Das Bundesverfassungsgericht muss entscheiden, ob die Sanktionen im Hartz-IV-System gegen das Grundgesetz verstoßen. Keine allzu große Sache, könnte man meinen. Schließlich ist von Sanktionen nur eine Minderheit der Hartz-IV-Empfänger betroffen. Doch es geht um sehr viel mehr: Wenn die Sanktionen kippen, kippt auch Hartz IV insgesamt – politisches Erdbeben in Berlin inklusive. Denn das ganze System basiert schließlich darauf, dass es Geld nur bei Gegenleistung gibt. Die Vermittlung auf einen Arbeitsplatz hat dabei absoluten Vorrang.
Diese Strenge hat Hartz IV aus ökonomischer Sicht erfolgreich gemacht – aus gesellschaftlicher Perspektive dagegen teils sehr ungerecht. Denn das ursprünglich gedachte Miteinander ist oft ein Gegeneinander, allein schon deshalb, weil die Jobcenter am längeren Hebel sitzen. Die Politik hat es trotz zahlreicher Reform-Gelegenheiten versäumt, die vorhandenen Unwuchten zu beseitigen. Ideen gibt es genügend: Belohnen statt bestrafen, höhere Zuverdienstmöglichkeiten, eine individuellere Beratung. So aber haben Hartz-IV-Empfänger das Gefühl, zum Befehlsempfänger degradiert zu werden, weil ihr Leben nicht so rosig verläuft.
Die Politik sollte dafür die Quittung aus Karlsruhe bekommen. Das muss aber nicht gleich heißen, dass Sozialleistungen bedingungslos zu gewähren sind, um eine menschenwürdige Existenz zu ermöglichen. Schließlich kann sich auch niemand aussuchen, Steuern zu zahlen oder nicht. Und davon werden die Sozialleistungen finanziert.

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