- Eigentlich wird das synthetische Opioid Fentanyl als Medikament gegen starke oder chronische Schmerzen verabreicht. Doch immer häufiger wird die Substanz auch als Droge zu Rauschzwecken missbraucht: Fentanyl ist laut einer aktuellen Meldung der Presseagentur afp für die meisten der fast 102.000 Todesfälle durch Überdosis in den USA von Oktober 2021 bis Oktober 2022 verantwortlich. Die Leiterin der US-Antidrogenbehörde DEA, Anne Milgram, bezeichnete die Substanz als die „heutzutage größte Bedrohung für die Amerikaner“. Und auch europaweit nimmt der Missbrauch von Fentanyl laut der „Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht“ zu.
- Was genau ist Fentanyl und welche Konsumformen gibt es?
- Welche Wirkung hat Fentanyl als Droge?
- Ist Fentanyl tödlich?
- Ist Fentanyl in Deutschland verboten?
Medikament und Droge: Was genau ist Fentanyl?
Fentanyl ist ein synthetisches Opioid. Konkret zählt es zu den opioiden Analgetika. Das Wort Analgetika kommt vom griechischen „algos“, was „Schmerz“ bedeutet. Unter den Begriff Analgetika fallen also schmerzlindernde und schmerzstillende Medikamente. Fentanyl wurde 1960 zum ersten Mal hergestellt. Als Medikament wird Fentanyl vorrangig bei starken Schmerzen wie chronischen Tumorschmerzen, lebensgefährlichen Verletzungen, Verbrennungen und Frakturen eingesetzt. Laut dem Medikamenten- und Wirkstoffverzeichnis „Gelbe Liste Pharmaindex“, ist die schmerzstillende Wirkung von Fentanyl bis zu 100 Mal stärker als die von Morphin. In höheren Dosierungen eignet sich die Substanz auch als Narkosemittel in der Anästhesie.
Was ist der Wirkmechanismus von Fentanyl?
Im Medikamentenverzeichnis „Gelbe Liste“ wird der Wirkmechanismus von Fentanyl wie folgt beschrieben: Die Substanz wirkt über sogenannte Opioid-Rezeptoren, also die spezifischen zellulären Bindungsstellen für Opioide. Fentanyl bindet vor allem an den μ-Opioidrezeptor auf Zelloberflächen. Dieser Rezeptortyp befindet sich an vielen Stellen im Körper, weshalb Fentanyl nicht nur zentral, also im Gehirn und Rückenmark, sondern auch peripher, also im restlichen Körper Effekte zeigt. Im peripheren Nervensystem verhindert Fentanyl, dass sich Erregungen bilden können oder weitergeleitet werden. Im Gehirn und Rückenmark greift die Substanz in die Schmerzbahnen ein und verändert dadurch unter anderem das Schmerzempfinden. Außerdem ist Fentanyl über die Opioid-Rezeptoren im Gehirn sedativ, wirkt also wie ein Beruhigungsmittel. In hohen Dosierungen kann der Konsum auch zur Bewusstlosigkeit führen.
Fentanyl wirkt euphorisierend und hat ein sehr hohes Suchtpotenzial, warnt die „Gelbe Liste“. Die Substanz macht sowohl physisch und psychisch schnell abhängig. Beim Absetzen können körperliche und geistige Entzugserscheinungen auftreten. Da die μ-Opioidrezeptoren weit im Körper verbreitet sind, hat die Substanz außerdem viele Nebenwirkungen, die tödlich sein können. Dazu gehören der „Gelben Liste“ zufolge unter anderem Angstzustände, Wahnvorstellungen und Atemstillstand. Zudem besteht das Risiko von gefährlichen Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten. Beispielsweise kann die zeitgleiche Einnahme von Fentanyl mit MAO-Hemmern wie Tranylcypromin (die von manchen Menschen bei Depressionen eingenommen werden), laut „Stiftung Warentest“ das lebensbedrohliche Serotonin-Syndrom mit Erregungszuständen, Bewusstseinstrübung, Muskelzittern und -zucken sowie Blutdruckabfall auslösen.
Wie wird Fentanyl konsumiert?
Laut „lifeline.de“ gibt es verschiedene Konsumformen von Fentanyl: In der Anästhesie oder Notfallmedizin wird Fentanyl meist intravenös gespritzt. Außerdem steht es für die Behandlung von sogenannten „Durchbruchschmerzen“ (besonders starke Schmerzen, die beispielsweise bei Krebspatientinnen und -patienten auftreten können) als Nasenspray, Lutschtabletten oder Sublingualtabletten zur Verfügung. Bei letzteren handelt es sich um Tabletten, die unter die Zunge gelegt werden. Da die Wirkstoffaufnahme über die Mundschleimhaut erfolgt, dürfen sie nicht geschluckt werden, informiert die „Deutsche Apothekerzeitung“. Darüber hinaus gibt es auch Fentanyl-Pflaster, die den Wirkstoff über die Haut abgeben. Gerade diese werden laut lifeline.de von Menschen genutzt, die Fentanyl als Rauschmittel konsumieren. Sie kauen auf den Pflastern herum oder kochen sie aus, um sich den Wirkstoff zu spritzen. Seit den 80er Jahren ist Fentanyl allerdings auch in Reinform auf dem Schwarzmarkt erhältlich.
Ist Fentanyl in Deutschland verboten?
Fentanyl ist in Deutschland im Betäubungsmittelgesetz unter Anlage III eingruppiert. Damit gehört es zu den verschreibungsfähigen Betäubungsmitteln. Es ist in Deutschland illegal, Fentanyl ohne Verschreibung zu verwenden. Auch wer gegenüber eines Arztes falsche oder unvollständige Angaben macht, um Fentanyl verschrieben zu bekommen, macht sich strafbar.
Prince, Anne Heche, Logan Williams - Prominente Tote durch Fentanyl
Aufgrund der hohen Potenz von Fentanyl ist die Gefahr einer tödlichen Überdosierung beim Konsum sehr groß. Außerdem wird Fentanyl auch manchmal anderen Substanzen beigemischt. So passiert es auch, dass Menschen vermeintlich andere Drogen zu sich nehmen, dabei jedoch unwissentlich Fentanyl konsumieren und daraufhin einer Überdosis erliegen. Der Musiker Prince, Hollywood-Schauspielerin Anne Heche und der 16-jährige Schauspieler Logan Williams starben beispielsweise an einer Fentanyl-Vergiftung.