Das Bundeswehr-Dienstleistungszentrum (BWDLZ) Stetten am kalten Markt betreut und versorgt die Streitkräfte und Dienststellen im Süden von Baden-Württemberg. Das umfasst die Standorte Stetten a.k.M. selbst – dem größten Standort Süddeutschlands mit rund 3000 Soldaten und Zivilbeschäftigten – sowie Pfullendorf, Donaueschingen, Müllheim, Todtnau/Fahl und weitere Kleinstandorte. Regierungsdirektor Andreas Lenz ist seit 2018 der Leiter des BWDLZ. Im Interview spricht der 63-Jährige über Herausforderungen wie die Digitalisierung und Verjüngung des Personals – und sagt, warum er nicht mehr Vertrauen in die Bundeswehr schaffen kann.

Herr Lenz, im Fokus steht immer der Soldat. Wofür sind Sie und das Dienstleistungszentrum zuständig?

Andreas Lenz: Wir sind Dienstleister für die Truppe. Das ist vielen vor der Kaserne nicht bekannt, denn mit der Bundeswehr verbindet man Soldaten und weniger das zivile Personal der Wehrverwaltung. Wir versorgen und betreuen die Streitkräfte und die Dienststellen der Wehrverwaltung in personeller und materieller Hinsicht. Damit beschäftigen sich die Bereiche Personalmanagement, Finanzen/Interne Dienste und Facilitymanagement meiner Dienststelle.

Was gehört zum Bereich Personal?

Das Personalmanagement im BWDLZ bearbeitet von der Einstellung über die Aus- und Fortbildung bis hin zum Ruhestand eine Vielzahl von Personal- und Tarif-Angelegenheiten. Ein Sozialdienst des BWDLZ steht allen Bundeswehrangehörigen und ihren Familien beratend zur Seite, wenn im persönlichen Umfeld Hilfe benötigt wird. In allen sozialen Fragen und bei den unterschiedlichsten Problemen helfen die Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen vor Ort. Die Wohnungsfürsorge des BWDLZ unterstützt Bundeswehrangehörige nach Einstellung, Versetzung oder Auslandseinsatz-Rückkehr bei der Suche nach einer Wohnung.

Was fällt unter Finanzen und interne Dienste?

Der Bereich Finanzen/Interne Dienste ist für alle finanziellen Angelegenheiten und haushaltsrechtlichen Aufgaben verantwortlich, von der Hotel-Buchung über die Finanzplanung bis hin zu Rechnungen aller Art. Die Mitarbeitenden des Travel Managements helfen bei der Planung und Durchführung von Dienstreisen und beraten bei Fragen zu Reise- oder Umzugskosten sowie Trennungsgeld. Der Teilbereich Interne Dienste ist für den Dienstbetrieb, die innere Funktionsfähigkeit der Behörde zuständig.

Und was macht das Facilitymanagement?

Das Facilitymanagement ist der größte Bereich eines BWDLZ. Der Betrieb der Liegenschaften umfasst die Durchführung des technischen und infrastrukturellen Gebäude- und Liegenschaftsmanagements sowie der Ver- und Entsorgung. Von A wie Abfall-Wirtschaft bis Z wie Zentrales Heizkraftwerk, von der Pflege der Außenanlagen über Elektrik bis hin zur Beschaffung von Material unterstützt und repariert das BWDLZ überall dort, wo es gebraucht wird. Zu den Aufgaben im Liegenschaftsbetrieb gehört zudem der Umwelt- und Naturschutz. Auf dem Truppenübungsplatz Heuberg ist das BWDLZ zuständig für die Funktion und Instandhaltung von Zielbauten. Gemeinsam mit dem Verpflegungsamt der Bundeswehr stellt das BWDLZ auch die Verpflegung sicher.

Für Ihre Dienststelle spielt inzwischen auch die Digitalisierung eine Rolle. Wie weit sind Sie damit schon?

Auch da hinken wir im Bereich der Bundeswehr noch genauso hinterher wie vor der Kaserne. Seitens des Ministeriums ist man dran, die Digitalisierung voranzutreiben. Aber das dauert eben. Man kann leider nicht einfach den Schalter umlegen und sagen, ab morgen läuft es anders.

Vor welche Herausforderungen stellt die Digitalisierung das Dienstleistungszentrum?

Viele meiner Beschäftigten haben keinen dienstlich bereitgestellten PC, was auch aufgrund der wahrzunehmenden Tätigkeiten oftmals kein zwingendes Erfordernis darstellt. Doch wie sollen sich diese an Online-Verfahren beteiligen? Wir sind aktuell dabei, unsere Handwerker mit Tablets auszustatten, damit sie künftig ihre Aufträge nicht mehr in Papierform, sondern aufs Tablet bekommen und dort nach Abschluss in das System einpflegen können. Aber wir haben auch lebensältere Mitarbeitende an Bord, die generell mit IT-Technik nichts anfangen können oder damit ihre Probleme haben. Und wenn wir ehrlich sind: Viele sind ja auch nicht bei uns angetreten, um sich mit IT-Technik zu befassen, sondern um handwerklich zu arbeiten. Wir haben aktuell einen Altersdurchschnitt von knapp unter 50 Jahren.

Da wird ein großer Teil bald in Rente oder in Pension gehen.

Verjüngung fällt uns schwer, heißt, wir tun uns schwer in der Gewinnung junger Mitarbeitenden, insbesondere bei Handwerksmeistern und Fachhandwerkern. Und das schon seit Jahren. Auch das ist jedoch kein alleiniges Problem der Bundeswehr. Hinzu kommt, dass die Bezahlung nach dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes schon Wünsche offen lässt.

Wann merken Sie das?

Dann, wenn wir Gespräche mit potenziellen Bewerbern für freie Stellen führen. Ganz schwierig ist es am Standort Müllheim durch die Nähe zur Schweiz. Dort gibt es natürlich ein ganz anderes Gehaltsgefüge als bei uns. Ein Handwerker in der Schweiz wird weitaus besser bezahlt als bei uns. Da überlegen sich die jungen Menschen gut, ob sie zu uns kommen.

Wie hoch ist denn der Frauenanteil in Ihrer Verwaltung?

Wir haben momentan einen Frauenanteil von 27 Prozent, also rund ein Viertel, schwerpunktmäßig in der Verwaltung und in den Truppenküchen eingesetzt. Es ist festzustellen, dass immer mehr Frauen in die Verwaltung drängen. Das liegt auch daran, dass wir an Arbeitszeitmodellen so gut wie alles haben, was man sich als Frau wünscht – oder als Mann, wir haben auch Männer in Teilzeit beschäftigt. Es ist wirklich so ziemlich alles denkbar.

Wie hat die Corona-Pandemie die Dienststelle verändert?

Wir sind erst vor noch nicht allzu langer Zeit aus dem „Pandemieschlaf“ erwacht. Erst Ende Januar habe ich die letzten Maßnahmen zurückgenommen, bis dato hatten wir zum Beispiel noch eine Maskenpflicht. Es hat sich seit Corona gezeigt, dass sich beispielsweise Mitarbeitende aus dem Dienstbetrieb herausgenommen haben. Da spielt auch das Thema Home-Office eine ganz entscheidende Rolle. Das soll sich ändern, indem es wieder gemeinsame Veranstaltungen gibt und soziale Kontakte wieder vermehrt zustande kommen, so wie dies auch vor Corona der Fall war.

Welche Rolle spielt Home-Office nach wie vor?

Der Wunsch nach Telearbeit hat stark zugenommen. Viele sind während Corona auf den Geschmack gekommen. Das stellt für uns ein Problem dar.

Warum?

Weil es dadurch erschwert wird, beispielsweise Besprechungen in einer gemeinsamen Runde in der Dienststelle durchzuführen. Es baut ja alles auf Vertrauen auf, das natürlich grundsätzlich erst mal vorhanden ist. Aber die Zahl der Anträge ist einfach enorm gestiegen. Und weil nicht allen Home-Office angeboten werden konnte, hat das sehr viel Neid und Missgunst ausgelöst. Ich verstehe das Problem, aber mich nervt die ständige Jammerei, warum der eine darf und der andere nicht. Das bringt eine enorme Unruhe in die Dienststelle.

Wie löst sich das Problem?

Das ist eine gute Frage, weil diese Ungerechtigkeiten bleiben werden. Ich kann nach wie vor nicht alle in Telearbeit schicken – das gilt auch für das in der Verwaltung eingesetzte Personal. Wir haben im April – nach drei Jahren des coronabedingten Verzichts – wieder eine Betriebs- und Personalversammlung. Darauf freue ich mich schon sehr. Das ist für mich die Möglichkeit, die Mitarbeitenden vis-à-vis persönlich auf diese Situation anzusprechen.

Welche Rückmeldung bekommen Sie zur Betreuung der Soldaten?

Die Zufriedenheit unserer Klientel ist an allen Standorten tadellos. Wir arbeiten nicht gegeneinander, wir arbeiten miteinander. Spannungen gibt es in jedem beruflichen Umfeld; aber wenn ich sehe, was ich an Rückmeldungen bekomme, gibt es für mich absolut nichts zu meckern.

Laut Deutschlandtrend hat eine Mehrheit von 54 Prozent wenig bis kein Vertrauen in die Bundeswehr, dass sie mit Bündnispartnern einen Angriff auf Nato-Gebiet abwehren könnte. Was denken Sie darüber?

Was durch die Presse geht, ist das, was die Leute beschäftigt – nämlich, dass bei der Bundeswehr vieles nicht mehr funktioniert. Klar, das gibt vielen zu denken, vor allem jenen, die noch die Zeiten des Kalten Krieges miterlebt haben. Die Frage, ob die Bundeswehr aktuell in der Lage ist, eine Aufgabe wie die Landes- und Bündnisverteidigung wahrzunehmen, wird bleiben.

Wenn Sie Besucher durch das BWDLZ führen würden: Wie könnten Sie mehr Vertrauen schaffen?

Mit dem, was ich in meiner Dienststelle aufzeigen kann, werde ich das Vertrauen der Leute in die Bundeswehr eher nicht stärken können. Wir haben einen ganz anderen Auftrag als unsere Soldaten. Klar, wir schauen danach, dass es unseren Soldaten an nichts fehlt, damit sie ihren Auftrag erfüllen können. Aber mit einer Führung durch meine Dienststelle würde ich mit Sicherheit nicht dafür sorgen können, dass der Bürger in Stetten a.k.M. sich sicherer fühlt.

Werden Sie etwas von dem beschlossenen Sondervermögen für die Bundeswehr in Stetten a.k.M. merken?

Das ist für mich derzeit nicht absehbar, aber durchaus möglich. Deutschland braucht eine gut ausgestattete Bundeswehr, um den sicherheitspolitischen Herausforderungen gewachsen zu sein. Das Sondervermögen soll dazu beitragen, die Ausstattung der Bundeswehr schneller zu beschaffen, als dies im üblichen Haushaltsrhythmus möglich ist. Dazu sollen aus dem Sondervermögen Großgeräte für die Teilstreitkräfte gekauft werden und Beschaffungen im Komplex „Führungsfähigkeit und Digitalisierung“ verwendet werden. Es bleibt abzuwarten, inwieweit auch die militärischen Einheiten am Standort Stetten a.k.M. davon profitieren werden.

Zur Person

Regierungsdirektor Andreas Lenz ist seit März 2018 Leiter des Bundeswehr-Dienstleistungszentrum Stetten a.k.M. Neben zahlreichen Verwendungen, fast ausschließlich am Standort Stetten a.k.M., war er zuvor fast 20 Jahre im Personalwesen tätig. Der 63-Jährige stammt aus Mannheim und leistete den Wehrdienst in Weingarten und Mainz ab. Seit 1983 lebt er in Stetten. Lenz ist verheiratet und hat zwei Töchter.
Das BWDLZ Stetten a.k.M. ist eines von bundesweit 42 BWDLZ. In Stetten sind 527 aktive Mitarbeitende beschäftigt. Darunter befinden sich 68 Beamte, 410 Tarifbeschäftigte, 13 Soldaten und 36 Auszubildende und Anwärter für die Beamtenlaufbahnen des gehobenen und mittleren nichttechnischen Verwaltungsdienstes.