Hartz-IV-Empfänger bemühen sich nicht genug, ihre Lage zu verbessern
Wer einmal gegen die Regeln verstößt, tut das öfter
Tendenziell ist das richtig: Die Jobcenter verhängten gegen 441.000 Hartz-IV-Empfänger 904.000 Sanktionen. Wer betroffen war, „sündigte“ also im Schnitt zweimal. In mehr als drei Viertel der Fälle waren „Meldeversäumnisse“ der Grund. Es wurden Termine im Jobcenter oder für eine Untersuchung versäumt. Dann werden die Leistungen pro Fall für drei Monate um zehn Prozent gekürzt. Dabei bieten die Jobcenter an, per SMS an den Termin zu erinnern. Wesentlich drakonischer sind die Sanktionen in allen anderen Fällen. Elf Prozent fingen sie sich, weil sie sich weigerten, eine zumutbare Arbeit oder Ausbildung anzunehmen. Vor zehn Jahren war der Anteil noch doppelt so hoch. Neun Prozent kamen Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung nicht nach, die sie mit ihrem Betreuer im Jobcenter abgeschlossen hatten. In beiden Fällen wird der Regelsatz für drei Monate um 30 Prozent gekürzt, im Wiederholungsfall um 60 Prozent und danach um 100 Prozent.
Männer kommen Auflagen häufiger nicht nach als Frauen
Das ist richtig: Im Dezenber 2018 fingen sich 4,4 Prozent der männlichen Hartz-IV-Bezieher eine Sanktion ein, aber nur zwei Prozent der Frauen. Sie machen zwar die Hälfte der Hartz-IV-Bezieher aus, aber nur knapp ein Drittel der Sanktionierten. Auch Ausländer waren mit 2,4 Prozent unterdurchschnittlich häufig betroffen.
Junge Leuten verbummeln besonders häufig Termine oder kommen Auflagen nicht nach
Auch das stimmt: 4,1 Prozent der Unter-25-Jährigen wurden die Leistungen gekürzt. Ihnen drohen besonders drakonische Strafen: Schon beim ersten Fall wird Alg II komplett gestrichen und nur noch die Kosten der Unterkunft übernommen. Im Wiederholungsfall fällt auch das weg.
Der Hartz-IV-Satz von aktuell 424 Euro für Singles plus Miete reicht sowieso kaum zum Leben. Sanktionen sind daher dramatisch
Wenn die Jobcenter Sanktionen verhängten, kürzten sie den Hartz-IV-Satz im Dezember 2018 im Schnitt um 109 Euro. Auf dieser Höhe bewegen sich die Einschnitte seit 2011. Sie fallen nicht ganz so dramatisch aus, weil bei Terminversäumnissen nur um zehn Prozent gekürzt wird. Bei Einschnitten von mehr als 30 Prozent gibt es auf Antrag Sachleistungen wie Gutscheine oder Direktzahlungen, etwa an den Stromversorger. Sind minderjährige Kinder im Haushalt, werden sie automatisch erbracht.
Gerade bei Jungen wird drastisch gekürzt
Das ist so: Wenn Unter-25-Jährigen eine Sanktion aufgebrummt bekamen, erhielten sie im Schnitt 125 Euro weniger. Sie traf auch besonders oft, dass das Geld vom Staat vorübergehend ganz gestrichen wurde: Fast die Hälfte der 7000 Betroffenen war unter 25 Jahre alt. Kein Wunder, dass häufig gefordert wird, diese Sonderregelung für Junge zu streichen. Dem schließt sich auch BA-Chef Detlef Scheele an: „Drohende Wohnungslosigkeit hilft uns nicht weiter. Wir verlieren die jungen Menschen dann aus dem Auge und können uns nicht mehr kümmern“, will auch er die schärferen Sanktionsregeln abschaffen.“ Er ist allerdings dagegen, die Sanktionen ganz abzuschaffen, wie dies etwa die Linke fordert.
In Baden-Württemberg ist die Lage besonders gut
2018 wurde im Schnitt 2,8 Prozent der Leistungsberechtigten Hartz IV gekürzt. Damit stand der Südwesten besser da als der Bundesdurchschnitt. Auch Bayern hatte mit drei Prozent eine etwas schlechtere Quote. Termine wurden seltener versäumt, Pflichten der Eingliederungsvereinbarung dagegen besonders häufig verletzt.