Der Fall einer 14-Jährigen, die im Kreis Biberach Opfer einer Gruppenvergewaltigung geworden ist, erschüttert. Wie berichtet, wurden zwei Mädchen, 13 und 14 Jahre alt, von fünf Männern mit Alkohol und Drogen willenlos gemacht. Dann kam es laut Polizei zu sexuellen Übergriffen. Die 13-Jährige konnte sich wehren, von ihr ließen die Täter wieder ab. Doch die 14-Jährige wurde von mindestens drei der fünf Männer vergewaltigt. Das 13-jährige Opfer musste das Verbrechen mit ansehen. Es soll sich um schwere sexuelle Übergriffe gehandelt haben.
Der Fall, der sich bereits am 12. November ereignete, aber erst jetzt, nach zweiwöchigen Ermittlungen, von der Staatsanwaltschaft und der Polizei publik gemacht wurde, wirft viele Fragen auf – zumal das Verbrechen auf den ersten Blick kein Einzelfall zu sein scheint:

Wer sind die Verdächtigen im Fall der Vergewaltigung?

In der Untersuchungshaft im Gefängnis sitzen zurzeit:
  • Ein Syrer im Alter von 19 Jahren
  • Ein Syrer im Alter von 20 Jahren
  • Ein Deutscher im Alter von 32-Jahren.
Der Tatvorwurf lautet der Staatsanwaltschaft zufolge im Fall der 14-Jährigen Vergewaltigung in einem besonders schweren Fall. Bei der 13-Jährigen geht es um sexuellen Missbrauch von Kindern.
Gegen zwei weitere Verdächtige, 27 und 34 Jahre alt, wird zurzeit ermittelt. Sie sind aber auf freiem Fuß. Ihre Nationalität nennen die Ermittler nicht.

Gibt es neue Erkenntnisse in dem Fall?

  • Offenbar sind zwei der Beschuldigten keine unbeschriebenen Blätter. Wie Christine Weiss, Erste Staatsanwältin von der zuständigen Staatsanwaltschaft in Ravensburg, berichtet, gibt es zu dem 19-jährigen und dem 32-jährigen Beschuldigten „Vorerkenntnisse“. Details - etwa ob es sich um einschlägige Vorwürfe oder Vorstrafen handelt – konnte Weiss aus rechtlichen Gründen zunächst nicht nennen.
  • Auf die Spur kam die Polizei den Verdächtigen über eines der Opfer: Eines der Mädchen hatte einen der syrischen Beschuldigten über soziale Medien flüchtig gekannt, auf diesem Wege habe man sich dann auch verabredet, berichtet Weiss.
  • Mittels dieses Kontaktes habe die Kriminalpolizei schließlich einen der Verdächtigen und letztlich alle fünf Männer ermitteln können. Am vergangenen Mittwoch wurden die Garage und die Wohnungen der Verächtigen durchsucht, wo Drogen gefunden wurden. Ebenfalls am Mittwoch wurden drei Männer verhaftet.

Warum sind zwei Verdächtige auf freiem Fuß?

Hierzu erläutert Staatsanwältin Christine Weiss, die mögliche Beteiligung der beiden müsse ermittelt werden, es gebe „derzeit nicht genug Anhaltspunkte“ für einen Haftbefehl. Die drei juristischen Voraussetzungen eines Haftbefehls sind:
  • „Dringender Tatverdacht“
  • „Haftgrund“
  • „Verhältnismäßigkeit“

Gibt es Parallelen zu der Vergewaltigung in Ulm an Halloween?

In der Tat gab es am 31. Oktober im Illertal bei Ulm eine ganz ähnliche Gruppenvergewaltigung. An Halloween soll eine ebenfalls erst 14-Jährige von mehreren Asylbewerbern unter Drogen gesetzt und vergewaltigt worden sein. Auch in diesem Fall sitzen drei von fünf Verdächtigen Männern in U-Haft.
Allerdings sagen sowohl die Polizei in Ulm als auch die Staatsanwaltschaft in Ravensburg, dass beide Fälle völlig voneinander getrennt behandelt würden. Das seien zwei verschiedene Sachverhalte, die nichts miteinander zu tun hätten.

Häufen sich Fälle wie die Vergewaltigung in Biberach?

Dieser Eindruck könnte durchaus entstehen. Immerhin gab es bereits im Oktober 2018 in Freiburg eine Gruppenvergewaltigung: Damals sollen acht überwiegend ausländische Männer in einem Gebüsch nahe einer Disco eine 18-Jährige vergewaltigt haben, auch sie soll unter Drogen gestanden haben.
Die Journalistin und Kulturwissenschaftlerin Mithu Sanyal, die unter anderem die sexuellen Übergriffe in der Silvesternacht 2015/2016  in Köln aufgearbeitet hat, sagte im Interview mit dem SWR dazu: „In der medialen Wahrnehmung gibt es definitiv eine Häufung.“ Wenn man aber die Statistiken des Bundeskriminalamts betrachte, welches Sexualverbrechen seit über 30 Jahren erfasst, dann nicht. Abgesehen von ausreißern bleibe die Zahl langfristig relativ konstant.
Sanyal betont: „Wir müssen jetzt nicht Angst haben, auf die Straße oder in eine Disco zu gehen.“ Es sei auch nicht so, dass von Fällen wie dem in Biberach überwiegend ganz junge Frauen oder Minderjährige betroffen seien. Das Problem ziehe sich durch alle Altersgruppen, erklärt Mithu Sanyal.

Was sagt die Statistik zu Sexualstraftaten in der Region?

Das Polizeipräsidium Ulm führt Statistiken für die Landkreise Alb-Donau, Biberach, Göppingen, Heidenheim und die Stadt Ulm. Die Polizeiliche Kriminalstatistik für 2018 verzeichnet gegenüber 2017 eine Zunahme der „Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung“, die Zahl stieg um 81 Fälle von 450 auf 531 Fälle. Das ist ein Anstieg von 18 Prozent. Allein im Kreis Biberach waren es 23 Fälle mehr.
„Die Zahl der Sexualdelikte liegt auf dem höchsten Stand im Zehn-Jahres-Vergleich“, heißt es in der Statistik 2018. Aber: Ende 2016 wurde der Tatbestand der sexuellen Belästigung ins Strafgesetzbuch aufgenommen. Dies und ein geändertes Anzeigeverhalten ließ die Zahlen zuletzt steigen, betont die Polizei weiter.