Unter dem Motto „Aufstand für Frieden“ hat am Samstag, 25.2.2023, eine Demonstration in Berlin stattgefunden. Initiiert wurde sie von der Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht und der Frauenrechtlerin Alice Schwarzer. Die beiden hatten vor einigen Tagen eine Petition unter dem Titel „Manifest für Frieden“ im Internet gestartet und dort mehrere Hunderttausend Unterschriften gesammelt, darunter auch von vielen Prominenten. Doch es gibt auch reichlich Kritik an den Aktionen von Wagenknecht und Schwarzer.

Aufstand für Frieden - Wieviele Teilnehmer waren da?

Die Zahl der Teilnehmer bei der Berliner Kundgebung ist von der Berliner Polizei auf 13.000 geschätzt worden. Das sagte ein Sprecher am Samstag. Eine Sprecherin der Veranstalter sprach unterdessen von rund 50.000 Teilnehmern, es seien sehr viele Menschen gekommen.
Die Polizei wollte mit deutlich mehr Kräften im Einsatz sein als bei einer großen Berliner Demonstration zur Unterstützung der Ukraine am Freitag, dem Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine. Hintergrund ist, dass die Demonstranten am Samstag aus verschiedenen politischen Lagern von weit rechts bis weit links kommen könnten und Konflikte befürchtet werden. Im Internet werde in viele unterschiedliche Richtungen mobilisiert, so die Polizei.

Was sagte Wagenknecht und Schwarzer auf der Demo in Berlin?

Sahra Wagenknecht sagte in einer Rede, für die Beendigung des Krieges brauche es keine Panzer, sondern Diplomatie und Kompromissbereitschaft auf beiden Seiten. „Mit jeder Waffe, die wir in das Pulverfass liefern, wächst die Gefahr eines Weltkriegs. Das muss enden und das ist keine Putin-Propaganda“, sagte die Linken-Politikerin. Wer die Gefahr eines nuklearen Infernos in Kauf nehme, stehe nicht auf der richtigen Seite der Geschichte.
Sie warf der Ampel-Koalition vor, „kriegsbesoffen“ zu sein. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) trampele wie ein Elefant durch einen Porzellanladen. „Von all den grünen Panzernarren fühlen wir uns nicht vertreten“, sagte Wagenknecht unter dem Applaus der Menge und „Baerbock raus“-Rufen. Der FDP Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann warf sie vor, eine Rüstungslobbyistin zu sein. Wagenknecht betonte aber auch, die Ukraine dürfe kein russisches Protektorat werden.
„Emma“-Herausgeberin Alice Schwarzer warnte in ihre Rede, man könne die große Atommacht Russland nicht besiegen. „Wer das ernsthaft versucht, riskiert das Ende der Welt“, sagte die Publizistin und Frauenrechtlerin. Es sei verbrecherisch, der Ukraine weiszumachen, sie habe eine Chance gegen Russland.

Manifest für Frieden - Was sind die Ziele der Petition und der Demo?

Die Petition „Manifest für Frieden“ wurde am 10.2.2023 von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer auf der Plattform change.org gestartet. Bis zum 25.2.2023 haben 639.807 Menschen dort unterzeichnet. Zu den Beweggründen für das Manifest und die Demonstration schreiben die beiden Initiatorinnen:
„Verhandeln heißt nicht kapitulieren. Verhandeln heißt, Kompromisse machen, auf beiden Seiten. Mit dem Ziel, weitere Hunderttausende Tote und Schlimmeres zu verhindern. Das meinen auch wir, meint auch die Hälfte der deutschen Bevölkerung. Es ist Zeit, uns zuzuhören!
Wir Bürgerinnen und Bürger Deutschlands können nicht direkt auf Amerika und Russland oder auf unsere europäischen Nachbarn einwirken. Doch wir können und müssen unsere Regierung und den Kanzler in die Pflicht nehmen.
Wir fordern den Bundeskanzler auf, die Eskalation der Waffenlieferungen zu stoppen. Jetzt! Er sollte sich auf deutscher wie europäischer Ebene an die Spitze einer starken Allianz für einen Waffenstillstand und für Friedensverhandlungen setzen.“

Welche prominenten Unterstützer hat die Petition von Wagenknecht und Schwarzer?

Laut den Initiatorinnen haben viele Prominente die Petition schon mitunterzeichnet. Demnach gehören zu den 68 Erstunterzeichnern folgende Unterstützer:
  • Thilo Bode - Foodwatch-Gründer
  • Justus Frantz - Dirigent
  • Henry Hübchen - Schauspieler
  • Wolfgang Grupp - Trigema-Chef
  • Margot Käßmann - Theologin
  • Oskar Lafontaine - Politiker
  • Uwe Kockisch - Schauspieler
  • Reinhard Mey - Musiker
  • Katharina Thalbach - Schauspielerin

Welche Kritik gibt es am Manifest für Frieden?

Kritiker werfen Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer vor, der Text des Manifestes sei „naiv“. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte gesagt, er teile die Überzeugung darin nicht. Man müsse verstehen, „dass der russische Präsident gegenwärtig nur eine Form von Verhandlungen akzeptiert, nämlich dass irgendjemand bedingungslos kapituliert und er alle seine Ziele durchsetzt“, sagte der Kanzler in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“.
Auch Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) kritisierte die Demonstration. „Jeder, der bei Sinnen und Verstand ist, wünscht sich Frieden“, sagte der Bundeswirtschaftsminister am Freitagabend in einem ARD-„Brennpunkt“. Wagenknecht und die ihr folgenden Leute wollten aber etwas als Frieden verkaufen, das ein „imperialistischer Diktator“ Europa aufzwinge. Wenn sich das durchsetze, wäre das eine Einladung an den russischen Präsidenten Wladimir Putin, die nächsten Länder zu überfallen.
Führende Politiker von SPD und Linke grenzten sich ebenfalls ab. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich sagte der „Rheinischen Post“ (Samstag): „Die Sichtweise von Frau Wagenknecht ist nicht meine.“ Es wäre aus seiner Sicht gut gewesen, wenn der Aufruf eine stärkere Abgrenzung gegenüber radikalen Strömungen gehabt hätte. Mützenich sagte aber auch, man müsse anerkennen, dass Teile der Bevölkerung eine noch stärkere Orientierung auf Friedensgespräche wünsche.
Auch Linke-Parteichefin Janine Wissler kritisierte den Aufruf zur Veranstaltung. Der Umgang mit der Mobilisierung in rechten Kreisen mache ihr Sorgen. „Da hat der Aufruf eine Leerstelle“, sagte Wissler den Funke-Zeitungen.
Die Jugendorganisationen von CDU, CSU und FDP haben dem Friedensmanifest von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer ein eigenes Manifest zum Ukraine-Krieg entgegengestellt. Die Vorsitzenden der Jungen Union und der Jungen Liberalen, Johannes Winkel und Franziska Brandmann, bekennen sich darin ausdrücklich zu Waffenlieferungen an die Ukraine. Nur ein ukrainischer Sieg könne die europäische Friedensordnung wiederherstellen, heißt es in ihrer am Freitag, 24.2.2023, gestarteten Petition, die bis zum 25.2.2023 21.611 Unterschriften gesammelt hatte.
(mit Material von dpa)