Zuerst ereignete sich ein Zugunglück, und nun wurde am Montag im Gotthard-Straßentunnel in der Schweiz auch noch ein Riss in der Tunneldecke festgestellt, wie das Bundesamt für Straßen (Astra) bekannt gab. Einige Teilen der Decke haben sich sogar gelöst und sind auf die Fahrbahn gestürzt. Daraufhin wurde der wichtige Tunnel, der die Zentralschweiz mit dem südlichen Kanton Tessin verbindet, gesperrt. Reisende, die derzeit von der Schweizer Alpennordseite auf die Südseite gelangen möchten, müssen Geduld aufbringen.

Was ist genau passiert?

"Nahe des Tunnelportals Nord haben sich Betonteile gelöst und sind auf die Fahrbahn gefallen", erklärten die Schweizer Behörden am Montag. Erste Untersuchungen hätten einen "Riss in der Zwischendecke auf einer Länge von 25 Metern" gezeigt, erklärten die Behörden weiter. Das genaue Schadensmaß und die Ursache seien zum aktuellen Zeitpunkt nicht geklärt. Oberhalb der Zwischendecke befindet sich die Lüftung, die nur bei intakter Decke funktioniert. Der Tunnel wurde sofort gesperrt, niemand sei zu Schaden gekommen.
Fachleute prüfen derzeit, ob Bauarbeiten am Berg für den Zwischenfall verantwortlich sein könnten. Das berichtete das Bundesamt für Straßen (Astra) am Dienstag. Die Fachleute gingen von „Spannungsumlagerungen“ im Gebirge als Ursache für die Schäden aus, teilte das Amt mit. Das könne auf Bewegungen im Berg, tektonische Einflüsse oder auch Bauarbeiten im Berg zurückzuführen sein. Ihm werde durch die baulichen Maßnahmen für die zweite Röhre „einiges zugemutet“, hieß es. Die Ermittlungen dazu laufen.
Das Bundesamt für Straßen ist zugleich dabei, eine Stahlkonstruktion anstelle der defekten Zwischendecke einzubauen. Damit könne der darüberliegende Abluftkanal wieder funktionieren, durch den im Brandfall Rauch aus dem Fahrbahnraum abgeführt wird.

Stundenlange Staus am Gotthard-Tunnel

Der Tunnel stellt eine der wichtigsten Verkehrsverbindungen durch die Alpen dar, insbesondere für den Verkehr von Deutschland nach Italien. Nach der Sperrung entstanden auf beiden Seiten kilometerlange Staus. Busse und andere große Gefährte, die sich bereits im Tunnel befanden, mussten rückwärts zur Einfahrt zurückfahren, da sie nicht wenden konnten.

Wie lange ist der Tunnel noch gesperrt?

Der nach einem Riss in der Decke gesperrte Gotthard-Straßentunnel in der Schweiz wird am Freitagabend um 20.00 Uhr wieder geöffnet. Die Reparaturen und Sicherheitsprüfungen seien abgeschlossen, teilte das Bundesamt für Straßen (Astra) mit. Aus Sicherheitsgründen gelte im betroffenen Abschnitt zunächst eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 60 km/h.

Weitere Sperrungen im Gotthard-Tunnel geplant

Bis voraussichtlich zum 4. Oktober soll der Gotthard-Straßentunnel in den Nächten von Montagabend bis Freitagmorgen zwischen 20.00 Uhr und 05.00 Uhr gesperrt bleiben. Es sei üblich, dass es im September drei bis vier Wochen Sperrnächte für Reparatur- und Wartungsarbeiten gibt, erklärte das Bundesamt. Diese sollen dieses Mal auch für kleinere Arbeiten rund um den "Ereignisort" genutzt werden.

Gibt es eine Umleitung und wie lange dauert diese?

Der Verkehr wird über den Gotthard-Pass oder die San-Bernardino-Route umgeleitet. Die Fahrt dürfte sich dadurch um etwa eine Stunde verlängern.
Wenn die Sperrung am Gotthard länger anhält, sollten Autofahrer auch auf mögliche nächtliche Schließungen im San-Bernardino-Tunnel achten, wie ein Sprecher des ADAC betonte. Im Oktober wird die Strecke insgesamt 17 Mal zwischen 22:00 Uhr und 05:00 Uhr in beiden Richtungen für Wartungs- und Sanierungsarbeiten gesperrt. Als Umleitungsroute ist der Gotthard-Pass, besonders für Fahrzeuge mit Camping-Anhängern, nicht unbedingt zu empfehlen.

Auch der Eisenbahn-Tunnel ist gesperrt

Auch der Eisenbahn-Tunnel am Gotthard ist wegen der Entgleisung eines Güterzugs gesperrt.
Auch der Eisenbahn-Tunnel am Gotthard ist wegen der Entgleisung eines Güterzugs gesperrt.
© Foto: Urs Flueeler/dpa
Auch der 57 Kilometer lange Gotthard-Basistunnel von Erstfeld nach Bodio ist nach der Entgleisung eines Güterzugs am 10. August für den Personenverkehr zurzeit gesperrt. Dort sollen die Reparaturen nach Angaben der Schweizer Bahnen (SBB) mehrere Monate dauern. Gut vier Wochen nach dem Unglück befanden sich im September immer noch beschädigte Waggons im Tunnel. Personenzüge werden nun umgeleitet und fahren über mehrere Kehrtunnels bis auf gut 1000 Meter Höhe, ehe sie 15 Kilometer durch den alten Gotthard-Eisenbahntunnel ins Tessin fahren. Das verlängert auch diese Fahrt um etwa eine Stunde.

Zweite Gotthard-Röhre wohl erst 2029 fertig

Der 1980 eröffnete Gotthardtunnel führt mit je einer Spur in Nord- und in Südrichtung unter dem Gotthard-Massiv durch. Ein- und Ausfahrt liegen auf gut 1000 Metern über Meer. Täglich sind dort in beiden Richtungen zusammen rund 17 000 Fahrzeuge unterwegs. Der Tunnel ist eine der wichtigsten Verkehrsverbindungen durch die Schweizer Alpen, auch auf dem Weg von Deutschland nach Italien. Er verbindet die Zentralschweiz mit dem an Italien grenzenden Kanton Tessin.
Seit langem ist eine Sanierung vorgesehen. Deshalb wird zurzeit an einer zweiten Röhre gebaut. Sie soll aber erst 2029 fertig sein. Der Verkehr soll dann durch die zweite Röhre fließen, bis die erste modernisiert ist. Ab 2032 sollen beide Röhren zur Verfügung stehen. Pro Richtung soll es aber weiter jeweils nur eine Fahrspur geben. Eine Kapazitätserhöhung ist nicht vorgesehen.
(mit Material von dpa und afp)