Angelika Diemer wirbelt durch die Räume ihres neuen Etablissements: „Wir haben Chalets, wir haben ein Versace-Zimmer und ein Amazonenzimmer. Die Kunstwerke kommen aus Indonesien.“ Die Geschäftsführerin des Bordellbetriebs mit Stundenhotel, das in der Boschstraße im Gewerbegebiet Neu-Ulm einziehen will, ist im Stress. Sie muss einen Container aus dem Zoll auslösen, „da sind die Teakholz-Massagebänke drin“.
Diemer, 53 Jahre alt, seit mehr als 30 Jahren im Geschäft, hat die Presse eingeladen, um ihre Sicht der Dinge darzustellen. Denn es gibt viel Kritik an ihren Plänen: Nachbarn haben bei der Stadt protestiert, der Hochbau-Ausschuss des Stadtrats hat die Entscheidung über die Änderung der Nutzung – früher waren dort Schulungsräume – verschoben, obwohl die Baugenehmigung rein rechtlich zu erteilen ist. Was Diemer schlaflose Nächte bereitet: Sie hat einen sechsstelligen Betrag investiert.
„Jeder, den es interessiert, wird hier durchgeführt.“
„Ich kann die Gedanken der Menschen, die Angst haben, sehr gut verstehen“, sagt die Geschäftsführerin. Und versichert, dass bei ihr alles seine Ordnung habe: „Es handelt sich hier nicht um Rotlichtkriminalität und Waffenhandel.“ Anstelle von Werbung gibt es einen diskreten Seiteneingang. Eine Bar fehlt ebenso wie Laufkundschaft. Der Betrieb werde ausschließlich von Frauen geführt, ihren Worten nach „Hand in Hand mit der Kripo“.
Alle Damen, die selbstständig arbeiten, seien angemeldet. Die etwa zehn Frauen zahlen Miete für die Zimmer. Kritiker lädt Diemer ein: „Jeder, den es interessiert, wird hier durchgeführt.“ Neben dem Bordellbetrieb und dem Stundenhotel („Da kommen ganz seriöse Paare“) arbeiten auch ausgebildete Masseurinnen vor Ort, „die keine sexuellen Dienstleistungen anbieten“.
Was sagt der Vermieter?
Der 84-jährige Vermieter, der selbst im Haus wohnt, ist auch beim Rundgang dabei. Wie hat er auf Diemers Anfrage reagiert? „Ich hab’ erst gesagt: Das kommt gar nicht in Frage!“ An ihrem alten Standort hat Diemer deshalb gut ein Dutzend Unterschriften ihrer Nachbarn eingesammelt. Dort muss sie ausziehen, weil das Haus verkauft wurde. Der Vermieter ließ sich schließlich überzeugen, auch von seinen Töchtern, die mit ihren Kindern ebenfalls im Haus wohnen, und wirkt zufrieden mit seiner Entscheidung – auch, weil es keinen Publikumsverkehr gibt, wie er sagt.
Studentin aus Ulm
Diemer ist auch als Galeristin tätig und stellt in ihren Räumen aus. „Das hat auch noch keiner gemacht, eine Kunstgalerie im Puff!“, sagt sie und lacht. „Wir wollen uns von den Klischees abheben.“ Die Prostituierten könnten sich die Zimmer aussuchen, die sie anmieten. So würde sich etwa eine Studentin aus Ulm mit ihrer Tätigkeit die Uni finanzieren. Für Frauen auf der Durchreise gibt es Übernachtungs- und Aufenthaltszimmer. Ob wirklich alle Frauen aus eigenem Antrieb tätig sind, dürfte auch für die Geschäftsführerin schwer zu überprüfen sein.
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Lange im Geschäft
Geschäftsführerin Seit 33 Jahren ist Angelika Diemer im Geschäft. Ihren ersten eigenen Betrieb hat sie in Stuttgart gegründet. An ihrem letzten Standort in Neu-Ulm war sie 11 Jahre lang. „Noch gar nie“ habe sie in diesem Geschäft Probleme gehabt, behauptet Diemer. Seit dem vergangenen Jahr hat sie außerdem in Illertissen eine Galerie für indonesische Kunst.