Das Szenario ist furchteinflößend. Ein Anschlag in einem voll besetzten Regionalexpress. Dieser rollt gerade von Memmingen nach Ulm, als in dem Zug plötzlich Männer mit Gewehren auftauchen. Schüsse fallen, Panik bricht aus, Menschen werden verletzt. Die Polizei hat es mit einer „dynamischen Einsatzlage“ zu tun. Kürzlich haben die Beamten dies- und jenseits von Donau und Iller erstmals einen solchen Terroranschlag simuliert.
Vier Stunden dauerte die Großübung, an der neben Kräften der Bundespolizei Vertreter der Polizeipräsidien Ulm und Schwaben Süd/West in Kempten teilnahmen, „Das Hauptziel war eine möglichst enge EDV-Vernetzung der beteiligten Behörden – bei einer Einsatzlage, die ihren Ausgang in Bayern hatte und sich schließlich nach Baden-Württemberg verlagerte“, sagt Christian Eckel, Sprecher des Polizeipräsidiums Kempten, das unter anderem für den Landkreis Neu-Ulm zuständig ist.
Die Polizei in Baden-Württemberg und Bayern will vorbereitet sein und sicherstellen, auch bei Terroranschlägen rasch reagieren zu können. Die Behörden in beiden Bundesländern haben eigenen Angaben zufolge – auch vor dem Hintergrund des Anschlags in einem Regionalzug in der Nähe von Würzburg im vergangenen Juli – ihre Zusammenarbeit intensiviert, um für Krisenfälle gewappnet zu sein.
Die Einsatzkräfte setzen bei der Terrorbekämpfung unter anderem auf ihre neue Technik: Schließlich funken die Behörden seit einigen Monaten digital, was den Austausch über Landes- und Zuständigkeitsgrenzen hinweg vereinfacht und deutlich beschleunigt, wie es in einer Mitteilung der Polizei heißt. Bei dynamischen Einsatzlagen sei dies „für die Stabsarbeit ein unschätzbarer Vorteil“. Mehr noch: Eine solche Kooperation sei früher in dieser Form gar nicht möglich gewesen.
Die neue Technik habe sich während des simulierten Terroranschlags bewährt, der Digitalfunk eine direkte Sprechfunkverbindung zwischen allen beteiligten Polizeikräften in Kempten, Ulm und Stuttgart ermöglicht. „Das wäre mit der Analogfunktechnik nicht möglich gewesen“, bestätigt Polizeisprecher Eckel. Er und seine Kollegen sind deshalb überzeugt: Im Ernstfall wären die verantwortlichen Kräfte etwa in der Lage gewesen, grenzüberschreitend den Zugriff einer Spezialeinheit auf den Zug zu koordinieren.
Die Beamten auf beiden Seiten klopfen sich jedenfalls nach der gelungenen Übung auf die Schultern und loben unisono die kollegiale Zusammenarbeit. Das Fazit laut Polizeisprecher: „Wir sind fähig, auch schwierige Sonderlagen zu meistern.“
Zuggäste mit Axt und Messer attackiert
Angriff Am 19. Juli vergangenen Jahres ist in einer Regionalbahn in der Nähe von Würzburg ein Terroranschlag verübt worden. Täter war ein 17-jähriger Flüchtling, der unbegleitet nach Deutschland gekommen war. Er griff mit einer Axt und einem Messer Reisende in dem Zug an und auf seiner Flucht eine Spaziergängerin. Fünf Menschen wurden verletzt, die Polizei erschoss den Angreifer auf der Flucht.
Nach Angaben der Ermittler hatte der Anschlag einen islamistischen Hintergrund. Nach der Tat veröffentlichte der sogenannte „Islamische Staat“ ein Video im Internet mit Bezug auf den Täter.