In Frankfurt am Main wird gerade ein Rekord nach dem anderen verzeichnet. Während die Börsenwerte in den Keller gehen, registriert man am größten Internetknoten der Welt eine nie dagewesene Nutzung des Internets. „Mit mehr als 9,1 Terabit pro Sekunde wurde eine neue Schallmauer durchbrochen“, teilte das Unternehmen De-Cix, das den Knoten betreibt, mit. Noch nie wurden so viele Daten transportiert wie am Dienstagabend des 10. März. Neun Terabit entsprechen in etwa der gleichzeitigen Übertragung von zwei Millionen Videos in HD-Qualität.

Datendurchsatz steigt durch Homeoffice

Durch „die Ausnahmesituation, in der sich die Menschen derzeit mit dem Covid-19-Virus“ befinden, spiele die Internetnutzung eine immer größere Rolle, erklärt Thomas King, Technikchef von De-Cix. „Sei es für den Austausch von Informationen, das Streaming von Filmen oder das Spielen von Online-Spielen.“ Dabei hatte die Firma erst Dezember vergangenen Jahres schon mit 8 Terabit einen Rekord gefeiert. In wenigen Monaten ist der Datendurchsatz um 12 Prozent gestiegen. Doch damit ist das Ende der Fahnenstange nicht erreicht: Nun kommen auch noch die massenhaft von zu Hause arbeitenden Menschen hinzu.
Wegen des Coronavirus lassen viele Unternehmen ihre Angestellten momentan aus dem Homeoffice arbeiten. Das gilt nicht nur für Konzerne wie SAP oder BMW. Auch in kleineren Unternehmen ist es momentan so leer wie ansonsten nur zwischen den Jahren.  Ist das Internet groß genug für all die Heimarbeiter?
In der Tat habe es in den vergangenen Tagen nochmal eine Zunahme um 800 Gigabit die Sekunde gegeben, bestätigt King. Das entspreche etwa zehn Prozent des üblichen Datenverkehrs. Befürchtungen, der Netzverkehr könnte an eine Decke stoßen, hält er für unberechtigt. „Die Kapazitäten in unserem eigenen Netz werden regelmäßig und langfristig ausgebaut“, sagt King. Man plane immer zwölf Monate voraus. Sobald 63 Prozent der vorhanden Kapazitäten erreicht seien, würden diese erweitert.

Auf dem Land könnte es zu Problemen kommen

Problematisch könnte es jedoch dort werden, wo der Ausbau der Kapazitäten schon lange hapert: auf dem Land. So fließen inzwischen zwar immer mehr Mittel aus einem Förderprogramm des Bundes in den Breitbandausbau vor Ort. Abgerufen wird jedoch noch immer nur ein Bruchteil der Milliarden. Während in Städten deswegen rund 95 Prozent der Haushalte mit schnellem Netz (50 Megabit pro Sekunde) versorgt sind, sind es im ländlichen Raum laut Uni Duisburg gerade mal 64 Prozent.
Nick Kriegeskotte, Leiter des Bereichs Infrastruktur beim Digitalverband Bitkom, glaubt trotzdem, dass die Netze halten werden. „Die Bandbreiten für die meisten Homeoffice-Anwendungen sind vergleichsweise gering“, sagt er dieser Zeitung. Wenn der Internetanschluss zu Hause für das Schauen von Serien ausreiche, könnten damit auch Videokonferenzen durchgeführt werden. Und wenn nicht? „Wenn die Bandbreiten im Haushalt nicht ausreichen, muss man sich über die Nutzung verständigen“, sagt Kriegeskotte. So könne der Router zu Hause so eingestellt werden, das bestimmte Geräte bevorzugt behandelt werden.

IT-Systeme der Unternehmen sind größeren Belastungen ausgesetzt

Das größere Problem sieht er in den Unternehmen: „Die IT-Systeme der Firmen müssen größeren Belastungen standhalten, wenn sich Mitarbeiter vermehrt von außen einwählen.“ So verfügen 48 Prozent der Unternehmen in Deutschland über eine Bandbreite von mindestens 30 Megabit pro Sekunde, mehr als jedem fünften stehen sogar nur zehn Megabit zur Verfügung, hat das Statistische Bundesamt kürzlich ermittelt. Deutschland liege hier nur im EU-Mittelfeld.
Dass das zu wenig ist, dürften in diesen Tagen viele Angestellte feststellen, die erfolglos versuchen Videokonferenzen über das Firmennetz zu führen. „Die Uploadraten der Firmenanschlüsse müssen womöglich angepasst werden, wenn es mehr Zugriffe von außen gibt“, sagt Kriegeskotte. Teilweise gebe es nicht genug Zugänge für alle Mitarbeiter, oder die Kapazitäten reichten nicht aus, wenn sich zu viele gleichzeitig einloggen.
Béla Waldhauser, Sprecher des Internetverbands Eco, hat daraus bereits Schlüsse gezogen: Gerade in Krisenzeiten sei digitale Infrastruktur enorm wichtig, Politik und Wirtschaft müssten sie deswegen schleunigst stärken. „Wir dürfen nicht auf die nächste Krise warten.“

9,1

Terabit Datennutzung wurden am größten Internetknoten der Welt in Frankfurt registriert. So viel wie zwei Millionen Videos in HD-Qualität – ein neuer Weltrekord.