Deutschlands letzter großer Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof schließt 52 der noch verbliebenen 129 Warenhäuser. Dem Konzern zufolge fallen mehr als 4000 Stellen weg. Die Arbeitnehmervertreter sprachen zuvor von „weit über 5000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern“, die ihren Arbeitsplatz verlieren werden. „Dies ist ein rabenschwarzer Tag“, betonte der Betriebsrat.

Galeria macht 52 Filialen dicht: Liste der betroffenen Kaufhäuser

Wie bereits vermutet, treffen die Schließungspläne auch den Standort Reutlingen. Die Schließung soll bis Januar 2024 erfolgen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Standort Ulm können hingegen wohl aufatmen, der Standort findet sich nicht auf der Streichliste, die nach einer außerordentlichen Aufsichtsratssitzung bekannt wurde.
Wie der Konzern mitteilt, sollen darüber hinaus bis Ende Januar 2024 folgende Filialen schließen:
  • Bayreuth
  • Berlin-Charlottenburg
  • Berlin-Müllerstraße
  • Bielefeld
  • Braunschweig
  • Bremen
  • Darmstadt am weißen Turm
  • Dortmund
  • Düsseldorf-Schadowstraße
  • Essen
  • Esslingen
  • Frankfurt Zeil
  • Hanau
  • Heidelberg Bismarckplatz
  • Hildesheim
  • Kempten
  • Krefeld
  • Leonberg
  • Limburg
  • Lübeck
  • Mönchengladbach
  • Oldenburg
  • Pforzheim
  • Reutlingen
  • Rosenheim
  • Rostock
  • Schweinfurt
  • Stuttgart-Eberhard-Straße
  • Viernheim-RNZ
  • Wuppertal
Bereits bis Ende Juni 2023 sollen folgende Standorte schließen:
  • Celle
  • Coburg
  • Cottbus
  • Duisburg Düsseldorfer Straße
  • Erlangen
  • Gelsenkirchen
  • Hagen
  • Hamburg-Harburg
  • Hamburg-Wandsbek
  • Leipzig Neumarkt
  • Leverkusen
  • München Bahnhof
  • Neuss
  • Nürnberg Königstraße
  • Nürnberg-Langwasser
  • Offenbach
  • Paderborn
  • Regensburg Neupfarrplatz
  • Saarbrücken am Bahnhof
  • Siegen
  • Wiesbaden Kirchgasse
Dass es nun zu solch harten Einschnitten kommt, liegt dem Betriebsrat zufolge nicht nur an der Corona-Pandemie und den Folgen des Ukraine-Krieges, sondern auch an hausgemachten Fehlern.

Langfristige Garantien für verbleibende Mitarbeiter gefordert

Das Management stehe jetzt in der Verantwortung, der verbleibenden Belegschaft eine längerfristige berufliche Zukunft zu garantieren. Nach den Plänen des Warenhauskonzerns sollen die verbleibenden 77 Filialen in den kommenden drei Jahren allesamt umfassend modernisiert werden. In Zukunft will sich der Konzern bei seinem Angebot vor allem auf die Bereiche Bekleidung, Schönheitspflege und Wohn-Accessoires konzentrieren. Bei der Gestaltung ihres Sortiments sollen die Filialen außerdem mehr Eigenständigkeit erhalten. Mit Blick auf das geplante Maßnahmenpaket sagte Galeria-Chef Miguel Müllenbach: „Das Warenhaus in Deutschland hat damit eine Zukunft.“ Allerdings muss vor dem Neustart noch die Gläubigerversammlung am 27. März in Essen grünes Licht dafür geben. Lehnt sie den Insolvenzplan ab, droht dem Unternehmen das sofortige Aus.
Galeria Karstadt Kaufhof hatte Ende Oktober zum zweiten Mal innerhalb von weniger als drei Jahren Rettung in einem Schutzschirm-Insolvenzverfahren suchen müssen. Als Grund für die bedrohliche Lage des Unternehmens nannte Konzernchef Miguel Müllenbach damals in einem Mitarbeiterbrief die explodierenden Energiepreise und die Konsumflaute in Deutschland. Der Manager ließ von Anfang an keinen Zweifel daran, dass die erneute Sanierung mit erheblichen Einschnitten in das Filialnetz und einem deutlichen Stellenabbau verbunden sein würde.
Es ist bereits der zweite Versuch, den Handelsriesen durch ein Schutzschirmverfahren und den damit verbundenen Schuldenschnitt wieder dauerhaft auf Erfolgskurs zu bringen. Ein erster Anlauf, der 2020 während des ersten Corona-Lockdowns gestartet worden war, hatte dem Unternehmen trotz der Schließung von rund 40 Filialen, dem Abbau von etwa 4000 Stellen und der Streichung von mehr als zwei Milliarden Euro an Schulden nur vorübergehende Entlastung gebracht.
Das Sanierungskonzept, über das die Gläubigerversammlung in zwei Wochen entscheidet, haben die Geschäftsführer Miguel Müllenbach und Guido Mager und Olivier van den Bossche sowie die beauftragten Generalbevollmächtigten Arndt Geiwitz und Patrick Wahren von der Neu-Ulmer Wirtschaftskanzlei SGP Schneider Geiwitz ausgearbeitet.

Weniger Marken und Artikel geplant

Den Verfassern des Insolvenzplans zufolge sei ein Problem des derzeitigen Geschäftsmodells, dass lediglich 6 Prozent der Erlöse aus dem Online-Geschäft generiert werden, schreibt die „Lebensmittelzeitung“. 94 Prozent des Umsatzes von insgesamt rund 2,6 Milliarden Euro stammten im Geschäftsjahr 2021/22 (30. September) aus dem stationären Handel. Damit bewege sich Galeria Kaufhof in „einem strukturell schwierigen Marktumfeld“, zitiert die Fachzeitung aus dem Insolvenzplan. Ein wirtschaftlich sinnvoller Verkauf des Konzerns als Gesamtes sei unrealistisch.
Generell wolle der Konzern am bereits eingeschlagenen Sanierungskonzept festhalten, das bereits nach der vorangegangenen Insolvenz Anfang 2020 entwickelt wurde, es aber weiterentwickeln. Konkret sollen demnach die Bereiche Herrenbekleidung, Damenoberbekleidung sowie Wäsche ausgebaut werden, da sie einen Bruttogewinn abwerfen. Schreib- und Spielwaren sollten dagegen „außerhalb der Saisonspitzen reduziert werden“. Zudem solle die Zahl der Marken und auch der Artikel insgesamt um 30 Prozent zurückgefahren werden.
Bereits zuvor hatte das Unternehmen mitgeteilt, die Galeria-Warenhäuser künftig stärker auf die lokalen Bedürfnisse auszurichten. Geplant sei außerdem eine kundenfreundliche Verzahnung von Mobile-, Online- und Filialkaufmöglichkeiten.
Während sich dem Bericht der „Lebensmitteilzeitung“ zufolge Lieferanten vergleichsweise entspannt zeigen, weil ihre Lieferungen an den Warenhauskonzern über den Versicherer Eurodelkredere abgesichert seien, könnte es für Vermieter und den Staat zu empfindlichen Verlusten kommen. So sei beispielsweise für die zweite Kapitalspritze über 220 Millionen, die als stille Einlage gewährt wurde, keine Sicherheiten bestellt worden.
Bei der Abstimmung über den Insolvenzplan am 27. März haben die Gläubiger wohl keine wirkliche Alternative. „Bei Planablehnung wird der Geschäftsbetrieb unmittelbar einzustellen sein“, schreiben die Autoren des Insolvenzplans. Eine Bedienung der Gläubigerforderungen sei dann nicht mehr möglich.