Anlässlich des bundesweiten Tags des offenen Denkmals am Sonntag war auch in Ulm einiges geboten. Am Vormittag wurde der Aktionstag offiziell von Oberbürgermeister Gunter Czisch, Katrin Schütz (CDU) und Jörg Haspel von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz am Ulmer Münster eröffnet.
Bereits am Samstagabend hatten Events in und um Ulm zahlreiche Besucher angelockt. Insgesamt standen rund 110 Veranstaltungen und Führungen auf dem Programm des Denkmal-Wochenendes. Wir haben ein paar herausgepickt.
Kraan auf der Wilhelmsburg
Was ist das für eine geile Wohlfühl-Scheiße hier“ – drastisch, aber von Herzen kommend, gab Helmut Hattler, Kopf der legendären und weltweit bekannten Ulmer Band Kraan seiner Freude Ausdruck. Darüber, dass die Band nach so vielen Jahren ein Konzert in Ulm gab. An einem ganz besonderen Ort, der Wilhelmsburg. Und vor augenscheinlich vielen Fans aus alten Tagen: Im Schnitt dürfte das Publikum am Samstag gute 60 Jahre alt gewesen sein. Dass diese Altersgruppe länger braucht, um warm zu laufen, ist das eine. Dass sich Band und Publikum erst nach und nach eingroovten, könnte auch daran gelegen haben, dass Kraan erst einmal „neuere Stücke“ von Alben aus den 2000er Jahren spielte. So blieb der Aha-Effekt bei denen aus, die aus nostalgischen Gründen zum Konzert gekommen waren.
Etwa ein 64-Jähriger, der sich an ein Konzert in den 70er Jahren im alten Theater erinnerte, wo er mit den Musikern Konga spielen durfte. „Damals ging so etwas noch.“ Aber auch diesen Fans blieb die Band nichts schuldig und bewies mit Stücken wie „Kraan Arabia“ und dem legendären „Nam Nam“, dass sie sich bereits vor langer Zeit ein Denkmal gesetzt hat.
Scherer-Ensemble im Minnesängersaal
Die an den Fenstern dargestellten Spielleute mit Pauke, Monochord, Violine und Laute gaben diesem ganz besonderen Raum seinen Namen: Minnesängersaal. In dem um 1370 gestaltenen Raum im Reichenauer Hof nahe der Herdbrücke – es handelt sich um eines der letzten erhaltenen Patrizierwohnhäuser der freien Reichsstadt Ulm – finden sich die ältesten Fresken der Stadt: ein seltenes Beispiel weltlicher Wandmalerei des Spätmittelalters. Und ganz angemessen weltlich gab das Scherer Ensemble dort, wo einst sogar ein deutscher Kaiser zu Gast war, am Abend des offenen Denkmals ein Konzert: „Musik und Minne“.
„Resonanzen“: Audiovisuelle Konzertperformance im Münster
Denk mal! Mit audiovisueller Anregung. Im Ulmer Münster konfrontierten sich am Samstagabend 2500 Gäste mit Zeit, Hoffnung und Angst. Bei zwei Vorführungen der Performance „Resonanzen“ wurde das Hauptschiff zur Projektionsfläche: lichtstarke Beamer, sphärische Klänge und tiefgründige Gedanken. Die Berliner Künstler Christian Wittmann, Georg Zeitblom und Rene Liebert zogen ihre Besucher zwei Jahre nach der Premiere wieder in ihren Bann. Mit einer beeindruckenden Stunde zeitgenössischer Kunst.
Dampfmaschine der Münsterbrauerei
112 Jahre ist sie alt, die Dampfmaschine, die einst die Kühltechnik der Münsterbrauerei in Söflingen revolutionierte – am Tag des Denkmals standen eben auch Technik-Denkmäler im Mittelpunkt. Michael Hascher vom Landesamt für Denkmalpflege erklärte die Funktionsweise der MAN-Linde-Maschine, die mit 150 PS und vier Kälte-Kompressoren bis 1952 per Ammoniak-Kühlung eine Million Kilokalorien pro Stunde zur Kellerkühlung erzeugte.
Jugendstilvilla von Richard Riemerschmid
Richard Riemerschmid war ein bedeutender Jugendstil-Architekt. In Ulm hat er im Auftrag des Fabrikanten Max Robert Wieland von 1909 bis 1911 eine Stadtvilla gebaut. Am Sonntag kamen 200 Interessierte in die Frauenstraße, um das Gebäude, das heute im Besitz der Neuen Pressegesellschaft ist, zu besichtigen. Das Kulturdenkmal wird derzeit saniert.
„Pflugmerzler“ - die Traditionsgaststube
Den „Pflugmerzler“ kennt jeder Ulmer: die traditionsreiche Gaststube im Erdgeschoss eines kleinen, verwinkelten Fachwerkhauses in der Pfluggasse, das nach 1800 aus zwei über die Jahrhunderte mehrfach veränderten Häusern zusammengewachsen ist. Nun soll das Gebäude saniert werden: Es soll wieder eine Gaststätte geben und darüber Apartments für gehobene Ansprüche. Der Kunsthistoriker, Bauforscher und Denkmalpfleger Christoph Kleiber ist derzeit dabei, ein bauhistorisches Gutachten zu erstellen.