Nach dem Urteil gegen einen Schweinemäster aus Merklingen hat die Staatsanwaltschaft Ulm Rechtsmittel eingelegt. Der Landwirt war vergangenen Freitag in dem Prozess am Amtsgericht Ulm wegen Vergehen nach dem Tierschutzgesetz zu einer Gefängnisstrafe von drei Jahren verurteilt worden – der Höchststrafe.
Richter Oliver Chama hatte in der Urteilsbegründung von einer „Massentierhölle“ gesprochen, die die Schweine auf dem Hof in Merklingen erleiden mussten. Der Landwirt habe aus Rohheit und ohne Mitgefühl Tieren erhebliche Schmerzen und Leiden zugefügt. Zum ersten Mal sei in der Bundesrepublik wegen Tierquälerei in der Massentierhaltung eine Haftstrafe verhängt worden, hatte Chama ausgeführt. Tierschutz sei nicht irgendetwas für irgendwelche Spinner, sondern im Grundgesetz verankert.
Ohren und Schwänze abgebissen
Der Landwirt hatte wie berichtet in zwei völlig überfüllten Ställen hunderte von Schweinen gehalten. Insgesamt 1420 Tiere waren erlaubt, zeitweise waren es bis zu 600 mehr. Diese entwickelten gravierende Verhaltensstörungen bis hin zu Kannibalismus, bissen sich Ohren und Schwänze ab, kranke und sterbende Tiere waren sich selbst überlassen, Buchten voller Urin und Fäkalien. Die Todesrate unter den Tieren sei extrem hoch gewesen. Durch schlechte Haltebedingungen seien von 2013 bis 2016 insgesamt rund 1600 Tiere gestorben.
Möglicherweise steht nun das Urteil des Ulmer Amtsgerichts auf dem Prüfstand. Die Staatsanwaltschaft, die fristgerecht innerhalb einer Woche Berufung eingelegt hat, werde die schriftliche Urteilsbegründung abwarten und anhand dieser prüfen, ob sie die Berufung „durchziehen“ wird, sagte Oberstaatsanwalt Michael Adamski am Donnerstag auf Nachfrage. „Wir sind von einer anderen tat- und schuldangemessenen Strafe ausgegangen.“
Staatsanwalt Benjamin Lenz hielt in der Verhandlung eine Strafe von zwei Jahren auf Bewährung und eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 50 Euro für den Landwirt für ausreichend – eine Wiederholungsgefahr bestehe nicht. Dem 56-jährigen Landwirt wurde die Betriebserlaubnis entzogen, er darf lebenslang keine Tiere mehr halten.
Corinna Nagel, Verteidigerin des 56-jährigen Landwirts, plädierte für eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und acht Monaten sowie eine Geldstrafe in derselben Höhe.
Fall könnte neu verhandelt werden
Der Staatsanwalt wertete zugunsten des Angeklagten, dass dieser voll geständig und „zeitlebens unbescholten“ war. Zudem sei dieser während einer depressiven Episode von zwei bis drei Monaten vermindert schuldfähig gewesen. „Er sitzt in Büßerstellung vor uns“, sagte Lenz – der Landwirt hatte während der langen Verhandlung nur auf den Boden geblickt. Dieser sei offensichtlich „deutlich betroffen“ und für seine Taten „in der Öffentlichkeit gebrandmarkt“ worden. Staatsanwalt Lenz sprach aber auch von einer rohen und quälerischen Tiermisshandlung seitens des Angeklagten.
Dass die Staatsanwaltschaft Berufung einlegt, sei „nicht so häufig“ der Fall, erklärte Oberstaatsanwalt Adamski weiter. Die Aufgabe seiner Behörde sei es jedoch, das Verfahren so zu begleiten, dass am Ende ein angemessenes Urteil stehe.
Wenn es zum Berufungsverfahren kommt, wird der Fall vor dem Landgericht Ulm erneut verhandelt. Ob auch die Verteidigung Revision oder Berufung einlegen wird, war bis Redaktionsschluss nicht zu erfahren. Die Frist dafür läuft am Freitag um 24 Uhr ab.