Die Wogen der Corona-Krise rütteln auch am stolzen und stabilen Trigema-Schiff. Alle seine Testgeschäfte musste der Burladinger Textilhersteller schließen. Gut 50 Prozent des Absatzes sind plötzlich weggebrochen. Doch der Kapitän des Dampfers, Wolfgang Grupp, hat bereits das Ruder herumgerissen und mit seiner bekannten Innovationskraft und Flexibilität einen neuen Absatzmarkt aufgetan: Die Produktion der in diesen Tagen so stark gefragten Mund- und Nasenschutzmasken läuft bereits auf Hochtouren.

Ziel sind 100.000 ATemschutzmasken pro Woche

„Wir haben am Freitagmorgen mit der Produktion begonnen“, berichtet Trigema-Inhaber Wolfgang Grupp im Gespräch mit der HZ. „Wir hatten schon Aufträge im sechsstelligen Bereich und konnten sofort starten, als der beschichtete Draht für die Nasenbügel aus Holland geliefert worden war.“ Am Freitag und am Samstag habe man dann schon 10.000 Gesichtsmasken hergestellt. „Jetzt“, so Grupp, „werden wir sukzessive auch unsere Zweigwerke in Rangendingen und Altshausen einschalten“. Ziel ist es, bis Ende nächster Woche eine Tageskapazität von 17.000 bis 18.000 Stück zu schaffen, womit eine Wochenkapazität von 100.000 zu erreichen wäre.

Großteil der Produktion auf Corona-Mundschutz umgestellt

So sorgt das Coronavirus dafür, dass Deutschlands größter Freizeitbekleidungshersteller innerhalb weniger Tage einen Großteil seiner Produktion auf den Infektionsschutz umstellt. Sicher: Druckerei, Stickerei, Ausrüstung und Veredelung sind nicht so sehr tangiert, und auch „zugeschnitten sind die Masken schnell“, sagt Grupp. Aber die Konfektion macht im Moment zu 80 Prozent Atemschutzmasken. Fast alle verfügbaren Näherinnen sind in die Herstellung der Schutzbekleidung eingebunden.

Bei Trigema stehen die Telefone nicht mehr still

Seit Medien in ganz Deutschland darüber berichten, dass das Burladinger Unternehmen in die Mundschutzproduktion eingestiegen ist, stehen bei Trigema die Telefone nicht mehr still, und auch im Online-Shop glühen die Drähte. „Allein über online sind schon über 3000 Bestellungen eingegangen“, erzählt Wolfgang Grupp. Das bedeutet: über 30.000 Stück. Denn im Shop werden die Stoffmasken in Zehnerpacks angeboten – für 120 Euro, alternativ zum Binden oder mit Gummi.

Medizin und Pflege zuerst - Weitere Liefertermine nach Ostern

Der immensen Nachfrage ist es geschuldet, dass Trigema nach den ersten eingegangenen bestätigten Bestellungen von 300.000 Stück den weiteren Bestellern aktuell noch keinen Liefertermin nennen kann. „Erst nach Ostern“, so Grupp, „können wir sagen, wann wir liefern können“. Auf der Homepage wird um Verständnis dafür gebeten, dass medizinische und pflegerische Einrichtungen vorrangig beliefert werden.

Erste Mundschutzmasken gingen an BeneVit und Zollernalb-Klinikum

Nachgefragt werden die Trigema-Masken außer von Privatleuten, die ungeschützt eine Corona-Ansteckung fürchten, vor allem von Krankenhäusern und Arztpraxen, aber auch von Kommunen und von Firmen. Die aller­ersten Lieferungen gingen, so Grupp, an das Zollern­alb-Klinikum und an die BeneVit-Gruppe – zwei Einrichtungen, die Trigema mit ihrer Expertise geholfen haben, so schnell wie möglich mit der Produktion beginnen zu können. Aber auch andere Trigema-Stammkunden dürfen darauf vertrauen, bald beliefert zu werden. „Wir wissen, wem wir verpflichtet sind“, betont der Trigema-Chef.

Eine klassische Win-win-Situation in der Corona-Krise

In besonderem Maße verpflichtet sieht sich Wolfgang Grupp der Trigema-Betriebsfamilie, sprich den Arbeitsplätzen seiner rund 1200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Auch deshalb ist er besonders froh, sich mit der Maskenproduktion ein Geschäftsmodell in der Corona-Krise erschlossen zu haben. Es stellt sich mittlerweile als klassische Win-win-Situation dar: Kliniken, Arztpraxen, Pflegeheimen und Betrieben winkt ein Ausweg aus dem akuten Mangel an Infektionsschutzmasken, und Trigema kann seine Produktion in einer Phase auslasten, da die Nachfrage nach dem klassischen Sortiment des Freizeitbekleidungsherstellers einbricht. Wolfgang Grupp formuliert den glücklichen Zusammenhang so: „Ich wollte helfen und kann gleichzeitig eine Riesenchance wahrnehmen“.
Grupp redet da nicht um den heißen Brei herum: „Ohne die Maske“, sagt er, „wäre unsere Produktion nicht voll“. Es sind ja nicht nur die Testgeschäfte, die als Vertriebskanal wegfallen, auch der Online-Verkauf kann einbrechen. „Wenn Sie mit Ihrer Frau zu Hause auf dem Sofa sitzen, dann brauchen Sie kein Polohemd mit neuer Farbe“, macht es der Unternehmer plastisch. Also gilt für die nächste Zeit: Mundschutzproduktion mit Volldampf. Ab sofort übrigens auch samstags – „auf freiwilliger Basis“.

Auch samstags werden Atemmasken bei Trigema genäht

Schon am vergangenen Samstag wurde unter Hochdruck genäht, und die Familie Grupp war selbstverständlich mit im Betrieb. „Ich bin begeistert, wie unsere Leute in dieser schwierigen Situation zusammenhalten“, schwärmt der Chef, der sich mitten in der Corona-Krise in einer Videobotschaft an die Mitarbeiter gewandt und ihnen die Arbeitsplätze garantiert hat. Im Gegenzug verlangt Wolfgang Grupp von seinen Beschäftigten, dass sie selbst ein Höchstmaß an Verantwortung für sich und ihre Mitmenschen übernehmen: Abstand wahren, Hygienevorschriften einhalten – „halt alles das, was auch Frau Merkel gesagt hat“.

Schutz vor Coronavirus bei Trigema - Arbeitsplätze auf Abstand

Flexibilität gehört auch zu den Anforderungen, die an die Belegschaft gestellt werden. Um die Distanzgebote einhalten zu können, wurde bei Trigema auf einen echten Zwei-Schicht-Betrieb umgestellt. Das heißt: Die einen müssen früher anfangen, die anderen später aufhören. In den Werken wurden die Arbeitsplätze entzerrt. „Wir haben jeden zweiten Arbeitsplatz rausgenommen, so dass nun zwei Meter Abstand dazwischen liegen“, berichtet Grupp.
So sind bei Trigema also die Weichen gestellt, um möglichst unbeschadet durch die Corona-Krise zu kommen. Und wenn sich die Gesamtlage irgendwann wieder normalisiert? „Dann“, so Grupp, „fahre ich die Maskenproduktion wieder zurück. Wir sind schließlich Produzent von Sport- und Freizeitbekleidung.“

Interaktive Corona-Echtzeitkarte: Aktuelle Zahlen zu Infektionen und Toten

Damit ihr in der Corona-Krise auf dem aktuellen Stand bleibt, findet ihr im unten stehenden Artikel eine interaktive Echtzeitkarte. In dieser könnt ihr euch jederzeit die neuesten Zahlen zu den Infizierten und Toten in ganz Deutschland ansehen.