Das Ei ist ausgebrütet, das geschlüpfte Küken bekommt einen wohlklingenden Namen, und eine Wärmelampe soll dabei helfen, dass es gedeiht. Andrea Nahles will mit ihrem Konzept zur Überwindung von Hartz IV den Sozialstaat „kulturell“ erneuern und die SPD gleich mit. Nur ist das Federkleid ihres „Bürgergeldes“ etwas zerrupft, und ob der Nachwuchs überlebt, ist äußerst ungewiss. Es fehlt momentan der Partner, der bei der Aufzucht behilflich ist.
Das heißt nicht, dass sich in den Vorschlägen keine guten Ansätze finden.  Dass die Hartz-IV-Keule nicht mehr so schnell zuschlagen soll, wenn ältere Arbeitnehmer ihren Job verlieren, ist allein schon gesellschaftspolitisch angebracht, auch wenn ein längerer Verbleib in der Arbeitslosenversicherung den Beitragssatz auf mittlere Sicht wieder in die Höhe treiben würde. Auch dass besonders scharfe Sanktionen abgeschafft und Teilnehmer von Weiterbildungsmaßnahmen belohnt werden sollen, kann man gutheißen. Aber viele Ideen bewegen sich im Klein-Klein, etwa dass es Geld für einmalige Anschaffungen nur in Härtefällen geben soll. Manches ist unausgegoren, etwa der Umgang mit Vermögen. Und dass die Arbeitsagenturen künftig auch „Lotsen“ für Wohngeld und andere behördenfremde Sozialleistungen sein sollen, spricht für zusätzliche Bürokratie.
Die Umbenennung in Bürgergeld und das Drehen an vielen Schräubchen macht jedenfalls keinen Neubeginn. So schnell wird die SPD ihr Hartz-Trauma nicht los. Aber es ist alle Mühen wert, das System von seinen Ungerechtigkeiten zu befreien. Das Konzept bietet dafür eine Basis. Nur sollte Nahles nicht behaupten, alles vom Kopf auf die Füße zu stellen.