Die Zahl sorgt für Fassungslosigkeit: Das Erdbeben im Südosten der Türkei und dem Norden Syriens forderte bisher mehr als 5000 Menschenleben. Aktuell wird davon ausgegangen, dass die Zahl noch erheblich steigen dürfte. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) könnten bis zu 23 Millionen Menschen in beiden Ländern von den Folgen des Erdbebens betroffen sein. Zuvor teilte die Türkei mit, sie gehe von 13,5 Millionen Betroffenen allein in ihrem Land aus.
Weil gerade Winter ist, wird die Lage umso schlimmer: Kälte, Regen und Schnee erschweren Bergungsmissionen und Hilfsaktionen vor Ort. Am Epizentrum des Bebens in der Provinz Kahramanmaraş wurden gar für den Dienstagabend, 7. Februar, Temperaturen von Minus fünf Grad Celsius angekündigt.
Sammlung an der Kreuzeiche
In Reutlingen regt sich – wie in ganz Deutschland – Hilfe für die Opfer. Gar nicht erst gezögert mit seiner Hilfsbereitschaft hatte Turgay Dogan. Sein Sohn spielt in der U14-Mannschaft des SSV Reutlingen Fußball – und genau diese Verbindung nutzte der 45-jährige Vater schnell, um Hilfe für die Menschen in der Türkei und Syrien auf die Beine zu stellen. Bekannte und Freunde helfen mit, das Ergebnis davon zeigt sich am Dienstag, 7. Februar, am Stadion an der Kreuzeiche in Reutlingen.
Dort können Reutlingerinnen und Reutlinger von 16.45 bis 19.45 Uhr Güter vorbeibringen, die in Kürze in die Türkei gefahren werden sollen. Winterkleidung für Kinder und Babys, Hygieneartikel, Windeln, Babynahrung und Decken sollten darunter sein.
„Wir stehen im Kontakt mit dem türkischen Konsulat und dem Katastrophenschutz“, sagt Dogan im Gespräch mit dieser Zeitung. Währenddessen gehen bei ihm innerhalb von zehn Minuten fünf weitere Anrufe an: allesamt von Menschen aus Reutlingen, die den Erdbebenopfern in der Türkei helfen wollen.
Dass davon ausgegangen wird, dass der Notstand in der Türkei noch eine ganze Zeit lang vorherrschen wird, beschäftigt auch Dogan. Der Reutlinger, der bei Bosch arbeitet, erklärt folgenden Plan: Man könne das Transportwesen nutzen, um zu helfen. Etwa durch LKW, die zwar bestimmte Güter in den Südwesten bringen, aber teilweise auch wieder mit leerem Frachtraum zurück in die Türkei fahren.
Stattdessen könnte man diesen Frachtraum füllen – mit dem, was im türkischen Katastrophengebiet dringend gebraucht wird. Spruchreif sei dieser Plan noch nicht, aber Dogan macht klar, dass er zurzeit mit türkischen Logistikunternehmen, etwa einem, das auch in Heilbronn ansässig ist, in Verbindung steht und das weitere Vorgehen klärt.
Auch im Reutlinger Stadtteil Betzingen werden aktuell Hilfsgüter eingesammelt: Yelay Sahin von der STS - Schweißtechnik & Dienstleistungs GmbH kommt mit dem Verpacken der Sachen, die freiwillige Helfer in der Ferdinand-Lassalle-Straße vorbeibringen, kaum nach. Am wichtigsten seien aktuell Windeln und Babynahrung, die noch bis Donnerstag zum Firmengelände von STS gebracht werden können. „Wir müssen jetzt denen helfen, die kein Dach mehr über dem Kopf haben“, sagt Sahin.
Reutlinger Gastronom vor Ort
Gleiches ist von Onur Sönmez Hasan zu hören. Er muss es wissen, denn am Dienstagmittag war er noch vor Ort im Krisengebiet. Er ist der Betreiber des Reutlinger Clubs Area14. Hasan sagt: „Ich bin Erlebnisgastronom und meiner Branche hat Corona ganz schön zugesetzt. Aber wenn ich das hier sehe: Ganz ehrlich, das sind die richtigen Probleme, die passieren können.“
Die Area14 hat über ein eigens für Spendenzwecke eingerichtetes Konto auf der Online-Plattform Paypal insgesamt rund 5000 Euro eingesammelt. Rund die Hälfte kam von Spenden aus der Region Tübingen und Reutlingen, der Rest aus dem Netzwerk der Erlebnisgastronomie aus dem Südwesten. Auch die Einnahmen des Clubs Pflaumenbaum vom kommenden Samstag aus Reutlingen sollen in die Türkei gehen.
Die Hilfsbereitschaft türkischstämmiger Menschen aus Reutlingen ist laut Onur Sönmez Hasan kein Zufall: „Die Stadt hält zusammen und wir geben jetzt unserem Herkunftsland zurück, was wir können. Es helfen auch viele Menschen aus Deutschland und darauf sind wir stolz. Wir würden es genauso machen.“
So kann aus Reutlingen geholfen werden
Am heutigen Dienstag, 7. Februar, können von 16.45 bis 19.45 Uhr Güter am Stadion an der Kreuzeiche, die in Kürze in die Türkei gefahren werden sollen, vorbeigebracht werden. Winterkleidung für Kinder und Babys, Hygieneartikel, Windeln, Babynahrung und Decken sollten darunter sein. Bis Donnerstag sammelt Yelay Sahin auf dem Betzinger Firmengelände von der STS - Schweißtechnik & Dienstleistungs GmbH Hilfsgüter in der Ferdinand-Lassalle-Straße 32 ein. Der genaue Abgabeort ist ausgeschildert. Wer Geld an das Spendenkonto der Area14 spenden möchte, benutzt am besten folgenden Link: www.paypal.com/donate/?hosted_button_id=KPD85GURSBJLE. Der Zugang findet sich auch unter www.instagram.com/area14_reutlingen_