Schluss mit Bitten und Empfehlungen: Weil manche Veranstalter noch nicht kapiert haben, was die Stunde geschlagen hat, geht die Stadt Hechingen in Sachen Corona-Prävention jetzt ganz rigoros vor: Ab sofort und zunächst bis zum 30. April werden keine Veranstaltungen ab 75 Teilnehmern mehr geduldet. Im Einzelfall werden auch Veranstaltungen mit geringerer Teilnehmerzahl verboten – zum Beispiel wenn überwiegend älteres Publikum zu erwarten ist oder beengte Verhältnisse herrschen. Dies gilt zunächst bindend für öffentliche Veranstaltungen, droht demnächst aber auch Gastronomen und privaten Veranstaltern.
Auch Vereinsversammlungen werden nicht mehr geduldet
Die Gruppe der Betroffenen reicht vom Hechinger Tennisclub und vom TSV Boll, die heute Abend ihre Jahreshauptversammlungen vermutlich abblasen müssen, über die Initiative Alte Synagoge, die den Vortragsabend mit der Staatsministerin Annette Widmann-Mauz am kommenden Mittwoch zu stornieren hat, über die Agentur X-Events, deren Hechinger Kneipennacht am 28. März platzt, bis zur FV Friedrichstraße, die die Vorbereitungen für ihr internationales Jugendfußballturnier am 18. April sofort stoppen kann. Auch der Hechinger Nabu darf seine Mitgliederversammlung am 26. März nicht abhalten.
Die Stadtverwaltung operiert dabei zum einen mit einer Allgemeinverfügung auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes, die am Donnerstag, 12. März erlassen wurde und „die Durchführung von öffentlichen Veranstaltungen mit einer Teilnehmerzahl ab 75 Teilnehmern untersagt“. Zum anderen verhängt das Rathaus behördliche Einzelverfügungen.
Wer sich wehrt, muss mit Versiegelung der Türen rechnen
Verbunden sind die Verfügungen mit der „Androhung unmittelbaren Zwangs bei Nichtbeachtung“. Das heißt im Klartext: Sollte ein Veranstalter das Verbot missachten, so kann die Stadt die Zugangstüren des Versammlungsortes versiegeln, um die Veranstaltung zu verhindern.
Zur Begründung wird die dynamische und immer weiter zugespitzte Coronavirus-Lage ins Feld geführt . „Regelungen betreffend die Gastronomie und private Veranstaltungen bleiben vorbehalten“, heißt es weiter. Das bedeutet: Wer demnächst seinen runden Geburtstag oder seine Hochzeit im Saal seiner Lieblingskneipe oder in einer Hechinger Festhalle feiern will und mehr als 75 Gäste erwartet, muss damit rechnen, dass er die Feier knicken kann. Auch Firmenmessen und größere schulische Veranstaltungen werden in naher Zukunft nicht mehr geduldet.
Urlaubssperre für alle Beamte und Fachbereichsleiter
Die Stadtverwaltung überzieht im Angesicht der galoppierenden Epidemie aber nicht nur die Bürgerschaft mit Zumutungen, sondern schont auch sich selbst nicht. Um die Funktionsfähigkeit kritischer Infrastruktur unter allen Umständen zu gewährleisten – von der Trinkwasser- und Stromversorgung bis zur Abwasserentsorgung – hat Bürgermeister Philipp Hahn eine Urlaubssperre verhängt, die alle Fachbereichsleiter und Beamtinnen und Beamte der Kernverwaltung und alle Mitarbeiter der städtischen Eigenbetrieb betrifft – und die zunächst bis zum 9. April reicht.
Bürgermeister storniert Osterurlaub
Erster Betroffener ist Reinhold Dieringer. Der Betriebsleiter der Hechinger Stadtwerke muss auf dienstliche Anweisung des Bürgermeisters seinen seit Monaten gebuchten Karibik-Urlaub stornieren, den er nächste Woche antreten wollte. Philipp Hahn machte ihm klar, dass der Chef der städtischen Eigenbetriebe in der derzeitigen kritischen Lage unverzichtbar ist. Dringend vor Ort gebraucht wird freilich auch der Rathauschef selbst. Hahn hat deshalb nach Rücksprache mit Landrat Günther-Martin Pauli seinen Osterurlaub storniert, der ihn nach Hintertux unmittelbar an die italienische Grenze führen sollte.