Inmitten von Spekulationen über den Gesundheitszustand des nordkoreanischen Machthabers Kim Jong Un ist dessen Privatzug auf Satellitenaufnahmen in einem Badeort im Osten des Landes gesichtet worden. Der 250 Meter lange Zug habe am 21. und am 23. April in einem für die Kim-Familie reservierten Bahnhof in Wonsan gestanden, meldete die renommierte US-Website 38 North am Samstag (Ortszeit).
Die Gegenwart des Zuges in dem Badeort sage nichts über den Aufenthaltsort des nordkoreanischen Machthabers oder dessen Gesundheitszustand aus, erklärte 38North. Allerdings verleihe sie Berichten weiteres Gewicht, wonach "Kim sich in einem der Elite vorbehaltenen Gebiet an der Ostküste des Landes aufhält".
Kim Jong Un ist seit dem 11. April nicht mehr aufgetreten
Kim war seit dem 11. April nicht mehr öffentlich aufgetreten und hatte bei den Feierlichkeiten zu Ehren seines verstorbenen Großvaters, Staatsgründer Kim Il Sung, gefehlt. In der vergangenen Woche schlugen Berichte über eine angebliche schwere Operation des Machthabers hohe Wellen.
Bereits in der Vergangenheit hatte Kims Abwesenheit zu Spekulationen über seine Gesundheit geführt. So wurde er etwa 2014 sechs Wochen lang nicht in der Öffentlichkeit gesehen. Als er wieder auftauchte, ging er am Stock. Der südkoreanische Geheimdienst berichtete damals, Kim habe sich eine Zyste am Knöchel entfernen lassen.
Es ist generell schwierig, Informationen aus dem abgeschotteten Land zu erhalten. Insbesondere alle Vorgänge rund um die Führung des Landes werden geheim gehalten. Die kommunistische Führung in Pjöngjang kontrolliert die Informationen über Kim und seine Familie in der Regel äußerst streng.
Infos zu Kim Jong Un, Familie Kim und der politischen Führung Nordkoreas
- Geburtstag: 8. Januar 1984
- Vater: Kim Jong Il
- Großvater und Staatsgründer: Kim Il Sung
- Ehefrau: Ri Sol Ju
- Tochter: Kim Ju Ae
- Schwester: Kim Yo Jong
- Im Dezember 2011 wurde Kim Jong Un nach dem Tod seines Vaters Kim Jong Il der sogenannte „Oberste Führer“ der Demokratischen Volksrepublik Korea
- Seit der Staatsgründung wird Nordkorea in mittlerweile dritter Generation durch die Familie Kim geführt
Präsidentenberater aus Südkorea: Kim Jong Un geht es gut
Am Sonntag zitierte der Sender Fox News den außenpolitischen Präsidentenberater Moon Chung In aus Südkorea mit den Worten, Kim sei „am Leben, und es geht im gut“. Der Machthaber befinde sich seit dem 13. April in Wonsan. Das südkoreanische Nachrichtenportal „Daily NK“ hatte zuvor schon unter Berufung auf einen Informanten im Nachbarland gemeldet, Kim sei am 12. April am Herzen operiert worden. Nach einem Eingriff erhole er sich wieder. Später am Sonntag wiederholte Moon Chung In beim US-Sender CNN: Kim lebe und sei „wohlauf“, sagte der Sicherheitsberater der südkoreanischen Regierung. Er spezifizierte, dass Kim sich seit zwei Wochen in der Ferienstadt Wonsan im Osten von Nordkorea aufhalte. Südkorea habe keine „verdächtigen Bewegungen“ in Nordkorea festgestellt.
Daily NK hatte vor einer Woche von einer Herz-OP Kims geschrieben
Vor einer Woche hatte das Webportal „Daily NK“ berichtet, Kim habe sich einem dringlichen Eingriff am Herz-Kreislauf-System unterzogen. Das Portal wird überwiegend von Überläufern aus Nordkorea betrieben. CNN wiederum zitierte einen nicht identifizierten US-Regierungsmitarbeiter mit den Angaben, Washington gehe Geheimdienstinformationen über einen angeblich sehr schlechten Zustand Kims nach einer OP nach.
Gesicherte Erkenntnisse zur Lage in Nordkorea, das weitgehend von der Außenwelt isoliert ist, gibt es nicht.
Nachrichtenseite TMZ twittert, Kim Jong Un sei tot
So ist es in dieser unübersichtlichen Gerüchtelage wahrscheinlich auch zu erklären, dass die US-Boulevard-Nchrichtenseite TMZ seit Samstag wegen eines Tweets regen Zulauf hat. Sie twitterte vom Tod Kim Jong Uns nach einer Operation.
Bestätigungen anderer Medien für den in diesem Tweet dargestellten Sachverhalt gibt es allerdings nicht!
Ist Kim Jong Un tot? Immerhin eine Verlautbarung in Nordkoreas Staatsmedien
Immerhin gab es am Sonntag in Nordkoreas Staatsmedien eine Verlautbarung. Nach Informationen der südkoreanischen Nachrichtenagentur Yonhap berichtete das Staatsfernsehen des Nachbarlands, dass Kim seine Wertschätzung für Arbeiter geäußert habe, die Häuser in der nördlichen Grenzstadt Samjiyon gebaut hätten. Zum Aufenthaltsort oder zu öffentlichen Auftritte Kims halte sich Nordkorea weiter bedeckt, schrieb Yonhap.
Trump nennt Berichte über Kim Jong Uns Gesundheitszustand „inkorrekt“
Die Berichte über eine angeblich schwere Erkrankung Kims, der erst Mitte 30 ist, sorgen international schon seit Tagen für Aufsehen. Aus seinem international ziemlich abgeschotteten Landes gibt es dazu nur Schweigen. US-Präsident Donald Trump hatte am Donnerstag Berichte über einen angeblich schlechten Gesundheitszustand des nordkoreanischen Machthabers Kim Jong Un als „inkorrekt“ bezeichnet. Ein Bericht des US-Nachrichtensenders CNN, wonach Kim sich nach einer Operation mutmaßlich in „ernsthafter Gefahr“ befinde, sei nach seiner Ansicht nicht richtig, sagte Trump am Donnerstag im Weißen Haus. Er habe „gehört“, dass für den Bericht „alte Dokumente“ verwendet worden seien.
Trump sagte nicht, woher er seine Informationen über den Zustand Kims schöpft. CNN hatte sich in seinem Bericht vom Montag auf einen nicht identifizierten US-Regierungsmitarbeiter berufen. Demnach soll Washington Geheimdienstinformationen über einen angeblich sehr schlechten Zustand Kims nachgegangen sein.
Viele Medien berichten über angebliche OP von Kim Jong Un
Über eine angebliche OP bei Kim hatte aber nicht nur CNN, sondern auch das Webportal Daily NK berichtet, das überwiegend von Überläufern aus Nordkorea betrieben wird. Kim habe sich in diesem Monat einem dringlichen Eingriff am Herz-Kreislauf-System unterzogen, hieß es auf der Website.
Das US-Verteidigungsministerium teilte jedoch bereits am Mittwoch mit, es habe keine Anhaltspunkte dafür, dass Kim wegen Gesundheitsproblemen keine Kontrolle mehr über die Atomwaffen seines Landes hätte. Ausgelöst worden waren die Spekulationen dadurch, dass der Machthaber bei den Feierlichkeiten zum Geburtstag seines Großvaters Kim Il Sung am 15. April nicht öffentlich in Erscheinung getreten war.
Abwesenheit Kim Jong Uns zum Geburtstag des nordkoreanischen Staatsgründers löst Spekulationen aus
Der Geburtstag des Staatsgründers ist der wichtigste Tag im politischen Kalender des Landes. Die Feierlichkeiten hatten allerdings wegen der Coronavirus-Pandemie in deutlich kleinerem Rahmen als üblich stattgefunden.
Trump hatte Kim in den vergangenen beiden Jahren drei Mal getroffen, davon zwei Mal zu formellen Gipfeltreffen, in denen es um einen Abbau des nordkoreanischen Atomprogramms ging. Seit dem Scheitern des jüngsten Gipfels im Februar 2019 in Hanoi liegen die Nuklearverhandlungen zwischen den USA und Nordkorea jedoch auf Eis.
Im Falle von Kims Tod: Wer könnte die nachfolge antreten? Seine Schwester Kim Yo Jong?
Mitte der Woche schrieb unser Korrespondent Fabian Kretschmer, dass Nordkorea im Falle von Kims Tod wohl bald von einer Frau regiert werden würde. Demnach käme eigentlich nur ein Familienmitglied für die Nachfolge in Frage: seine jüngere Schwester Kim Yo Jong.
In die gleich Richtung zielt auch ein am Samstag veröffentlichter Bericht des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND). Darin heißt es, dass es als ausgeschlossen gilt, „dass Kim Jong Uns Ehefrau oder Tochter an die Macht kommen könnten. Seine Frau Ri Sol-ju tritt so gut wie nie in der Öffentlichkeit auf, die gemeinsame Tochter ist mit sieben Jahren zu jung“. Auch in diesem Bericht wird Kim Yo Jong die größte Chance auf den Posten eingeräumt. Denn: „Im Gegensatz zu Kim Jong Uns Frau ist seine Schwester Kim Yo-jong präsenter. Sie saß nicht zuletzt den Gesprächen zwischen dem US-Präsidenten Donald Trump und ihrem Bruder in Hanoi und in Singapur bei.“
Zudem sei sie auch bei einem Treffen mit Südkoreas Präsident Moon Jae-in mit in das verfeindete Nachbarland gereist und auch 2018 als offizielle Repräsentantin Nordkoreas zu den Olympischen Winterspielen ins südkoreanische Pyeongchang geschickt worden.
Die Schwester, die Anfang 30 ist, gilt nicht nur als einflussreiche Beraterin des Machthabers. Mit ihr würde auch sichergestellt, dass die Macht weiter in der Hand der Kim-Dynastie liegt, die seit mehr als 70 Jahren über das Land herrscht. Mit der Festigung der Macht von Kim Jong Un stieg auch die Schwester in der Hierarchie auf. Inzwischen ist sie „Alternatives Mitglied“ im Politbüro des Zentralkomitees der Arbeiterpartei. Das Politbüro gilt als höchstes Vollzugsorgan innerhalb des Zentralkomitees.
Ausgeschlossen wird aber auch nicht, dass die Macht zunächst von einem Zirkel einflussreicher Funktionäre und Militärs ausgeübt wird. Falls Kim Jong Un sterbe, bevor seine Kinder erwachsen seien, „wird höchstwahrscheinlich eine kollektive Führung ernannt, um das Land zu regieren, bevor ein dynastischer Nachfolger bereit ist, um zu übernehmen“, schrieb zuletzt der Nordkorea-Kenner Leonid Petrow von der Australischen National-Universität auf Twitter.
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