- Alles dicht machen: Ein Video von Schauspielern äußert unter dem Hashtag #allesdichtmachen Kritik an der Corona-Politik in Deutschland
- Beteiligt waren unter anderem Jan-Josef Liefers, Ulrich Tukur und Ulrike Folkerts
- Sowohl der Schauspieler-Bundesverband wie auch Schauspielerinnen wie Heike Makatsch distanzieren sich mittlerweile oder versuchen ein differenziertes Bild zu zeichnen
Der „Alles dicht machen“-Clip Dutzender Schauspieler schlägt immer höhere Wellen. Nach der Internetaktion #allesdichtmachen hat sich der Bundesverband Schauspiel (BFFS) geäußert und unter anderem an die Menschen erinnert, die derzeit in Krankenhäusern arbeiten. „Manche unserer Kolleg*innen haben sich an dieser Aktion beteiligt, manch andere verurteilen sie aufs Schärfste“, teilte der Vorstand auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur am Freitag mit.
Dutzende Schauspieler hatten zuvor mit ironisch-satirischen Clips die Corona-Politik der Bundesregierung kommentiert. Es beteiligten sich unter anderem Jan-Josef Liefers, Ulrich Tukur, Volker Bruch und Meret Becker. Einige Kollegen reagierten darauf entsetzt.
Alles dicht machen: Das sagt der Schauspieler-Verband
„Den meisten von uns geht es wie vielen in unserem Land: Wir sehnen uns verzweifelt nach einem Ende der Pandemie“, heißt es im Statement des Bundesverbands Schauspiel mit Sitz im Berlin. „Unsere Kinder leiden, unsere Angehörigen und Nachbarn leiden. In unserem Umfeld erkranken Menschen, manche sterben.“
Sie hätten wie viele andere im Land Existenzängste. „Wir haben Angst, selbst schwer zu erkranken, andere zu infizieren. Hinzu kommt die Angst, unsere Jobs zu verlieren, bei uns die Angst, nicht mehr besetzt zu werden, nie mehr fürs Publikum spielen zu dürfen, unsere Altersvorsorge, unsere Lebensgrundlage und unsere Hoffnung zu verlieren.“ Zwei Drittel bis drei Viertel von ihnen lebten von Gastverpflichtungen an Theatern, die aktuell nicht oder kaum arbeiten könnten.
#allesdichtmachen: Schauspieler-Verband dankbar für Arbeit der Menschen in Pflege und Kliniken
„Wir sind allen Menschen zutiefst dankbar, die in den Krankenhäusern, Pflegestationen, Altenheimen, Schulen und Kitas sich der Seuche in aufopfernder Weise entgegenstellen“, erklärte der Bundesverband. „Auch sie werden Ängste haben und dennoch sind sie Tag für Tag, Überstunde um Überstunde für uns da - trotz schlechter Bezahlung -, auch wenn die Müdigkeit sie übermannt.“
„Wir leben zum Glück in einer Demokratie und müssen um den besten Weg aus dieser weltweiten Pandemie ringen und streiten“, hieß es in der Stellungnahme. In diesen demokratischen Prozess werde sich der Verband mit seinen tausenden Mitgliedern zusammen mit anderen Gewerkschaften „konstruktiv und leidenschaftlich“ einbringen.
Alles dicht machen: Jan-Josef Liefer stellt sich gegen Querdenker
Alles dicht machen: Jan-Josef Liefers und Dutzende prominente Schauspieler haben mit ihrer Kritik an der Corona-Politik unter dem Hashtag #allesdichtmachen Zustimmung, aber auch viel Kritik erfahren. Als einer der Beteiligten distanzierte sich „Tatort“-Star Jan-Josef Liefers nun klar von Verschwörungstheorien und der Querdenker-Bewegung. „Eine da hinein orakelte, aufkeimende Nähe zu Querdenkern u.ä. weise ich glasklar zurück“, schrieb der 56-Jährige in einer von vier Nachrichten auf Twitter. „Es gibt im aktuellen Spektrum des Bundestages auch keine Partei, der ich ferner stehe, als der AfD. Weil wir gerade dabei sind, das gilt auch für Reichsbürger, Verschwörungstheoretiker, Corona-Ignoranten und Aluhüte. Punkt.“
Rund 50 prominente Film- und Fernsehschauspieler hatten mit der großangelegten Internetaktion unter dem Motto #allesdichtmachen für Aufsehen gesorgt. Künstler wie Ulrich Tukur, Volker Bruch, Meret Becker, Ulrike Folkerts, Richy Müller und viele weitere verbreiteten am Donnerstag bei Instagram und auf der Videoplattform Youtube gleichzeitig ironisch-satirische Clips mit persönlichen Statements zur Coronapolitik der Bundesregierung. Andere prominente Schauspielkollegen reagierten entsetzt.
Alles dicht machen: Koordinierung der Aktion zunächst unklar
Wie die Aktion koordiniert wurde, war zunächst nicht bekannt. Die Hashtags #allesdichtmachen, #niewiederaufmachen und #lockdownfürimmer wurden am Abend binnen kurzer Zeit zu den am meisten verwendeten bei Twitter in Deutschland.
„Schließen Sie ausnahmslos jede menschliche Wirkungsstätte und jeden Handelsplatz“, fordert etwa Tukur die Bundesregierung auf. „Nicht nur Theater, Cafés, Schulen, Fabriken, Buchhandlungen, Knopfläden nein, auch alle Lebensmittelläden, Wochenmärkte und vor allem auch all die Supermärkte.“ Und er fügt hinzu: „Sind wir erst am Leibe und nicht nur an der Seele verhungert und allesamt mausetot, entziehen wir auch dem Virus und seiner hinterhältigen Mutantenbagage die Lebensgrundlage.“
Liefers bedankt sich im #allesdichtmachen-Clip in ironischem Ton
Liefers bedankt sich in seinem Clip mit ironischem Unterton „bei allen Medien unseres Landes, die seit über einem Jahr unermüdlich verantwortungsvoll und mit klarer Haltung dafür sorgen, dass der Alarm genau da bleibt, wo er hingehört, nämlich ganz, ganz oben.“
Richy Müller atmet in seinem Clip abwechselnd in zwei Tüten und kommentiert ironisch: „Wenn jeder die Zwei-Tüten-Atmung benutzen würde, hätten wir schon längst keinen Lockdown mehr. Also bleiben Sie gesund und unterstützen Sie die Corona-Maßnahmen. Ich geh jetzt mal Luft holen.“
In den sozialen Medien stieß die Aktion teilweise auf begeisterte Zustimmung, aber vor allem bei Prominenten auch auf sehr heftige Ablehnung. „Die Schauspieler*innen von #allesdichtmachen können sich ihre Ironie gerne mal tief ins Beatmungsgerät schieben“, twitterte Moderator Tobias Schlegl, der auch Notfallsanitäter ist. Schauspieler Marcus Mittermeier kommentierte: „Niemand hat mich gefragt, ob ich bei #allesdichtmachen mitmachen will. Gott sei Dank!“ Der Pianist Igor Levit twitterte: Die stumpfste Waffe gegen die Pandemie sei „schlechter, bornierter Schrumpfsarkasmus, der letztendlich bloß fader Zynismus ist, der niemandem hilft. Nur spaltet.“
Niggemeier: Alles dicht machen ist „eklige Ironie“
Medienjournalist Stefan Niggemeier vom Onlinemagazin „uebermedien.de“ schrieb von „ekliger Ironie“ und einem „Dammbruch“, der zugleich der „größte Erfolg der Querdenkerszene bisher“ sei. Der Grünen-EU-Abgeordnete Erik Marquardt kritisierte, er finde die Aktion schlecht und „sehe sie als Ausdruck einer zunehmenden Resignation von eigentlich Vernünftigen“.
Weitere prominente Schauspieler mischten sich via Instagram in die Diskussion ein. Elyas M'Barek schrieb: „Mit Zynismus ist doch keinem geholfen.“ Jeder wolle zur Normalität zurückkehren, und das werde auch passieren. Hans-Jochen Wagner nannte die Aktion peinlich. Er verstehe sie nicht, schrieb der Schauspieler, der an Liefers gerichtet fragte: „Das kann doch nicht Dein Ernst sein.“ Christian Ulmen fühlte sich sogar an den rechten Verschwörungserzähler Ken Jebsen erinnert: Dieser „hätte es nicht schöner sagen können“. Nora Tschirner warf den Machern der Clips Handeln aus Langeweile und Zynismus vor.
Heike Makatsch: Das sagt sie zu #allesdichtmachen
Nach ihrem Video-Beitrag bei der Internetaktion #allesdichtmachen hat sich Schauspielerin Heike Makatsch (49) zu Wort gemeldet und sich von „rechtem Gedankengut“ distanziert. „Ich habe durch Kunst und Satire den Weg gewählt, die Veränderung unserer Gesellschaft aufzuzeigen und Raum zu schaffen, für einen kritischen Diskurs“, schrieb sie auf Instagram mit Blick auf ihr Video, in dem sie ironisch die Corona-Politik kommentiert hatte. „Wenn ich damit rechten Demagogen in die Hände gespielt habe, so bereue ich das zutiefst.“ Auch habe sie niemals das Leid der Corona-Erkrankten und ihrer Angehörigen schmälern oder sie mit ihrem Beitrag verletzen wollen. Dazu postete sie den Hashtag #womöglichgescheitert.
„Alles dicht machen“: Liste der beteiligten Schauspieler
Nach Informationen des Portals „T-Online“ sind folgende Schauspieler und Schauspielerinnen an der Aktion #allesdichtmachen beteiligt:
- Pasquale Aleardi
- Tina Maria Aigner
- José Barros
- Gianna Valentina Bauer
- Martin Brambach
- Volker Bruch
- Dietrich Brüggemann
- Jörg Bundschuh
- Joseph Bundschuh
- Samia Dauenhauer
- Nadine Dubois
- Roland Düringer
- Ken Duken
- Christian Ehrich
- Werner Eng
- Ulrike Folkerts
- Inka Friedrich
- Markus Gläser
- Bernd Gnann
- Cem Ali Gültekin
- Nina Gummich
- Felix Klare
- Kea Könneker
- Vicky Krieps
- Jan Josef Liefers
- Alexandra Marinescu
- Maxim Mehmet
- Thorsten Merten
- Wotan Wilke Möhring
- Ben Münchow
- Richy Müller
- Nicholas Ofczarek
- Kathrin Osterode
- Jeana Paraschiva
- Nina Proll
- Claudia Rippe
- Manuel Rubey
- Katharina Schlothauer
- Christine Sommer
- Miriam Stein
- Karoline Teska
- Ulrich Tukur
- Nadja Uhl
- Kostja Ullmann
- Jens Wawrczeck
- Monika Anna Wojtyllo
- Ramin Yazdani
- Hanns Zischler.
Nicht mehr dabei sind und zum Teil distanziert haben sich: Meret Becker, Peri Baumeister, Heike Makatsch, Trystan Pütter.
Marina Weisband kritisiert Aktion mit Video
Die frühere Politikerin der Piratenpartei Marina Weisband hat sich mit einem Video auf Twitter an die Schauspieler der Aktion #allesdichtmachen gewandt. Darin machte sie deutlich, dass die Kritik an den Videos ein Beispiel für die Meinungsfreiheit in Deutschland sei und kein Beleg für deren Niedergang.
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