Hinterbliebene von Coronavirus-Opfern in Italien haben in der besonders stark betroffenen Provinz Bergamo bei der Staatsanwaltschaft Strafanzeige gegen Unbekannt erstattet. Sie werfen den Behörden vor, wegen Fahrlässigkeit und Inkompetenz für zahlreiche Todesfälle durch das Virus verantwortlich zu sein.
Initiative von Angehörigen: „Wir klagen an“
„Wir sind alle aus der Gegend um Bergamo und haben ähnliche Geschichten, Geschichten von Familientragödien. Wir suchen klare und ernsthafte Antworten der Staatsanwälte“, sagte Cristina Longhini von der Gruppe „Noi Denunceremo“ (Wir werden anklagen) am Mittwoch der Deutschen Presseagentur. Diese besteht aus Angehörigen von Menschen, die an der Lungenkrankheit Covid-19 gestorben sind und nun auf Gerechtigkeit hoffen. Longhini verlor in Bergamo ihren 65 Jahre alten Vater.
In vielen der 50 eingereichten Anzeigen wird den Behörden etwa vorgeworfen, die als Corona-Hotspots bekannten Orte Alzano und Nembro nicht rechtzeitig isoliert zu haben. Es sei nun Sache der Justizbehörden, die Anzeigen zu bewerten, sagte ein Anwalt der Gruppe.
Kritik über verfehltes Krisenmanagment
Die Provinz Bergamo war das Epizentrum der Corona-Krise in Italien. Weil die Krematorien nicht mehr alle Leichen verbrennen konnten, mussten die Särge mit Militärwagen abtransportiert werden. Vor allem an der Regionalregierung der Lombardei wurde Kritik laut, dass sie die Hotspots nicht früher abgeriegelt habe.
Die Region weist die Vorwürfe zurück und verweist auf die Regierung in Rom, die eine solche Entscheidung hätte treffen müssen. Staatsanwaltschaften in der Lombardei ermitteln bereits in mehreren Fällen wegen Missmanagements zum Beispiel in Altersheimen, wo es besonders viele Opfer gab.