Der frühere Chef des Großbordells „Paradise“ soll nach dem Willen der Staatsanwaltschaft für fünf Jahre und drei Monate ins Gefängnis. Die Anklage wirft ihm Beihilfe zu Menschenhandel und Zuhälterei sowie Betrug vor. In dem Bordell hätten auch Frauen unter 21 Jahren als Prostituierte gearbeitet. Der 65-Jährige habe dafür die Plattform geboten, sagte der Staatsanwalt am Freitag vor dem Landgericht Stuttgart.
Über Jahre hinweg propagierte der frühere Bordellchef eine angeblich ehrliche und saubere Prostitution. Die Frauen waren nach seinen Angaben selbstständig. Laut Anklage hatten in dem Betrieb aber die Gruppen Hells Angels und United Tribuns das Sagen, die abkassierten. Er habe erlaubt, dass sich die Zuhälter im Bordell aufhalten. Nach außen hin habe der Angeklagte aber auf seine weiße Weste geachtet.
Die Verteidigung des Bordellchefs erklärte, dass dieser die Fehlentwicklung nicht gewollt habe. Er habe die Situation der Frauen verbessern wollen. Seine Anwälte beantragten eine Haftstrafe von vier Jahren und neun Monaten. Mitangeklagt sind der ehemalige Pressesprecher und ein steuerlicher Berater. Alle drei legten Geständnisse ab. Vorausgegangen waren Gespräche zwischen Staatsanwaltschaft, Verteidigung und Gericht über das Strafmaß.
Für den früheren Pressesprecher des Betriebs forderte die Staatsanwaltschaft drei Jahre und drei Monate Haft. Sein Anwalt beantragte drei Jahre Gefängnis.
Die Anklage geht zurück auf eine Razzia im Rockermilieu Ende 2014. Es wurden Großbordelle, Geschäftsräume und Wohnungen in sechs Bundesländern sowie in Österreich, Bosnien und Rumänien durchsucht. Mehrere Beschuldigte, die den United Tribuns oder den Hells Angels zugerechnet wurden, wurden laut Staatsanwalt schon verurteilt, manche zu langen Haftstrafen.
Der frühere Bordellchef warb zudem Geld bei Investoren ein. Außerdem wurden die Gewinnaussichten der Betriebe nach seinen Angaben schöngerechnet. Daran habe der steuerliche Berater mitgewirkt. Gegen ihn beantragte die Ankläger eine 15-monatige Bewährungsstrafe.
Das Urteil in dem Mammutverfahren mit bislang 55 Verhandlungstagen wird am Mittwoch erwartet. Ende Dezember 2018 war bereits der frühere Geschäftsführer des Bordells zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden.