Im Berliner Stadtbezirk Charlottenburg ist am Mittwoch ein Fahrzeug in eine Menschenmenge und ein Ladengeschäft gefahren. Dabei ist eine Frau ums Leben gekommen, zwanzig weitere Personen wurden zum Teil schwer verletzt.
Am Morgen danach spricht Berlins regierende Bürgermeisterin, Franziska Giffey (SPD), von einer „Amoktat“: Wie am Abend schon Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) sprach Giffey von einer „Amoktat eines psychisch schwer beeinträchtigten Menschen“. Es gebe teilweise wirre Äußerungen des Mannes. Die Umstände werden demnach weiter untersucht. Im Inforadio des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) sprach die Politikerin am Donnerstagmorgen von einem „dunklen Tag in der Berliner Stadtgeschichte“.
Der Vorfall ereignete sich nach Angaben der Polizei um 10.26 Uhr in der Tauentzienstraße (Höhe Hausnummer 13) nahe der Gedächtniskirche und dem Ku'damm.
Schüler aus Nordhessen im Krankenhaus
Nach Angaben Giffeys sind von 24 Schülerinnen und Schülern aus dem nordhessischen Bad Arolsen aktuell sieben im Krankenhaus. Insgesamt gebe es sechs lebensbedrohlich Verletzte und drei Schwerverletzte. Ein 29-jähriger Mann aus Berlin war am Mittwochvormittag mit einem Kleinwagen in der City West in eine Gruppe von Passanten gefahren. Eine Lehrerin wurde dabei getötet. Die Innensenatorin hat für Donnerstag in Berlin Trauerbeflaggung angeordnet.
Dokumente im Auto gefunden: War es ein Anschlag?
Die Ermittlungen der Polizei werden von einer Mordkommission geführt, nicht vom Staatsschutz, der für eine politisch motivierte Tat zuständig wäre. Am Mittwoch wurde unter anderem auch die Wohnung des Fahrers in Charlottenburg durchsucht. Der Mann soll der Polizei wegen mehrerer Delikte bekannt gewesen sein, jedoch nicht in Zusammenhang mit Extremismus.
In dem Täterfahrzeug seien Dokumente und Plakate gefunden. Über den Inhalt wurde zunächst nichts bekannt. Zuvor hatte die „Bild“-Zeitung von einem Bekennerschreiben berichtet. Laut der Zeitung soll das Motiv des Fahrers nicht politisch gewesen sein. Die „Bild“ zitierte einen Ermittler: „Auf keinen Fall ein Unfall – ein Amokläufer, ein eiskalter Killer.“ Eine Polizeisprecherin bestätigte das zunächst nicht.
Innensenatorin spricht von Plakaten mit Äußerungen „über die Türkei“
Nach dem tödlichen Vorfall mit einem Auto in Berlin hat Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) Meldungen über ein im Fahrzeug entdecktes Bekennerschreibens zurückgewiesen. "Ein richtiges Bekennerschreiben gibt es nicht", sagte sie am Mittwoch nach einem Besuch am Ort des Geschehens. In dem Auto seien jedoch Plakate mit Äußerungen „über die Türkei“ entdeckt worden. Zu weiteren Einzelheiten machte die Innensenatorin zunächst keine Angaben. "Wir müssen in alle Richtungen ermitteln", betonte Spranger. Das können Stunden oder Tage dauern. Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD), die mit der Senatorin die Einsatzstelle besuchte und dort anschließend mit Journalisten sprach, warnte vor Spekulationen.
Auto fährt in Berlin in Menschenmenge: Fahrer vorläufig festgenommen
Der Fahrer wurde vorläufig festgenommen. Er sei zunächst von Passanten festgehalten worden, sagte Polizeisprecher Thilo Cablitz am Vormittag vor Ort. Der Mann - laut Polizei ein 29 Jahre alter, in Berlin lebender Deutsch-Armenier - soll um 10.26 Uhr in die Personengruppe gefahren sein. Der Täter war nach dpa-Informationen mit einem Auto unterwegs, das seiner älteren Schwester gehört. Er soll der Polizei bereits bekannt gewesen sein, allerdings nicht in Zusammenhang mit Extremismus.
Lehrerin aus Bad Arolsen gestorben - Schüler kehren zurück
Nach dem Tod einer Lehrerin aus dem hessischen Bad Arolsen bei der Fahrt eines Autos in eine Menschenmenge in Berlin sollen die betroffenen Schüler eine Anlaufstelle in ihrer Schule finden. An diesem Donnerstag werde die Schule ihren Regelbetrieb aufnehmen und zugleich die Schüler in Empfang nehmen, die aus Berlin mit Bussen zurückgebracht würden, sagte der Bürgermeister von Bad Arolsen, Marko Lambion (unabhängig) der Deutschen Presse-Agentur. Betroffen sei eine Abschlussklasse mit 24 Schülern einer Realschule in Bad Arolsen. Sie sollten betreut und aufgefangen werden.
Polizei nennt Details zu Ablauf
Wenige Stunden nach dem tödlichen Vorfall durch einen Autofahrer in Berlin wird der genaue Ablauf klarer. Wie die Polizei mitteilte, fuhr der Mann gegen 10.26 Uhr seinen Renault-Kleinwagen an der Straßenecke Ku'damm und Rankestraße auf den Bürgersteig des Ku'damms und in eine Menschengruppe. Dann fuhr er den Angaben zufolge zurück auf die Kreuzung und knapp 200 Meter weiter auf der Tauentzienstraße Richtung Osten. Kurz vor der Ecke Marburger Straße lenkte er den Wagen erneut von der Straße auf den Bürgersteig, touchierte ein anderes Auto, überquerte die Marburger Straße und landete im Schaufenster eines Parfümerie-Geschäfts mit der Adresse Tauentzienstraße 16. Nahe der Kreuzung Kurfürstendamm, Rankestraße und Tauentzienstraße lag nach dem Vorfall eine abgedeckte Leiche.
Telefonangebot für Angehörige eingerichtet
In Berlin hat die Polizei eine Telefonhotline eingerichtet. „Unsere Personenauskunftsstelle für Angehörige ist erreichbar unter 030 - 84854460“, twitterte die Polizei am Mittwochnachmittag. Auch Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) verwies auf die Nummer: „Uns ist besonders wichtig, dass nicht die Angehörigen aus irgendwelchen, ja, anderen Kanälen - Twitter und hochgeladene Bilder oder sonstwas - davon erfahren, sondern dass wir die Information machen.“ Deswegen sei auch die Zusammenarbeit mit der hessischen Polizei wichtig. Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik nannte die Nummer ebenfalls - dort erhalte man Auskünfte. Sie rief zur Unterstützung der Ermittlung auch dazu auf, über ein Portal Hinweise an die Polizei zu liefern, etwa Video- und Bildmaterial.
Polizei Berlin appelliert keine Aufnahmen im Netz zu verbreiten
Die Berliner Polizei hat dazu aufgerufen, keine Bilder vom tödlichen Vorfall an einer Einkaufsstraße zu posten. „Wir bitten Zeuginnen & Zeugen, Hinweise und Mediendateien zum Geschehen #Tauentzienstraße an unser Hinweisportal zu übersenden“, twitterte die Polizei am Mittwochmittag. „Bitte verbreiten Sie keine Aufnahmen vom Ereignisort im Netz. #b0806 #Charlottenburg.“
An der Gedächtniskirche war im Dezember 2016 ein islamistischer Attentäter in einen Weihnachtsmarkt gefahren. Damals starben zwölf Menschen, mehr als 70 wurden verletzt.
(mit Material von dpa und AFP)
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