Die Deutsche Bank verliert keine Zeit beim Abbau tausender Stellen. „In den Geschäftsbereichen, in denen wir uns zurückziehen, haben wir mit dem Prozess heute Morgen begonnen“, sagte Vorstandschef Christian Sewing am Montag. „Das betrifft nicht nur Asien, sondern auch andere Regionen.“ Gehen müssen Investmentbanker auch in London und New York. Ihre Verträge sind so gestaltet, dass sie zwar gut verdienen, dafür aber auch von einem auf den anderen Tag mit einer vereinbarten Abfindung gehen müssen.
Einzelheiten des „schmerzlichen Teils“ des Umbaus nannte Sewing auch am Montag nicht. „Wir sprechen zuerst mit unseren Beschäftigten.“ Damit bleibt unklar, wie viele der 18.000 Stellen wo und wann wegfallen. Offen ist auch, ob in Deutschland Filialen geschlossen werden.

Tausende Stellen werden gestrichen

Konzernbetriebsratschef Frank Schulze schätzte am Sonntagabend, dass hierzulande 6000 bis 10 000 Stellen wegfallen könnten. In seiner Schätzung ist aber der schon vereinbarte Abbau von 2000 Stellen im Zusammenhang mit der Integration der Postbank enthalten. In Deutschland beschäftigt die Deutsche Bank aktuell rund 41.700 Menschen und betreibt 1409 Niederlassungen und Filialen.
Unklar ist auch, ob die Bank bei dem Personalabbau von derzeit 91.500 auf etwa 74.000 Stellen bis 2022 auf betriebsbedingte Kündigungen verzichtet. Auch in einer Nachricht an die Beschäftigten geht Sewing nicht auf Details ein. Er bedauere die harten Einschnitte. „Im Sinne unserer Bank haben wir aber keine andere Wahl. Meine Kollegen und ich wissen, dass dahinter Menschen und Schicksale stehen.“
Frank Bsirske, der Chef der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und Mitglied des Deut­sche-Bank-Aufsichtsrat, erwartet, dass Stellen vor allem im Investmentbanking wegfallen. Ob der Abbau auch Auswirkungen Deutschland habe „können wir im Moment nicht beziffern“. Man erwarte aber, dass „die Deutsche Bank wie bisher auf betriebsbedingte Kündigungen verzichtet“.
Während die Aktionäre für 2019 und 2020 auf eine Dividende verzichten müssen, weil die Bank im laufenden Jahr wieder roten Zahlen schreiben wird und 2020 allenfalls ein ausgeglichenes Ergebnis erreichen kann, sollen nach wie vor Boni ausgeschüttet werden. „Wir werden unsere Beschäftigten leistungsgerecht vergüten“, sagt Sewing. Für 2018 hatte die Bank bei einem Gewinn von 341 Mio. € knapp 2 Mrd. € an Boni gezahlt, während die Aktionären insgesamt nur rund 230 Mio. € bekamen.  Sewing verspricht jetzt, dass den Anteilseignern von 2022 an über Aktienrückkäufe und Dividenden 5 Mrd. € zufließen.

Vorstand zu Einschränkungen bereit?

Ob der neunköpfige Vorstand selbst zu Einschränkungen bereit ist und in den nächsten beiden Jahren zumindest auf Teile des Bonus verzichtet, ist offen. 2018 hatten sich die Bezüge des Top-Mana­gements auf knapp 56 Mio. € nahezu verdoppelt.
Analysten begrüßen zwar den radikalen Umbau. Es sei die richtige Medizin, sie hätte aber ein paar Jahre früher genommen werden müssen. Unklar seien aber weiter die Wachstumspläne.
Sewing selbst zeigt sich überzeugt, dass jetzt endlich der Umschwung eingeleitet worden sei. Er räumt ein, dass die Strategie der Bank falsch war. „Wir haben versucht, überall mitzumischen und überall gleichzeitig. Das hat uns überfordert.“ Deshalb kappt das Institut unter anderem das Investmentbanking und verabschiedet sich aus dem Aktienhandel für große, institutionelle Unternehmen wie Versicherungen und Pensionskassen. Privatkunden freilich können weiter über die Deutsche Bank Aktien handeln.
Obwohl der Umbau bis 2022 rund 7,4 Mrd. € kosten wird, ist danach bei Erträgen von 25 Mrd. € ein Vorsteuer-Gewinn von mindestens 6 Mrd. € angepeilt.

Immer weiter durchgewurschtelt

Das Kapitalmarktgeschäft will die Deutsche Bank entrümpeln und zum Beispiel den weltweiten Aktienhandel ganz aufgeben. Zinsmanipulation (Libor), fragwürdige Hypothekengeschäfte, Geldwäscheverdacht – wo immer ein Skandal hochkochte: Die Deutsche Bank war beteiligt. Die Milliardengewinne aus dem Investmentbanking vor der Finanzkrise 2007/2008 entpuppten sich als unkalkulierbarer Sprengstoff. Das Haus war mitnichten „besenrein“, wie Josef Ackermann es zu seinem Abschied 2012 versprochen hatte. Während die US-Konkurrenz direkt nach der Finanzkrise Bilanzen und Geschäfte entrümpelte, wurschtelte sich die Deutsche Bank weiter durch. dpa