In das Übernahme-Wirrwar um den angeschlagenen Beleuchtungshersteller Osram, der auch ein Werk mit 860 Mitarbeitern in Herbrechtingen betreibt, kommt erneut Bewegung: Nach dem Übernahmeangebot der US-Finanzinvestoren Bain Capital und Carlyle hat der Halbleiterkonzern AMS aus Österreich ein zweites Angebot gemacht. Die Osram-Aktie legte daraufhin am Montag gut zehn Prozent zu.
AMS aus Premstetten in der Steiermark will Osram für 38,50 Euro je Aktie oder insgesamt 4,2 Milliarden Euro komplett übernehmen und die beiden Unternehmen zusammenschließen. Osram wird auf dieser Basis mit rund 4,3 Mrd. Euro (Unternehmenswert) bewertet. AMS hatte sich nach einem ersten Angebot Mitte Juli wieder zurückgezogen.
Doch jetzt will der steirische Sensorenhersteller sich den Kaufpreis bei den Banken UBS und HBSC leihen und sich danach über die Ausgabe neuer Aktien 1,5 Milliarden Euro frisches Kapital besorgen. Die LED-Produktion soll von Asien nach Deutschland verlagert werden. AMS erhofft sich durch die Übernahme Synergien in Höhe von 300 Millionen Euro pro Jahr. Man wolle die Transaktion in der ersten Hälfte 2020 abschließe, heißt es.
US-Angebot für Osram abgelehnt
Erst am Freitag hatten der Osram-Großaktionär Allianz und die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) ein Übernahmeangebot der US-Finanzinvestoren Bain Capital und Carlyle abgelehnt. Die Interessenvertretung der Kleinaktionäre hält den gebotenen Preis von 35 Euro je Aktie für zu niedrig.
Aufsichtsrat und Vorstand dagegen empfahlen den Osram-Aktionären, das US-Angebot anzunehmen. Die IG Metall lobte, dass Bain und Carlyle einen Erhalt von Standorten und Arbeitsplätzen zugesagt haben. Die Osram-Aktie legte am Montagvormittag auf knapp 35 Euro zu – das ist der höchste Kurs seit März.
Was das Angebot für das Werk in Herbrechtingen bedeutet
Osram hat den Eingang des Angebots bestätigt und teilt dazu mit: „Nach unserer vorläufigen Einschätzung erscheint das vorgelegte Finanzierungskonzept verbindlich und tragfähig.“ Man habe auf der Basis dieser vorläufigen Beurteilung beschlossen, in Verhandlungen über den Abschluss einer Zusammenschlussvereinbarung (Business Combination Agreement) mit AMS einzutreten.“ Parallel dazu werde die vorgelegte Dokumentation weiter geprüft.
860 Mitarbeiter bei Osram in Herbrechtingen
Die Mitarbeiter von Osram, insbesondere die rund 860 Angestellten in Herbrechtingen, werden die Verhandlungen aufmerksam verfolgen. Immerhin betont Osram in seiner Mitteilung unter anderem: „Der Vorstand legt großen Wert auf angemessene Schutzzusagen für alle wesentlichen Stakeholder, insbesondere die Mitarbeiter des Unternehmens“ (Stakeholder ist ein Fachbegriff aus der Wirtschaft. Er bezeichnet Institutionen oder Personen, die Erwartungen an ein Unternehmen haben, kurz: Anspruchsgruppen).
Außerdem sei dem Vorstand bei der Beurteilung des Angebots von ASM neben Angebotspreis und Finanzierungskonzept auch „ein stabiles Umfeld“ für den weiteren Übergang zu einem halbleiterbasierten Hightech-Photonik-Unternehmen wichtig.
Konzern schreibt seit einiger Zeit rote Zahlen
Osram steht zum Verkauf, weil der Konzern bereits seit einiger Zeit angeschlagen ist, seit vergangenen Herbst schreibt man rote Zahlen. Dies unter anderem, weil die Autohersteller weniger Autos bauen – Osrams wichtigste Kunden sind Auto- und Smartphonehersteller. 24.300 Menschen arbeiten insgesamt im Konzern.
In Herbrechtingen werden traditionell die Autolampen im Bereich Halogen, LED und Laser hergestellt. Die 860 Mitarbeiter dort produzieren jährlich rund 300 Millionen Lampen und Module. Auf insgesamt 30 Fertigungslinien entstehen 220 verschiedene Lampentypen, wie es in einem Imagevideo heißt. Außerdem werden nach Auskunft der Pressestelle in Herbrechtingen Tests durchgeführt. Im Umweltlabor zum Beispiel werden Produkte auf unterschiedliche Umwelteinflüsse wie Temperaturschwankungen in Verbindung mit hoher Luftfeuchtigkeit untersucht.