Ältere Menschen gehören neben Menschen mit Vorerkrankungen zu den Hauptrisikogruppen des Coronavirus. Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) hat jetzt dazu aufgerufen, Senioren „gut zu unterstützen“ – zum Beispiel bei Einkäufen und beim Gang zum Arzt. Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Warum sind Ältere besonders betroffen?

Mit dem Coronavirus kann sich grundsätzlich jeder Mensch anstecken. Aber bei Senioren gibt es einen relativ hohen Prozentsatz schwerer Verläufe. Nach Angaben des Virologen Christian Drosten von der Berliner Charité steigt das Gefährdungsrisiko ab etwa 50 bis 60 Jahren stetig an. Wesentlicher Grund dafür ist, dass das menschliche Immunsystem im Alter Viren nicht mehr so gut in Schach halten kann wie bei Jüngeren. Besonders problematisch ist die Situation von Senioren, die zugleich Vorerkrankungen haben, zum Beispiel eine Herz-Kreislauf-Schwäche, eine Lungenkrankheit, Diabetes oder Krebs.

Wie können sich Senioren besonders schützen?

Außer den sowieso sinnvollen Vorkehrungen wie gründlichem Händewaschen empfiehlt Ministerin Giffey, „den öffentlichen Personennahverkehr zu meiden, persönlichen Abstand zu halten, auf Umarmungen zu verzichten und Freizeitveranstaltungen mit größerer Teilnehmerzahl derzeit nicht zu besuchen“. Mediziner raten besonders gefährdeten Personengruppen zudem zu zwei Impfungen: gegen Grippe sowie gegen Pneumokokken; letztere können etwa vom Virus geschwächte Lungen schädigen. Beide Impfungen bieten keinen direkten Schutz vor Corona, können aber sinnvoll sein, um Folgeerkrankungen oder Doppel­infektionen einzudämmen.

Was können Jüngere tun, um Ältere zu schützen?

Vor allem sollten sie vermeiden, sich selbst anzustecken, damit sie das Virus nicht auf Ältere übertragen können. Junge Menschen müssten die Situation ernster nehmen als bisher, mahnt der Vizepräsident des Robert-Koch-Instituts, Lars Schaade. „Die Jüngeren sollten sich solidarisch mit den Älteren zeigen, die ein höheres Risiko haben“, sagt er. Er höre von vielen jungen Menschen, dass sie sich von der Krankheit nicht betroffen sähen und sie als harmlos einstuften. „Aber auch wenn es selten vorkommt: Auch bei jüngeren und gesunden Menschen kann es schwere Verläufe geben, darunter sogar Todesfälle“, warnt der Mediziner.

Warum sind sich viele Hauptgefährdete so sicher, dass sie nicht zur Risikogruppe zählen?

Darüber lässt nur spekulieren. Die wahrscheinlichste Erklärung ist, dass viele Menschen dazu neigen, sich für jünger und fitter zu halten, als sie sind. Das Phänomen beschäftigt auch den Virologen Drosten, der sagt, dass viele „noch nicht verstanden haben, dass sie die wirklich Betroffenen sind“.

Wie gefährlich ist Einkaufen?

Das hänge vom Einzelfall ab, heißt es bei der Arbeiterwohlfahrt (Awo). „Je geschwächter das Immunsystem des Einzelnen ist, desto eher sollte man unnötige Kontakte vermeiden und gegebenenfalls auch nicht Einkaufen gehen“, erklärt ein Sprecher. Senioren rät er generell, „nicht zur Rushhour in den Supermarkt zu gehen, sondern eher zu ruhigeren Zeiten“.

Sozialverbände fordern Einkaufshilfen für alleinlebende Senioren. Wie soll das funktionieren?

Vor allem, indem man das jetzt schon bestehende Angebot ausbaut. Die Koordination solcher Dienste müsse allerdings das jeweilige Bundesland übernehmen, fordert die Awo. Darüber hinaus müssten auch Besuchsdienste organisiert werden, um den Kontakt zu alleinlebenden älteren Menschen zu halten oder zu schaffen.

Sollen Ältere noch Bus und Bahn fahren?

Ministerin Giffey rät zur Zurückhaltung. Allerdings gibt es viele Senioren, die auf den Öffentlichen Personennahverkehr angewiesen sind. Ihnen raten die Verkehrsunternehmen, die auch für alle anderen geltenden Regeln strikt einzuhalten. Insbesondere sollten ältere Menschen aber keine persönlichen Gegenstände von anderen Fahrgästen anfassen, zum Beispiel Handys, Taschen oder Koffer.

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Dürfen Enkel noch zu Besuch kommen?
Virologe Drosten weist darauf hin, dass Eltern die beliebte Praxis, ihre Kinder an manchen Tagen von den Großeltern betreuen zu lassen, „bis September oder Oktober“ bleiben lassen sollen. Auch für Pflegeheimbewohner ist der Besuch von Enkeln vielfach tabu. „Wir haben unseren Einrichtungen empfohlen, jeglichen vermeidbaren Aufenthalt von Besuchern in unseren Heimen zu vermeiden“, sagt der Geschäftsführer des Bundesverbands privater Anbieter sozialer Dienste, Herbert Mauel, dieser Zeitung.

Wie bereiten sich Pflegeheime vor?

Es bestünden Notfallpläne mit entsprechenden Hygienemaßnahmen, betont Mauel. Gerade weil die Pflegedienste viel Erfahrung im Umgang mit anderen Virenerkrankungen hätten, seien sie in der Regel gut gewappnet. Der Verbandsgeschäftsführer geht davon aus, dass Senioren in Pflegeheimen eher besser geschützt sind, als Ältere, die alleine leben. „Sie haben geringere Möglichkeiten der Ansteckung und profitieren von unseren strengen Hygieneregeln.“ Ein weiterer Vorteil sei, dass im Heim die Zahl potenzieller Kontakte klein gehalten werden könne. Dennoch sei die Gefahr einer Infektion „letztlich nicht auszuschließen“.

Höheres Risiko für Ältere

Vorerkrankungen erhöhen die Gefahr