Das Thema Neubaugebiet „Hinter Höfen“ bewegt die Gemeinde, hatte Christel Pahl anfangs betont. „Die einen sind dagegen, andere fragen, wann es endlich losgeht“, so Gönningens Bezirksbürgermeisterin. Stefan Dvorak und Ulrich Wurster, beide vom städtischen Planungs- und Vermessungsamt, erklärten einmal mehr zusammen mit der Bezirksbürgermeisterin die Fakten: Schon 1971 war laut Pahl ein Neubaugebiet in Angrenzung an den Friedhof im Flächennutzungsplan enthalten. 2008 gab es einen ersten Bebauungsentwurf.

41 von 58 Baulücken bebaut

Und: 2011 wurde eine „Baulückenbörse“ in Gönningen durchgeführt – die laut Pahl und Dvorak sehr erfolgreich war: Von 58 gefundenen Lücken konnten bis heute 41 bebaut werden. Und es gehe auch weiter damit, wie Stefan Dvorak nach mehreren Hinweisen aus dem Publikum heraus zu diesem Thema versprach. „41 geschlossene Baulücken, das ist fast die Anzahl der Wohneinheiten, die in ‚Hinter Höfen‘ geplant sind“, so Dvorak. Anfangs waren 88 Wohneinheiten angedacht, nun sind es noch 57. Stefan Dvorak versprach, dass durch die von OB Thomas Keck neu geschaffene Stabsstelle „Wohnbau“ die Themen Leerstände und Innenentwicklung in Gönningen einmal mehr unter die Lupe genommen werde.

Bürger äußern teils heftige Kritik

Zunächst aber ergriffen zahlreiche Gönninger Kritiker von „Hinter Höfen“ das Wort: Birgit Löffler-Dreyer etwa, die sich beschwerte, dass sie bei einer Bürgerbefragung vor zwölf Jahren nicht gefragt worden sei. Und alle in ihrer Nachbarschaft ebenfalls nicht. Und: „In unserem Garten sollen ein Mehrgenerationenhaus und ein Kindergarten entstehen – ich werde meine Zustimmung dazu nicht geben und habe auch einen Anwalt eingeschaltet“, sagte Löffler-Dreyer. Diana Rist hielt sich am Verkehrsgutachten auf, das für ‚Hinter Höfen‘ noch nicht steht. Stefan Dvorak dazu: „Ein Verkehrsgutachten ist ohne Planung auch gar nicht möglich.“ Schließlich müssten die Gutachter ja wissen, was sie untersuchen sollen.
Auch die Erschließungsgebühren für die Anlieger waren Thema an dem Abend: „Wenn Baugebiete neu geschaffen werden, schauen wir danach, dass in großen Gärten auch das Bauen ermöglicht wird – wir haben aber gehört, dass die Anlieger hier das nicht wollen“, sagte Stefan Dvorak. „Und wir haben selbst nicht mit so hohen Erschließungsgebühren gerechnet“, gestand Christel Pahl. Im Gespräch mit den Betroffenen soll da nun nach einer Lösung gesucht werden.

Verkehr stellt Gefahr für Kinder dar

Christine Utecht hatte „das Neubaugebiet als Schlag ins Gesicht“ bezeichnet: „Dadurch würde Gönningen zu einem Vorort wie jeder andere.“ Siegfried Möhrle bemängelte etwas anderes: Im alten Dorf gebe es keinerlei Gehwege, weil die Straßen sehr eng sind. Und dort soll dann die Verkehrserschließung des neuen Gebiets stattfinden und gleichzeitig die Kinder zum Kindergarten laufen? „Das wäre scheißgefährlich“, so Möhrle.
Weitere Themen? Artenschutz. Ansteigendes Grundwasser bei Extremwetterlagen. Die möglicherweise beeinträchtigte Kaltluftschneise. Und natürlich Parkplätze – „ich hoffe, dass die künftige Entwicklung in Richtung weniger Autos geht“, sagte Pahl. Utecht betonte: „Es gibt in Tübingen Baugebiete, in denen gar keine Autos zugelassen sind, auch in Reutlingen könnte man mehr in diese Richtung wagen.“ Klemens Schneider fragte, warum das Gebiet hinter dem Nahkauf in Gönningen nicht alternativ zu „Hinter Höfen“ genutzt werden könnte. Diese Flächen seien auf keinen Fall ausreichend, um genügend Wohnraum zu schaffen, sagte Moritz Randecker.

Einfamilienhäuser unerwünscht

Diana Rist sagte: „Wir verstehen die jungen Leute, die Wohnraum suchen, uns von der BI geht es nicht um unseren schönen Ausblick, sondern um massive Flächenversiegelung.“ Kritisch äußerte sich auch Ira Wallet, der für Bund und Nabu sprach: „Es ist höchste Zeit, mit unserem Boden geizig umzugehen. Einfamilienhäuser sind nicht mehr zeitgemäß, wir brauchen viele Singlewohnungen gerade auch für Senioren.“ Aber: Michael Haug wohnte einst in dem Ort, er würde gerne zurückkommen, „denn ich liebe Gönningen“. Bezahlbare Wohnungen oder gar Häuser seien jedoch nicht zu finden. „Der Zielkonflikt zwischen Bedarf und Möglichkeiten wird hier sehr deutlich“, resümierte Moderator Heinz Gerstlauer. Erstaunt war der Ruhestands-Pfarrer mit Wohnsitz in Gönningen von dem enormen Wissen, das von der BI gezeigt wurde.