Es ist ein historischer Vorgang mit immenser politischer Sprengkraft: Donald Trump ist der erste frühere US-Präsident der Geschichte, der angeklagt wird. Hintergrund des Verfahrens in New York ist eine Schweigegeldzahlung an die als Stormy Daniels bekannte Pornodarstellerin Stephanie Clifford vor der Präsidentschaftswahl 2016. Für die Verlesung der Anklage ist Trump nach New York gekommen, die Stadt rüstet sich für mögliche Krawalle.
Die Frage, die sich stellt: Wird der Ex-Präsident heute auch verhaftet?

Medienspektakel: Trumps Ankunft in New York

Eigentlich lebt Trump in seinem Luxusanwesen Mar-a-Lago im US-Bundesstaat Florida. Für den Gerichtstermin in New York musste er rund zweieinhalb Stunden gen Norden fliegen. Bereits die Anreise wird von den US-Medien als Spektakel inszeniert: das Fernsehsender übertrugen jede Reiseetappe des 76-Jährigen live. In einem Konvoi aus schwarzen Fahrzeugen fuhr Trump zunächst zum Flughafen in Palm Beach und stieg dort in seine Boeing 757. Auf dem Flugportal Flight-Radar war der Flug nach New York City zeitweise der meistbeobachtete Flug der Welt.
In New York begleiteten Hubschrauber den Konvoi auf seiner Fahrt vom Flughafen LaGuardia im Stadtbezirk Queens auf dem Weg zum Trump-Tower in Manhattan an der berühmten Fifth Avenue. Vor dem Wolkenkratzer wurden die Sicherheitsvorkehrungen noch einmal deutlich hochgefahren, Polizeibusse standen bereit. Einige Trump-Fans lieferten sich Wortgefechte mit Gegnern. Bevor Trump das Hochhaus betrat, winkte er Schaulustigen auf der Straße kurz zu - danach eilte der sonst wenig medienscheue Ex-Präsident aber ohne Kommentar weiter. Seiner Wut über die Anklage ließ er stattdessen über seinen Twitter-Ersatz Truth Social freien Lauf.

Das sind die Hintergründe zur Affäre Stormy Daniels

Michael Cohen, der ehemalige Privatanwalt von Donald Trump, zahlte vor der Präsidentschaftswahl im Jahr 2016 130.000 US-Dollar (ca. 122.000 Euro) an Stormy Daniels. Diese behauptet, im Jahr 2006 eine sexuelle Beziehung mit Trump gehabt zu haben, Trump bestreitet die Vorwürfe. Mit der Zahlung sollte verhindert werden, dass Clifford an die Öffentlichkeit geht und Trump damit im Wahlkampf schadet. Die Zahlung wurde später von der Trump Organization, der Familienholding von Trump, an Cohen zurückgezahlt. Die Affäre wurde erst Anfang 2018 bekannt.
Die Pornodarstellerin Stephanie Clifford, auch bekannt als Stormy Daniels, im April 2018 beim US Federal Court in Lower Manhattan, New York.
Die Pornodarstellerin Stephanie Clifford, auch bekannt als Stormy Daniels, im April 2018 beim US Federal Court in Lower Manhattan, New York.
© Foto: EDUARDO MUNOZ ALVAREZ/afp

Worum geht es bei der Anklage genau?

Details sind noch nicht bekannt, aber die Anklage von Manhattans höchstem Staatsanwalt Alvin Bragg dreht sich wohl um Schweigegeldzahlungen an Daniels und womöglich auch an das Model Karen McDougal in Höhe von 130 000 und 150 000 Dollar. Trumps Anwalt Michael Cohen hatte das Geld kurz vor der US-Präsidentenwahl 2016 überwiesen und dann von der Trump Organization zurückerstattet bekommen. Die New Yorker Staatsanwaltschaft beschuldigte Cohen 2018, die Zahlungen seien unzulässige Wahlkampfspenden gewesen, weil sie dafür gedacht waren, vor der Wahl Schaden von Trump abzuwenden. Cohen bekannte sich damals schuldig und musste in Haft.
Wahrscheinlich geht es nun um die Frage, ob auch Trump gegen Gesetze zur Wahlkampffinanzierung verstoßen hat. Als Präsident hatte er noch Immunität genossen. Cohen sagte, er habe auf Anweisung seines damaligen Klienten gehandelt. Trump räumte die Zahlungen an Cohen öffentlich ein und argumentiert, die falschen Anschuldigungen hätten damit gestoppt werden sollen. Im Fall einer Verurteilung drohen Trump eine Haftstrafe von bis zu vier Jahren - wobei völlig unklar ist, ob eine Verurteilung in diesem Fall am Ende zu einer Haftstrafe führen würde.

Wird Trump im Falle einer Anklage wirklich verhaftet?

Das Geschworenengremium der Grand Jury ist zu dem Schluss gekommen, dass es ausreichende Hinweise für eine Straftat gibt. Die Bezirksstaatsanwaltschaft in Manhattan hatte am Donnerstag vergangener Woche die Anklage gegen den Trump publik gemacht. Zu der Anklageverlesung in Manhattan muss der Beschuldigte persönlich erscheinen. Rund 30 Anklagepunkte sollen gegen ihn vorgebracht werden - keiner ist bisher offiziell bekannt.
Für diesen Termin dürfte der einst mächtigste Mann im Staate kurzzeitig in Gewahrsam genommen werden, damit Fingerabdrücke und Polizeifotos von ihm gemacht werden können. Ob diese Fotos aber wirklich gemacht werden, ist offen - das alles wird hinter verschlossenen Türen passieren. Eine Videoübertragung aus dem Gericht lehnte der zuständige Richter ab.
Danach gibt es wahrscheinlich einen Prozess. Sofern sich Trump „nicht schuldig“ bekennen sollte - was als sicher gilt - müsste ein Richter als Nächstes ein Datum für einen Prozessbeginn festlegen. Vorher gibt es Anhörungen, in der Trumps Verteidiger versuchen könnten, eine Verzögerung zu erreichen oder den Prozess zum Platzen zu bringen.
Die Anklage gegen Trump ist die erste Anklage gegen einen früheren Präsidenten in der US-Geschichte. Der Republikaner will bei der Präsidentschaftswahl 2024 das Weiße Haus zurückerobern.