Gott sei Dank gibt es Handys. Wer Frater Franziskus vom Prämonstratenser-Kloster Roggenburg abends besuchen möchte, ist auf ein Mobiltelefon angewiesen. Eine Klingel für die einzelnen Mitglieder des Konvents existiert am Klostergebäude nicht. Doch ein kurzer Anruf genügt und Frater Franziskus öffnet mit einem freundlichen Lächeln die mächtige Eingangstüre des sanierten Ostflügels.
Von dort geht es direkt in sein Büro im ersten Obergeschoss. Die Einrichtung sagt einiges über den Beruf – oder besser gesagt die Berufung – des 32-Jährigen aus: Direkt neben der Tür steht ein dunkler Jugendstil-Schrank mit Figuren der Heiligen Norbert, Andreas, Franziskus und der Mutter Gottes. „Die können dort zusammen Kaffee trinken“, sagt Frater Franziskus und grinst. Im Regal gegenüber findet sich Literatur über Franz von Assisi, Teresa von Ávila und verschiedene Orden. Zwischen den Büchern ragen zwei Flaschen Gin heraus. Besondere Tropfen für besondere Momente oder Gespräche.
Ganz anders sieht es im Wohn- und Schlafbereich aus: Diesen hat Frater Franziskus auf 30 Quadratmetern einfach und schlicht eingerichtet. Helle Vollholzmöbel treffen auf moderne Wandbilder. Statt religiöser Literatur stehen Krimis im Bücherschrank. „Ich versuche, meinen Beruf von meinem Privatleben strikt zu trennen“, sagt der Prämonstratenser-Chorherr. Seit neun Jahren lebt und arbeitet er in dem barocken Klostergebäude. Und das soll auch so weitergehen. Denn Frater Franziskus ist gekommen, um zu bleiben. Dies unterstrich er im September 2019, als er die Ewige Profess ablegte und sich somit auf Lebenszeit an das Roggenburger Kloster band.
In christlicher Familie aufgewachsen
Nun steht am 5. Mai ein weiteres herausragendes Ereignis an: Der Augsburger Bischof Bertram Meier weiht ihn während eines Gottesdienstes zum katholischen Priester. Um nachvollziehen zu können, warum Frater Franziskus diesen Weg eingeschlagen hat, lohnt sich ein Blick in dessen Kindheit und Jugend. Der gebürtige Günzburger Andreas Schuler – so heißt er mit bürgerlichem Namen – wuchs in Burtenbach (Kreis Günzburg) mit drei Geschwistern in einer christlichen Familie auf. Nach der Erstkommunion fing er in der örtlichen Kirchengemeinde als Ministrant an. „Der Ruhestandsgeistliche Pfarrer Heribert Singer fragte mich schon vor knapp 18 Jahren, ob ich es mir vorstellen könne, Priester zu werden“, erinnert sich Frater Franziskus. 2006 riet ihm der damalige Burtenbacher Primiziant Pater Christoph Maria Kuen OSB (Ordo Sancti Benedicti.), „etwas Soziales und Kirchliches zu machen“. Doch Schuler wollte nach dem Hauptschulabschluss eher einen handwerklichen Beruf ergreifen. „Ich habe mit mir gerungen, in welche Richtung ich gehen soll.“ Der junge Mann entschied sich, auf dem Gymnasium St. Matthias Waldram in Wolfratshausen das Abitur nachzuholen. Auch, um Zeit für die berufliche Orientierung zu gewinnen. Aber bereits im ersten Jahr reifte in ihm die Entscheidung, nach der Schule Theologie zu studieren und anschließend Priester zu werden. Ein klassisches Berufungserlebnis hatte der junge Mann nicht: „Das hat sich nach und nach in Gesprächen mit guten Freunden ergeben“, sagt Frater Franziskus und betont: „Ich habe den Entschluss in aller Freiheit und ohne Druck gefasst.“ Ein Entschluss, den er in den folgenden Jahren auch hinterfragte. Insbesondere nach der Geburt seiner ersten Nichte. „Da hatte ich wieder darüber nachgedacht, einmal selbst eine Familie zu gründen.“
Das Miteinander hat ihm gefallen
Nach dem Abitur musste sich der Burtenbacher wieder entscheiden. Diesmal zwischen verschiedenen Orden. Ein Leben als Diözesanpriester, möglicherweise in einem verlassenen Pfarrhof, schloss er aus. Der erste Kontakt zu den Roggenburger Prämonstratensern erfolgte am 31. Januar 2014. Nach einer Probewoche und vielen Besuchen begann er dort im September 2014 sein Noviziat. „Die Offenherzigkeit der Brüder und das Miteinander haben mir sofort gefallen“, sagt er. Die Reaktionen seines privaten Umfelds fielen unterschiedlich aus: „Manche dachten, ich lebe nun hinter dicken Mauern und bin nicht mehr greifbar.“
Doch schon nach den ersten Wochen in Roggenburg habe sich diese Befürchtung als unbegründet herausgestellt. Knapp neun Jahre nach dem Ordenseintritt steht fest: Frater Franziskus fühlt sich hinter den Klostermauern wohl. Wobei er streng genommen gar nicht so oft dort anzutreffen ist. Als Diakon ist er derzeit in der Pfarreiengemeinschaft Babenhausen tätig, im September beginnt seine Kaplanszeit in Altenstadt. Von dort aus ist er dann relativ schnell in Memmingen, um seinem Eishockey-Lieblingsklub ECDC Memmingen Indians die Daumen zu drücken. Oder in den Bergen, um wandern zu gehen.
Und mittelfristig? Frater Franziskus könnte sich vorstellen, künftig in der Sonderseelsorge mit Behinderten zu arbeiten. Den Schwerpunkt seiner Arbeit sieht er bei allen künftigen Tätigkeiten in der Begleitung seiner Mitmenschen: „Ich möchte nicht nur mit ihnen die Messe feiern, sondern für sie da sein, wenn sie Hilfe benötigen.“
Verbindung zur Heimatgemeinde
Frater Franziskus wird am Freitag, 05. Mai, um 17.30 Uhr in der Roggenburger Klosterkirche zum Priester geweiht. Die Primiz, also die erste heilige Messe des Neupriesters, findet am Sonntag, 7. Mai, um 10 Uhr in Roggenburg statt. Anschließend gibt es ein Pfarrfest im Prälatengarten.
Andreas Schuler hat seinen Ordensnamen nicht in Anlehnung an den aktuellen Papst Franziskus gewählt. Die Wahl solle die Verbindung zu seiner Heimatgemeinde St. Franziskus Burtenbach zum Ausdruck bringen. „Außerdem sind mir schon immer, genauso wie dem Heiligen Franziskus, Umwelt und Tiere sehr wichtig gewesen“, ergänzt Frater Franziskus.