Verdoppelt sich auf einer viel befahrenen Straße die Zahl der Autos und Lastwagen von 10.000 auf 20.000, erhöht sich der Lärm beziehungsweise Schallpegel von 60 auf 63 Dezibel (dB), also „nur“ um drei dB. Mit diesem Beispiel verdeutlicht Ulrich Willmann, der Leiter Strategische Planung in Ulm, im Umkehrschluss, um wie viel leiser der Verkehrslärm wirkt, wenn dieser Schallpegel durch Lärmschutzmaßnahmen etwa um drei Dezibel gesenkt wird.
Neuer Asphalt und Lärmschutzwand
Eine Verringerung um sogar vier Dezibel wurde beim Monitoring auf dem ersten Abschnitt des Kurt-Schumacher-Rings (Westtangente) zwischen der Einmündung in den Egginger Weg Richtung Schulzentrum und der Einfahrt in die Jörg-Syrlin-Staße errechnet. In dem Bereich hören vor allem Anwohner des Käthe-Kollwitz-Wegs den Verkehrslärm. Gemessen wurden die Lärmpegel, bevor auf dem etwa ein Kilometer langen Abschnitt ein lärmmindernder Asphalt aufgebracht wurde, und danach. Das Ergebnis sei besser als die prognostizierte Effektivität, sagt Willmann. Vier Dezibel seien in der Wirkung sogar mehr als die Halbierung des Verkehrs, um beim oben genannten Beispiel zu bleiben.
Damit auch die übrigen Wohngebiete beziehungsweise Bewohner von dieser Lärmminderung profitieren, soll der restliche Kurt-Schumacher-Ring in den nächsten Jahren entsprechend asphaltiert werden. Der Belag sei aber kein Flüsterasphalt, betont der Planer. Dieses Jahr folgt der südliche Abschnitt von der Einmündung Egginger Weg bis zur Einfahrt in das Wohngebiet Lindenhöhe. 2020 wird die kurze Strecke von der Einmündung Lindenhöhe bis zur Brücke (über die B 311) asphaltiert. 2021 folgt dann der lange nördliche Abschnitt ab Höhe Jörg-Syrlin-Straße bis hin zur Blautalbrücke. Außerdem wird noch geprüft, ob auf diesem letzten Abschnitt zusätzlich auf den vorhandenen Lärmschutzwall eine Lärmschutzwand montiert werden kann.
„Ulmer Welle“ und Tempo 30
Diese Wand mit dem Namen „Ulmer Welle“ hat sich inzwischen an der Johannes-Palm-Straße in Wiblingen bewährt. Sie wurde dort zum Lärmschutz vor der B 30 vor gut einem Jahr in einem kleinen Wald aufgestellt. Denn dieser wellig geschwungene Prototyp besteht aus leichten Einzelelementen, die von Hand platziert und per Erdschrauben im Boden verankert werden. Bäumen und anderen Fixpunkten kann durch Verschwenken ausgewichen werden, deshalb sei der ökologische Eingriff gering, betont der Hersteller.
Auch im nördlichen Bereich Schleifmühleweg soll eventuell schon nächstes Jahr solch eine „Ulmer Welle“ errichtet werden. „Aber wir müssen uns wegen der Bundesstraße erst mit dem Land abstimmen, noch mal die Örtlichkeit anschauen und dann mit der Planung beginnen“, bremst Willman.
Zum Lärmschutz gehören genauso Tempo-30-Straßenabschnitte – zumindest nachts von 22 bis 6 Uhr. Denn eine Reduzierung von Tempo 50 auf Tempo 30 senkt den Lärmpegel nachweislich um drei bis vier Dezibel. Eine neue Verwaltungsvorschrift mit weniger strengen Vorgaben ermöglicht es der Stadt nun, dass die komplette Wagner- und Söflinger Straße (östlich des Theodor-Heuss-Platzes) nachts ruhiger wird. Das war vor fünf Jahren schon geplant gewesen, aber das zuständige Regierungspräsidium Tübingen hatte dann auf einzelnen kurzen Straßenabschnitten die Anordnung von Tempo 30 untersagt, weil dort der nächtliche Grenzwert von 60 Dezibel – das ist etwa die Lautstärke eines Staubsaugers – geringfügig unterschritten worden war. Willmann: Das Gestückel versteht in der Praxis kein Autofahrer, deshalb sei es gut, dass Tempo 30 rechtlich jetzt doch auf der ganzen Strecke möglich ist. „Endlich können wir einen neuen Antrag beim Regierungspräsidium stellen.“
Tempo 30-Zonen zeigen Wirkung
Als 2012 der Ulmer Lärmaktionsplan fortgeschrieben wurde und da weniger Geschwindigkeit weniger Lärm bedeutet, hatte die Stadt zuerst in der Karlstraße, der Zinglerstraße und der König-Wilhelmstraße nachts Tempo 30 eingeführt. Inzwischen halten sich immer mehr Autofahrer an die Höchstgeschwindigkeit. Der Beweis: Die stationäre Geschwindigkeitsmessanlage, sprich der Blitzer, weist aktuell nur noch eine Beanstandungsquote von 2,7 Prozent auf. 2014 waren es noch 4,5 Prozent.
Ähnlich ist die Situation in der Karlstraße: Dort sank die Quote im selben Zeitraum von 4,5 Prozent auf 0,23 Prozent. Berichte von Anwohnern zeigten, dass sich die Wohnsituation in diesen Straßen auch gefühlt deutlich verbessert habe, sagt Willmann.
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In 262 Wohnungen Fenster eingebaut
Programm: Seit Förderbeginn im Jahr 2012 hat die Stadt in ihr Lärmschutzfensterprogramm mehr als 750 000 Euro gesteckt. Bis Oktober vergangenen Jahres konnte seither der Einbau solcher Fenster insbesondere entlang der Lärmbrennpunkte König-Wilhelm-, Zinglerstraße/B 10, Wagner- und Söflinger Straße bei 143 Förderanträgen in 262 Wohnungen gefördert werden. Gute Nachricht: Das Förderprogramm läuft weiter und greift jeweils dort, wo Schutzwände und -wälle nicht möglich sind.