Baden-Württembergs grün-schwarze Regierungskoalition wird den Antrag der Stadt Reutlingen auf Gründung eines Stadtkreises und damit auf Lösung vom gleichnamigen Landkreis ablehnen. Das geht aus einem gemeinsamen Antrag von Grünen und CDU hervor, den die Regierungsfraktionen kommende Woche im Landtag zur Abstimmung stellen wollen.

„Keine überwiegenden Gründe des öffentlichen Wohls“

Dem Text des Antrags haben Grüne und CDU am Dienstag in ihren Fraktionssitzungen bereits zugestimmt; die Abstimmung im Parlament gilt damit nur noch als Formsache. In dem Antrag heißt es unmissverständlich, dass „nach umfassender Abwägung aller für und gegen eine Gebietsänderung sprechenden entscheidungserheblichen Aspekte keine überwiegenden Gründe des öffentlichen Wohls für eine Erklärung der Stadt Reutlingen zum Stadtkreis sprechen“. Am bestehenden Gebietszuschnitt des Landkreises Reutlingen solle daher festgehalten werden. Der Landtag solle die Stadt und den Landkreis aber „ersuchen“, gemeinsam Möglichkeiten einer besseren kommunalen Zusammenarbeit herauszuarbeiten.
Dabei sollten insbesondere „Möglichkeiten der Aufgabenübertragung auf die Stadt Reutlingen zur Erledigung in eigener Zuständigkeit einschließlich der Übertragung der Finanzverantwortung für diese Aufgaben identifiziert werden, heißt es in dem Antrag weiter. Empfohlen werde dafür ein „moderierter Gesprächsprozess“. Beide Seiten werden ersucht, über die Ergebnisse der Gespräche den Landtag „zu unterrichten“.

Bürgermeisterin warb für Loslösung

Insbesondere die Reutlinger Oberbürgermeisterin Babara Bosch hatte eindringlich für die Loslösung vom Landkreis geworben. Hinter dem Antrag stehe die Überzeugung, „dass kommunale Dienstleistungen so nahe wie irgend möglich beim Bürger erbracht werden müssen“, hatte sie im Juni bei einer Anhörung im Landtag argumentiert. Dabei hatte sie auf ein starkes Stadt-Land-Gefälle innerhalb des Landkreises verwiesen. So gebe es allein zwischen der 116.000-Einwohner-Kommune Reutlingen und der zweitgrößten Stadt Metzingen eine Differenz von 95.000 Einwohnern.
Aufgrund dieser Strukturen habe die Kreispolitik vorrangig den ländlichen Raum im Fokus und nicht die städtischen Belange. Jede andere Stadt im Südwesten mit mehr als 100.000 Einwohnern habe den Status eines Stadtkreises. „Man kann uns nicht verwehren, was anderen zusteht“, gab sich Bosch noch im Juni überzeugt. Gehör fand aber der Reutlinger Landrat Thomas Reumann, der vor einem „Rückfall in ein kleinräumiges Denken zur Wahrung von Partikularinteressen“ gewarnt hatte. Denn die Aufgaben zum Wohle der Menschen könne ein kleiner, finanzschwacher Landkreis und ein kleiner Stadtkreis nicht besser erledigen als dies in der bewährten Struktur der Fall sei.

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