Von einer über Monate dauernden „Massentierhölle“ anstatt einer Massentierhaltung hat Richter Oliver Chama gesprochen, als er am Freitagnachmittag am Ulmer Amtsgericht einen 56-jährigen Landwirt aus Merklingen zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt hat – der Höchststrafe. Zum allerersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland habe es für Tierquälerei in der Massentierhaltung eine Freiheitsstrafe gegeben, führte Chama aus. Er sprach von einem der „krassesten Fälle“ überhaupt. Der Angeklagte hat alle Vorwürfe eingeräumt und ein Geständnis abgelegt. Er erhielt dazu ein lebenslanges Tierhalteverbot.
Die Todesrate unter den Schweinen in dem Mastbetrieb sei über Jahre extrem hoch gewesen, die Ställe aus Gewinnmaximierung massiv überbelegt gewesen: „Er wollte mit Tierquälerei Geld verdienen“. Einen zweiten Stall, in dem verheerende Zustände herrschten, hatte der Landwirt Kontrolleuren und Behörden über Jahre gar verschwiegen. Das war anscheinend weder dem Amtsveterinär noch anderen vor Ort in dem Mastbetrieb, der sowohl das Tierwohl-Label als auch das Herkunftszeichen Baden-Württemberg (HQZ) trug, aufgefallen. Eine Fleischwarenfirma hatte gar mit dem Konterfei des Bauern geworben.
In der Ulmer Innenstadt und auch im Gerichtsgebäude demonstrierten Mitglieder der „Soko“ Tierschutz mit Schweinemasken und Schildern gegen Tierquälerei. Auf den Schildern forderten die Aktivisten Gefängnis für den Angeklagten.

„Besondere Intensität der Tierqual“

Richter Chama führte die „Rohheit“ des Landwirts gegenüber seinen Schweinen und eine „besondere Intensität der Tierqual“ an: „Eine dramatisch hohe Anzahl von Tieren musste leiden“. Der Angeklagte haben den Tieren erhebliche Schmerzen und Leiden zugefügt. Die Schweine hätten gravierende Verhaltensstörungen entwickelt, es sei zu Kannibalismus gekommen, Schwänze und Ohren wurden abgebissen, lahme und sterbende Tiere lagen in Fäkalien, wurden ihrem Schicksal überlassen, es gab zu wenig Futter und Wasser, die Luft war ammoniakverseucht.
Die Zustände hatte die „Soko“ Tierschutz im Oktober 2016 aufgedeckt. Es gibt Filmaufnahmen, auf denen der Landwirt im Hof zwei Schweine mit einem Holzhammer tot schlägt. Soko-Gründer Friedrich Mülln hatte – erstmals vor einem Gericht – als Zeuge ausgesagt: Er habe bisher vergleichbar schlimme Zustände in keinem anderen Mastbetrieb gesehen habe – weder in China, den USA, Ungarn, Polen, Österreich oder in Frankreich.

Das könnte dich auch interessieren: