„Außen blank, und innen rein, / muss des Mädchens Busen sein (…), / fleißig, fromm und sittsam sein, / locket wack’re Freier.“ Nein, das von Baron Gottfried van Swieten verfasste Libretto der „Jahreszeiten“ gefiel Joseph Haydn streckenweise ganz und gar nicht. „Ich komponiere kein Fröschequaken!“, soll er erbost ausgerufen haben, als er den Text zum ersten Mal zu Gesicht bekam.
Dass er es dann schließlich doch getan hat, lautstark sogar, steht auf einem anderen Blatt und ist heute Musikgeschichte. Das Deutsche Ärzteorchester und der Deutsche Ärztechor holten diese Geschichte am Samstag bei drückenden Temperaturen in die Gegenwart.

Glutsommer in der Pauluskirche

Alle vier Jahreszeiten, unterbrochen nur von einer kurzen Pause, standen auf dem Programm, gefühlt war es ein einziger langer Glutsommer, der in der Pauluskirche über die Bühne ging und den vielen Musikern und Zuhörern doch spürbar zusetzte. Kein Wunder, dass nicht alle Besucher das ganze „Jahr“ durchhielten, sondern nach der „Sommer-Pause“, aber auch nach dem Herbst, die Kirche erschöpft verließen.
   „Dem Druck erlieget die Natur, / welke Blumen, dürre Wiesen / trock’ne Quellen, alles zeigt / der Hitze Wut (…).“ Vor 200 Jahren haben die Menschen mit diesen Versen sicherlich noch andere Vorstellungen verbunden als wir heutigen. In Zeiten des globalen Klimawandels und der sich mehr und mehr  ausbreitenden Waldbrände können wir gar nicht mehr anders, als solch „flammende“ Botschaften mit ganz anderen Ohren zu hören als Haydns Zeitgenossen damals.

Bravour und sicherer Instinkt

Vielleicht lag genau hierin auch die Stärke der Darbietung, dass es den engagiert aufspielenden Laienmusikern der Ärzteschaft trotz aller wetterbedingten Widrigkeiten gelang, die „Operation Jahreszeiten“ mit Bravour und einem sicheren Instinkt für die – von Haydn mit virtuoser Orchesterpalette meisterhaft „ausgemalten“ – buchstäblichen Knalleffekte (die wilde Jagd im Herbst!) über die Bühne zu bringen und dabei die Herzen der Zuhörer zu erreichen.
    Maßgeblich zum Gelingen trugen die drei Gesangssolisten Katharina Leye (Sopran), Michael Connaire (Tenor) und Konstantin Heintel (Bass) bei, die mit ihren ausdrucksstarken Stimmen den Rezitativen und Arien (besonders berührend: die Winter-Arie des Simon „Erblicke hier, betörter Mensch“ und der Frühlings-Hit „Schon eilet froh der Ackersmann“) ein schönes Profil verliehen. Viel mehr kann man auch von einem Profi-Orchester kaum erwarten. Der herzliche Applaus nach diesen von Dirigent Alexander Mottok souverän geleiteten „Jahreszeiten“ war hoch verdient.