Finnland und Schweden wollen Nato-Mitglieder werden. Beide Länder haben am 18. Mai 2022 ihre Anträge an Generalsekretär Jens Stoltenberg übergeben. Nach längerem Ringen mit Nato-Mitglied Türkei konnten sich die beiden nordischen Länder Ende Juni mit der Türkei einigen. Es steht also nichts mehr im Weg. Doch wie geht es jetzt weiter?
- Wie werden Finnland und Schweden Mitglieder der Nato?
- Wie Lange wird der Beitritt dauern?
- Welche Voraussetzungen muss ein Land erfüllen, um der Nato beizutreten?
- Wie sind die Armeen von Finnland und Schweden aufgestellt?
- Hier gibt es alle Antworten.
Beitritt der Nato: Das sind die Voraussetzungen
Um der Nato beizutreten, gibt es mehrere Schritte, die zu durchlaufen sind. Der allererste davon ist: Ein Staat muss Interesse bekunden. Danach beginnen Gespräche mit der Nato, um die weiteren Schritte zu klären. Im Fall von Schweden und/oder Finnland mussten sie zunächst also offiziell deklarieren, dass sie dem Bündnis beitreten möchten. Erst dann konnten konkrete Gespräche beginnen.
Alle Nato-Länder haben bestimmte Pflichten zu erfüllen. Während des Beitrittsprozesses wird also evaluiert, ob das interessierte Land die Voraussetzungen erfüllt. Der Beitrittskandidat muss also:
- ein demokratischer Staat sein
- Minderheiten in seinem Land gleich behandeln
- sich der friedvollen Lösung von Konflikten widmen
- die Fähigkeit und den Willen haben, sich militärisch in der Nato einzusetzen
- positive Beziehungen zwischen Militär und Zivilbevölkerung fördern
Außerdem müssen Beitrittskandidaten europäische Länder sein. Welche Länder bereits in der Nato sind, lest ihr hier nach:
Wie lange dauert der Beitritt bei der Nato?
Sobald ein Land Beitrittsgespräche mit der Nato aufgenommen hat, wird festgestellt, ob ein Land die oben genannten Kriterien erfüllt. In manchen Fällen werden Länder zunächst eingeladen, beim sogenannten „Membership Action Plan“ (MAP) mitzumachen. Das ist ein Programm, in dem ein Staat intensiv von der Nato beraten und unterstützt wird, damit es die Beitrittsvoraussetzungen erfüllen kann. Es ist also eine Art Vorbereitungsprogramm vor der eigentlichen Beitrittskandidatur. Aktuell nimmt Bosnien und Herzegowina am MAP Teil.
Um die offiziellen Beitrittsgespräche zu beginnen, muss ein Land eingeladen werden. Die Einladung erfolgt nur, wenn alle Nato-Mitglieder dem Beitritt eines Kandidaten zustimmt. Sobald die Einladung der Alliierten eingegangen ist, gibt es in der Regel folgende Schritte:
- Beitrittsgespräche mit der Nato im Hauptquartier in Brüssel
- Im Anschluss: Kandidaten schicken Verpflichtungserklärungen, in denen sie zustimmen, die Pflichten der Nato zu erfüllen.
- Die Kandidaten geben einen Zeitplan für etwaige Reformen im Land an
- Die Nato bereitet sich auf die Anpassung des Nato-Vertrags mittels der sogenannten Beitrittsprotokolle vor
- Die Protokolle müssen dann von jedem Mitgliedsstaat ratifiziert werden. Dieser Prozess ist von Land zu Land unterschiedlich. In Deutschland muss der Bundestag zustimmen.
- Die Kandidaten treten offiziell dem Bündnis bei
Wie lange dieser Prozess dauert, kann sehr unterschiedlich sein. Es kommt ganz darauf an, wie lange Reformen dauern und ob die Alliierten für die Ratifizierung viel Zeit in Anspruch nehmen. Das jüngste Nato-Mitglied ist Nord Mazedonien, das am 27. März 2020 beigetreten ist. Die offizielle Einladung kam im Juli 2018.
Nato-Beitritt von Finnland und Schweden: Beitritt im Eiltempo?
Im Fall von Schweden und Finnland wurde zu Beginn erwartet, dass zwischen Antrag und Beitritt nur zwei Wochen liegen könnten. Diesem Plan hat die Türkei einen Strich durch die Rechnung gemacht. Erst musste die Blockade der Türkei gelöst werden. Das ist jetzt nach etwas mehr als vier Wochen passiert. Für die Beitrittsgespräche selbst würde pro Land vermutlich ein Tag reichen. Die längste Zeit in Anspruch nehmen wird die Ratifizierung der Beitrittsprotokolle in allen 30 Ländern.
Armee von Finnland und Schweden: Wie stark sind sie?
Die Frage, die sich viele stellen, ist, was Finnland und Schweden dem Nato-Bündnis eigentlich beitragen könnten. Wie stark sind die Armeen dieser beiden Länder?
Finnland
Finnland hat einen großen Nachteil, der sich aber auch als Vorteil für die Nato entpuppen könnte: Die riesige Grenzen mit Russland. Die Nato würde mit dem Beitritt Finnlands direkt an Russland angrenzen – und diese Grenze ist lang. Das muss aber gar kein Nachteil sein, denn: Finnland ist sehr erfahren im Umgang mit der russischen Bedrohung. Wie die Website „foreignpolicy.com“ beschreibt, ist Finnland schon seit Jahrzehnten dabei, Europa entlang dieser Grenze zu schützen – und mit dem Beitritt stellt sie diese Fähigkeiten der Nato zur Verfügung.
Finnland hat rund 12,000 Berufssoldaten, die von Wehrdienstpflichtigen unterstützt werden. Alle, die in Finnland den Wehrdienst geleistet haben (etwa zweidrittel der Männer), werden im Anschluss zu Reservisten. Das heißt, dass etwa 900,000 Finnen aktuell militärisch ausgebildet sind, so Bloomberg. Während des Militärdienstes müssen die Soldaten vor allem eines lernen: Wie man sich gegen die Russen schützt.
Das Land gibt etwa zwei Prozent seines BIPs für die Verteidigung aus, weshalb das Militär als modern ausgestattet gilt.
Schweden
Ähnlich wie Finnland wäre auch Schweden ein großer Gewinn für die Nato. Auch diese Armee gilt als gut finanziert und gibt etwa zwei Prozent des BIP für die Verteidigung aus und gilt als besonders modern. Zudem hat auch Schweden eine Wehrpflicht, weshalb viele Schweden militärisch ausgebildet sind und im Notfall auf sie zurückgegriffen werden kann. Genauso wie Finnland hat Schweden schon oft mit der Nato an Militärübungen teilgenommen, vor allem mit Nato-Mitglied und Nachbarstaat Norwegen.