Gabriele von Lutzau hatte eine schwere Bronchitis mit über 39 Grad Fieber, als die „Landshut“ 2017 in Friedrichshafen eintraf. „Ich musste trotzdem hin, so wichtig war mir diese Maschine“, sagt sich die ehemalige Stewardess der Lufthansa-Boeing, die 1977 von Terroristen entführt wurde. Wie viele der ehemaligen Geiseln wünscht sie sich schon lange ein Museum des „Deutschen Herbstes“ mit der „Landshut“  als Kernstück.
Das sollte ursprünglich von der Dornier Stiftung für Luft- und Raumfahrt in Friedrichshafen am Bodensee errichtet werden. Doch weil seit Jahren nichts passiert, schlagen Lutzau und ihre damaligen Leidensgenossen nun den ehemaligen Flughafen Tempelhof in Berlin als neuen Standort vor. „Wir sind so froh, dass die Maschine nicht zu Cola-Dosen verarbeitet wurde und brauchen einen ehrenvollen Platz für sie“, sagt die 65-Jährige, die wegen ihres selbstlosen Einsatzes für die Passagiere als „Engel von Mogadischu” in die Geschichte einging und heute als Künstlerin im Odenwald lebt.

Tempelhof: Riesige freie Flächen und viele Touristen

Hilfe bekommt sie von dem Bundestagsabgeordneten Till Mansmann (FDP). „Wir haben in Tempelhof eine riesige freie Fläche, und viele Touristen kommen extra nach Berlin, um politische Geschichte zu erleben“, erklärt der 52-Jährige. Er fordert eine Bundesfinanzierung für ein neues Museum, das an die RAF-Zeit erinnern soll. „Der Deutsche Herbst war ein entscheidendes Ereignis in der Geschichte der Bundesrepublik, auch was die Wehrhaftigkeit der Demokratie gegen Extremismus angeht, der heute wieder aufkeimt“, so der hessische Politiker.
Um inhaftierte Mitglieder der „Rote Armee Fraktion“ (RAF) freizupressen, hatten 1977 palästinensische Terroristen die „Landshut“ mit 91 Menschen in ihre Gewalt gebracht und über mehrere Tage bis nach Mogadischu entführt. Dabei wurde der Flugkapitän ermordet. Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) entschied damals, nicht auf die Forderungen einzugehen, sondern den Ferienflieger von der Spezialeinheit GSG 9 in Somalia stürmen zu lassen, was auch gelang.

„Die Landshut war selbst eine Geisel“

„Die Landshut war selbst eine Geisel“, sagt Gabriele von Lutzau heute. Bei der Notlandung waren die Feuerlöscher abgerissen, die Triebwerke wurden  während der tagelangen Odyssee knallig heiß, sie hätte auch in der Luft explodieren können. Aber sie hat durchgehalten“, erklärt Lutzau, warum sie so an der Maschine hängt.

2008 in Brasilien ausgemustert

Die „Landshut“ wurde 2008 in Brasilien ausgemustert. Auf Initiative des damaligen Außenministers Sigmar Gabriel (SPD) erwarb die Bundesrepublik das Flugzeug 2017 für einen Schrottwert von 20 000 Euro. Im Bauch einer Frachtmaschine wurde ihr in Rumpf und Triebwerke zerlegtes Wrack nach Friedrichshafen überführt und rottet dort seitdem vor sich hin.
Denn in der Zwischenzeit habe sich herausgestellt, dass der Fortbestand des Dornier-Museums über das Jahr 2025 hinaus nicht gesichert ist, hieß aus dem Haus von Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU). Doch Bundesmittel dürften nur in Einrichtungen fließen, die mindestens 20 Jahren Bestand haben. Nächste Woche sollen nun Gespräche über neue Ausstellungskonzepte erfolgen“, erklärte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes.

Verfallen und ausgeschlachtet

„Wenn nicht bald was passiert, verfällt die Maschine nicht nur, sondern wird auch ausgeschlachtet“, befürchtet Mansmann. So wolle das Haus der Geschichte in Bonn eine Flugzeug-Tür. Die GSG9 habe dagegen Interesse am Leitwerk angekündigt. In Tempelhof sind dagegen gleich mehrere Geschichtsorte in Planung. Bis 2026 soll unter anderem das Alliiertenmuseum in eines der sanierten Hangars ziehen. „Dort mit der Landshut Geschichte zum Anfassen zu bieten, wäre eine total runde Sache.“

Ziel: Freilassung von Gesinnungsgenossen

Die Entführung der „Landshut“ stand in engem Zusammenhang mit der Entführung des Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer durch die  Rote Armee Fraktion (RAF), die damit die Freilassung von Gesinnungsgenossen aus deutschen Gefängnissen erpressen wollte. Mit der Flugzeugentführung sollte der Druck erhöht werden. eb