wichtig sei vor allem, länger auszuatmen als einzuatmen. Das Ziel ist, so viel Sauerstoff wie möglich im Körper anzusammeln. Das sorgt dafür, den Puls zu verlangsamen. Außerdem gewinnt er dadurch eine Art meditativen Zustand, in dem er seinen Körper anders wahrnimmt. Im Wasser verweilt er zwei bis drei Minuten, bevor er aussteigt. Der Körper gewöhnt sich an die Kälte und bildet sogar eine Art Luftpolster auf der Haut, wenn er ganz still hält. Ein besonders wichtiger Schritt ist, dass der Körper danach selbst die erforderliche Wärme aufbringt. Unterstützend wirken hier leichte Bewegungen mit Armen und Beinen.
„Mein persönlicher Rekord liegt bei sieben Minuten“, sagt da Silva stolz, „Aber man sollte nichts erzwingen und immer auf das eigene Körpergefühl hören.“ Unter keinen Umständen solle man aber krank in die Kälte.
„Das Gefühl danach ist einmalig“, schwärmt er, „nachdem ich das überstanden habe, bin ich bereit für den Tag und jede Herausforderung wird plötzlich leicht zu bewältigen.“
„Das Gefühl danach ist einmalig“, schwärmt er, „nachdem ich das überstanden habe, bin ich bereit für den Tag und jede Herausforderung wird plötzlich leicht zu bewältigen.“
Die Wim-Hof-Methode findet immer mehr Anhänger
Der niederländische Extremsportler Wim Hof ist bekannt unter dem Namen „The Iceman“, also „der Eismann“. Er hält 26 internationale Rekorde im Eisbaden. Seine Bestleistung beträgt eine Stunde, 52 Minuten und 42 Sekunden, die er bis zum Hals im Eiswasser ausgehalten hat. Auch in Deutschland gewinnt seine Wim-Hof-Methode, die vor allem durch Atemtechniken die Gesundheit fördern soll, an Bekanntheit. Um der Nachfrage gerecht zu werden, bildet er weltweit Lehrer aus, die sein Wissen weitergeben.
Gute Nachrichten für alle, die nicht sofort in den kalten See springen wollen: Eine niederländische Studie hat herausgefunden, dass kaltes Duschen auch das Immunsystem stärkt. Täglich 30 bis 90 Sekunden kalt duschen sorgte bereits für ein Drittel weniger Krankheitsfälle als in der Vergleichsgruppe.
Gute Nachrichten für alle, die nicht sofort in den kalten See springen wollen: Eine niederländische Studie hat herausgefunden, dass kaltes Duschen auch das Immunsystem stärkt. Täglich 30 bis 90 Sekunden kalt duschen sorgte bereits für ein Drittel weniger Krankheitsfälle als in der Vergleichsgruppe.