Unter großem Zeitdruck dauert die Rettung von Verschütteten in den Erdbeben-Gebieten im Süden der Türkei und im Norden Syriens an. Zwei Tage nach der Naturkatastrophe schwindet die Hoffnung, bei teils winterlichen Temperaturen noch Überlebende unter den Trümmern eingestürzter Gebäude zu finden.
- Stand Donnerstag (09.02.23, 19.55 Uhr) sind mehr als 20.000 Todesfälle bestätigt.
- Mehr als 100.000 Helfer sind in der Türkei nach Regierungsangaben im Einsatz
- Über 75.000 Menschen wurden den Angaben zufolge verletzt.
Nach Einschätzung von Fachleuten könnte die Zahl der Toten nach der Erdbebenkatastrophe erheblich steigen. Schnelle Hochrechnungen auf Basis empirischer Schadensmodelle ließen bis rund 67.000 Todesopfer erwarten, teilte am Donnerstag Andreas Schäfer vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) mit.
Dramatische Lage in der Türkei und in Syrien
Nach dem schweren Erdbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet suchten Angehörige und Rettungskräfte weiter nach Verschütteten. Die Bergungsaktivitäten in den Erdbebengebieten liefen immer noch auf Hochtouren, wie der türkische Vizepräsident Fuat Oktay mitteilte. „Diese Arbeiten werden fortgesetzt, bis wir den letzten Bürger unter den Trümmern erreicht haben.“
Retter in Syrien vermuten, dass noch immer Hunderte Familien unter den Trümmern begraben sind. Eines der am schwersten betroffenen Gebiete ist die von Rebellen kontrollierte Region Idlib, in der sich staatliche Nothilfe wegen der verfeindeten Kräfte im Bürgerkrieg schwierig gestaltet. Nach mehr als elf Kriegsjahren kontrollieren die Regierungstruppen des Machthabers Baschar al-Assad wieder rund zwei Drittel Syriens.
Hohe Zahl von Vermissten nach verheerendem Erdbeben
Zahlreiche Rettungs- und Suchteams seien im Einsatz und in alle betroffenen Provinzen und Bezirke entsandt worden. Der Regierungspolitiker sagte, dass internationale und lokale Teams vor allem in die Provinzen Adiyaman, Hatay und Kahramanmaras gebracht würden, teils auf dem Luftweg. Die Wetterbedingungen ließen solche Flüge zu, was die Arbeit erleichtere.
Mit einer Stärke von 7,7 hatte das Beben am frühen Montagmorgen das Gebiet an der Grenze zwischen der Türkei und Syrien erschüttert. Am Montagmittag folgte dann ein weiteres Beben der Stärke 7,6 in derselben Region. Tausende Gebäude stürzten ein. Temperaturen um den Gefrierpunkt machten den Überlebenden im Katastrophengebiet zusätzlich zu schaffen, viele haben kein Dach mehr über dem Kopf. Das ganze Ausmaß der Katastrophe wird erst langsam deutlich.
Retter suchen nach Erdbeben in der Türkei und Syrien nach Vermissten
Auch deutsche Hilfsteams nahmen ihren Einsatz auf. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sicherte dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan weitere Unterstützung zu. Nach mehr als drei Tagen und dem Richtwert von 72 Stunden, die ein Mensch eigentlich höchstens ohne Wasser auskommen kann, geht die Hoffnung auf weitere Überlebende verloren.
Dennoch: Am Donnerstag konnten Einsatzkräfte in der Türkei noch eine Mutter mit ihren zwei Kindern nach 78 Stunden unter Trümmern retten. Bilder zeigten am Donnerstag, wie Helfer die Frau und die Kinder auf einer Liege und in Tragetüchern unter Applaus zum Krankenwagen trugen. Sie hatten in der Provinz Kahramanmaras unter den Trümmern ihres Hauses ausgeharrt. Die Helfer fielen sich in die Arme. Einer sagte dem Sender CNN Türk, er sei glücklich über den kleinen Erfolg. 15 Stunden lang hätten sie daran gearbeitet, die Familie zu befreien.