Nach dem dritten publik gewordenen Ulmer Fall von Mieter-Kündigung durch einen Biberacher Immobilienbesitzer sieht die Hausgemeinschaft aus der Böfinger Stauffenbergstraße 30 die Stadt in der Pflicht, zu vermitteln. In einem offenen Brief an Oberbürgermeister Gunter Czisch fordern die Hausbewohner „einen durch die Stadtverwaltung moderierten offenen Dialog in Form eines Runden Tisches mit Vermieter- und Mieterseite“.
Es bestehe ein öffentliches Interesse an einem solchen Dialog, heißt es in dem Schreiben. Zum einen, weil man bei drei innerhalb weniger Wochen ans Tageslicht gekommenen Fällen von Entmietung nicht mehr von Einzelfällen sprechen könne. Zum anderen, weil die vom Vermieter angeführte Behauptung, man schaffe durch die Umwidmung von Wohnungen in WG-Zimmer Wohnraum für „sozial schwache Personen“, an Zynismus nicht zu überbieten sei. Wer sich öffentlich als „sozialer Heilsbringer“ geriere und gleichzeitig langjährigen Mietern die Verträge kündige, müsse seine Intentionen transparent darlegen.
OB Czisch ist skeptisch
Bezüglich der Forderung nach einem Runden Tisch gibt sich Oberbürgermeister Czisch verhalten. Dies mache nur Sinn, wenn der Vermieter freiwillig mitmache und grundsätzlich bereit sei, an der Lage der Mieter etwas zu ändern, heißt es in seinem Antwortschreiben an die Hausgemeinschaft. Überdies müsse die Stadt als Moderator zurückhaltend sein. Erstens, weil sie nicht als „Rechtsberater“ auftreten dürfe, zweitens, „weil wir vermeiden wollen, in der Folge zu unzähligen Runden Tischen als Vermittler geladen zu werden“.
Der Profi-Vermieter hatte Mietern dreier Wohnhäuser in Böfingen, Lehr und in der Innenstadt mit der Begründung gekündigt, künftig deutlich höhere Mieteinnahmen erzielen zu wollen. Deshalb beende er die Mietverträge und vermiete künftig nurmehr einzelne WG-Zimmer zum Stückpreis von 400 bis 500 Euro.
Insbesondere in der Stauffenbergastraße weigert sich die 12-köpfige Mietergemeinschaft – darunter Familien mit kleinen Kindern – auszuziehen. Sie hat Rechtshilfe beim Mieterverein gesucht, der den Bewohnern rät, die Kündigungen zu ignorieren. Auch OB Czisch hatte sich zuletzt in einem Schreiben an den Vermieter vorbehaltlos hinter die Gekündigten gestellt und ans soziale Gewissen des Mannes appelliert.