Die Enzian-Seifenfabrik an der Ulmer Straße ist komplett abgerissen. Komplett? Nein, denn ein Teil steht noch.
Es handelt sich um jenen aus Ziegelsteinen gemauerten 160 Jahre alten Teil der Fassade, die der Gemeinderat ebenso als erhaltenswert erachtete wie den alten Fabrikschlot.
Dem ursprünglichen Wunsch, die Fabrik, oder wenigstens Teile davon, zu erhalten, ist die neue Besitzerin des Grundstücks, die Holy AG, also nachgekommen, sonst wäre die Mauer ebenfalls weg.
Hoher sechsstelliger Betrag
Aber der Aufwand ist teuer. Die zehn Meter hohe Mauer zu erhalten, kostet Holy, die auf dem Gelände einen zusammenhängenden Komplex vierer Gebäude (drei- bis fünfstockig) für die Outletcity errichten möchte, eine Menge Geld. Um es etwas genauer zu formulieren: einen Betrag, der im ganz oberen sechsstelligen Bereich liegt.
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Die Mauer, und das ist die statische Herausforderung, kann ohne fremde Hilfe nicht stehen. Auf der gesamten Länge der Mauer wurde ein zwei Meter hoher und ebenso breiter Fundamentbalken aus Beton errichtet. Der verschwindet später im Boden. Zum Friedhof hin haben die Bauspezialisten ein Raumgerüst aus Stahl aufgestellt, das die Fassade hält. Es steht auf einem massiven Betonklotz, Holzelemente auf der anderen Seite werden durch Bohrungen an das Stahlgerüst geschraubt und stabilisieren das ansonsten wackelige Bauwerk.
Das Konstrukt ist freilich nicht von Dauer, wenn die neuen Gebäude stehen, findet die alte Fassade daran Halt, dann kann die Stahlkonstruktion weichen. Das Gebilde aber ist so imposant, dass die Mauer derzeit wahrscheinlich fast so oft fotografiert wird wie die in China. Ein Blickfang ist auch das Netz, das alles umspannt. Es soll Arbeiter vor herabfallenden Steinen schützen, die sich von der Abbruchkante der alten Ziegelsteinmauer immer mal lösen können. Übrigens bleiben nicht nur Kamin und Ziegelsteinfassade erhalten. Die frühere Enzian-Seifenfabrik durchzog eine Dachkonstruktion aus zusammengenieteten Stangen. Die kommen wieder rein.
Eine mit der Mauer in tragischer Weise verbundene Geschichte hat sich am 21. Juni in Südtirol zugetragen. An jenem sonnigen Tag war der zuständige Bauleiter, ein junger Mann aus Hattenhofen, mit seinem Motorrad auf einer Landstraße unterwegs und starb bei einem rätselhaften Sturz ohne Fremdverschulden. Zeugen zufolge fuhr er weder riskant noch zu schnell. Er durfte nicht mal mehr seinen 28. Geburtstag erleben.
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Auf dem Gelände entstehen kleinflächiger Handel, Büros, Praxen und Wohnungen. „Coole Wohnungen“, wie Reutter verspricht.
Was dort gebaut wird
Die ehemalige und inzwischen abgerissene Seifenfabrik Enzian wird durch vier neue Gebäude ersetzt. Eines dockt an den ehemaligen Joop-Tower (Joop ist inzwischen umgezogen) an, eines grenzt am Mühlweg an das verbliebene Backsteingebäude. Ein drittes wird auf der anderen Seite an die alte Fabrikfassade gebaut, und eines steht schließlich an der dann an dieser Stelle renaturierten Erms hin zur Ulmer Straße. Zwischen den Gebäuden und der Erms wird Platz bleiben für eine vier Meter breite Uferpromenade, die sich bis zum neuen Teil der Outletcity auf dem ehemaligen G&V-Areal erstreckt. Die vier neuen Baukörper sind unterschiedlich hoch. Zwei haben drei Geschosse, eines vier, jenes an der Ecke Ulmer Straße/Mühlweg soll fünfgeschossig gebaut werden. Es entstehen Läden (keine Leder- oder Textilwaren), Büros, Gastrobetriebe und ein Biergarten.