Steil nach oben. In diese Richtung bewegt sich Katharina Volz. Die Chance, einen Studienplatz an der Elite-Universität Stanford zu bekommen, liegt bei nur 4,8 Prozent; in Harvard ist sie mit 5,2 Prozent auch nicht viel größer. Für die Erbacherin war das kein Hindernis: Sie hat sowohl in Harvard als auch in Stanford studiert. Mehr noch, mit 28 Jahren promovierte die Stammzellenforscherin 2015 an der Elite-Universität Stanford – als erste graduierte Doktorandin des „Stem Cell & Regenerative Medicine PhD program“. Ihre Entdeckung war so außergewöhnlich, dass nicht nur Wissenschaftsjournale über sie berichteten, sondern auch Zeitungen wie der Guardian.
Nun der nächste Riesenerfolg: Das US-Wirtschaftsmagazin Forbes hat Dr. Katharina Volz zu den „30 under 30“ – den 30 wichtigsten Persönlichkeiten unter 30 Jahren – im Bereich Wissenschaft auserkoren. 30 junge Wissenschaftler, die „Neues über unsere Welt entdecken und neue Wege, sie zu retten“. Die Chancen, ausgewählt zu werden, sind laut Forbes verschwindend gering. Von 15 000 Anwärtern in den USA kommen gerade mal 600 in 20 Kategorien – das sind weniger als vier Prozent. Die das schaffen, bezeichnet das Wirtschaftsmagazin als „game changer“, jene, die bahnbrechende Entdeckungen machen, neue Maßstäbe setzen, mit keinem geringeren Ziel als jenem, die Welt zu verändern.
Mentoren oder Betreuer können einen für die Nominierung vorschlagen. Wer in die erste Runde kommt, ist der harten Befragung einer Jury ausgesetzt, darunter „weltweit führende Forscher und Unternehmer“, erklärt Katharina Volz. Dann werde mehr oder weniger solange aussortiert, bis zuletzt die „Forbes-30u30“-Klasse feststeht: „Die Jury wählt gerne Nominierte aus, die in der Vergangenheit einen bedeutenden, großen Durchbruch in der Wissenschaft erzielten und an etwas arbeiten, das die Welt verändern kann“.
Vor rund einem Jahr hat die Wissenschaftlerin ihr Unternehmen gegründet, Standort ist Palo Alto in Kalifornien, „das Herz von Silicon Valley“, 30 Meilen südlich von San Francisco. Wenn Katharina Volz darüber redet, spricht sie nicht von Arbeit, sondern von einer „Mission“. Die Welt verändern, das macht es nicht einfacher: „Es ist meistens sehr schwierig und riskant“, sagt sie. „Sonst würde es ja jeder machen.“
„OccamzRazor“ hat sie ihr Unternehmen genannt, abgeleitet von William von Ockham und einem Forschungsprinzip, das besagt, dass die Antwort, die am wenigsten Annahmen hat, häufig die richtigste ist. Demnach könne man andere Erklärungen eines Phänomens wie mit einem Rasiermesser (razor) einfach entfernen. „Die Rasierklinge ist symbolisch, um durch den Haufen wissenschaftlicher Informationen zu schneiden – mit dem Ziel, die Wahrheit herauszufinden.“ Es gehe darum, die Forschung zu beschleunigen, um zum Beispiel Medikamente gegen Krankheiten schneller entwickeln zu können. Volz: „Wir helfen Forschern, durch die Unmenge von komplexen Informationen zu navigieren. Wir verknüpfen Informationen aus unterschiedlichen Quellen und helfen dadurch Wissenschaftlern, schneller einen Durchbruch bei der Forschung zu erzielen.“ Die Firma hat Pilotprojekte an den Universitäten in Stanford und Harvard, am Massachusetts Institute of Technology (MIT) und bei Biotech-Unternehmen laufen. „Momentan bin ich mit der Produktentwicklung beschäftigt, und damit, Partnerschaften zu schließen. Wir sprechen mit Wissenschaftlern aus der pharmazeutischen Forschung, um unser Produkt ihren Bedürfnissen anzupassen.“
Dass sie nun zu den 30 Auserwählten zählt, nützt ihr beim Aufbau ihrer Firma. Die „30u30-Klasse“ werde eingeladen auf einen Trip mit bekannten Unternehmern und Erfindern. Außerdem gebe es bald noch eine große Presse-Veranstaltung und sie erhalte in diesem Jahr alle mögliche Unterstützung. „Die Nominierung hilft mir natürlich auch, neue interessante Menschen in der Forschung kennenzulernen.“
Was nach glatter Karriere klingt, täuscht. Katharina Volz ist auch eine Außenseiterin – als Frau in diesem Geschäft, als Gründerin eines Forschungsunternehmens. „Als weiblicher Gründer ist es wesentlich schwieriger, eine Finanzierung zu erhalten“, ist ihre Erfahrung. Ihr Erfolg ist das Ergebnis eines hartnäckigen Kampfes. Wenn man in die Statistik schaue, haben es weniger als acht Prozent der Firmen von Frauen geschafft, Beteiligungskapital für die Existenzgründung zu erhalten. Und das nur in bestimmten Bereichen: „Die Gesellschaften, die Risikokapital investieren, geben gerne Geld an Unternehmerinnen mit Schönheits- oder Familienprodukten“, erklärt Katharina Volz. „Ich bin extrem froh, dass ich es schon in diesem frühen Stadium geschafft habe, eine Finanzierung von berühmten Unternehmern und Investment-Firmen zu erhalten, wie zum Beispiel vom langjährigen Geschäftsführer von Thomson Reuters.“
Noch ist „OccamzRazor“ im Aufbau. „Es wird nicht einfach werden, aber ich setze meine ganze Kraft daran, mein Ziel zu erreichen“, sagt die 29-Jährige. „Ich gebe niemals auf und das wissen meine Investoren.“ Trotzdem gebe es in einem Start-up-Unternehmen viele Unbekannte, weil man Neuland betritt. „Es ist immer mit einem Risiko verbunden.“
Nach der Realschule in Ulm Abi gemacht
Werdegang
Katharina Volz ist in Erbach-Dellmensingen geboren, hat die Realschule in Erbach besucht, mit durchschnittlichen Noten. Nach dem Abitur an der Ulmer Valckenburgschule studierte sie Molekulartechnologie in Graz, hatte Forschungsprojekte und Stipendien in den USA und promovierte 2015 in Stanford, mit Bestnote. Sie hatte entdeckt, wie Stammzellen zur Regeneration erkrankter Herzkranzgefäße beitragen können.
Ranglisten
Das US-Wirtschaftsmagazin Forbes ist bekannt für seine jährlichen Ranglisten. Diese gibt es für unter 30-Jährige auch in Kategorien wie Art & Style, Education, Food & Drinks, Media, Music, Energy, Healthcare, Hollywood & Entertainment, Law & Policy.