Es ist Freitagabend, kurz nach halb sechs. Die letzten Besucher müssten um diese Zeit eigentlich längst weg sein, die Tore des Alten Schlosses fest verriegelt. Eigentlich. Denn an diesem Abend ist alles anders. Rund zwei Dutzend Besucher haben sich im Foyer versammelt, um das zu erleben, was Hollywood mit dem Film „Nachts im Museum“ vorgemacht hat: einmal bei Dunkelheit durch die Ausstellungsräume flanieren, die besondere Atmosphäre in sich aufnehmen und die jahrhundertealten Exponate in ganz neuem Licht sehen – nämlich im Schein der Taschenlampen.

Da gibt es eine Menge zu entdecken

Es muss dabei ja nicht gleich so weit kommen wie im Film, in dem die Ausstellungsobjekte zum Leben erwachen. Was das im Hohenzollerischen Landesmuseum bedeuten würde? Na, dass der eine oder andere Hechinger Fürst aus seinem Gemälde klettert, man allerlei Heiligen, die tagsüber zu Skulpturen erstarrt sind, die Hände schütteln und der altehrwürdigen Hoffaktorin Madame Kaulla persönlich seine Aufwartung machen könnte. Hollywood macht so was möglich, im Alten Schloss in Hechingen bleibt es nachts dagegen ruhig. Doch auch wenn die Exponate leblos auf ihren Podesten und in den Vitrinen verharren, gibt es auf dem in Dunkelheit gehüllten Rundgang mit Museumsleiter David Hendel eine ganze Menge zu entdecken. „Man weiß nie, was sich in dem alten Gemäuer so alles verbirgt“, deutet Hendel zu Beginn der Sonderführung geheimnisvoll an. „Wir gehen heute dahin, wo sonst kein Besucher hinkommt“, verspricht er.
Nicht nur für die Kinder, die mit ihren Taschenlampen eifrig voranlaufen und den Weg beleuchten, beginnt an dieser Stelle eine spannende Entdeckungsreise, die vom Gewölbekeller bis unter den Dachstuhl führt.
Lichtkegel wandern unruhig durch die dunklen Räume, unter den Füßen knarrt das Parkett. Die Teilnehmer sind angewiesen, eng beieinander zu bleiben und sich behutsam zu bewegen, schließlich stehen rundum wertvolle Objekte. Wie diese gesichert sind und welche modernen technischen Finessen genutzt werden, um die historischen Stücke bestmöglich zu konservieren, erklärt Hendel ebenso anschaulich wie die Geschichte des 2005 generalsanierten Alten Schlosses.

Der Gruselfaktor kommt nicht zu kurz

Passend zum nächtlichen Ambiente der Führung lenkt der Museumsleiter die Aufmerksamkeit der Besucher auf Details, die normalerweise nicht im Mittelpunkt des Interesses stehen. Auch der Gruselfaktor soll dabei nicht zu kurz kommen, und wenn man sich die Portraits der längst verblichenen Adeligen im Schein der Lampen ansieht, muss man tatsächlich zugeben: Bei Nacht wirken die Herrschaften zum Teil ganz schön schaurig. „War das ein schlechter Maler, oder haben die wirklich so ausgesehen?“, fragt sich eine Teilnehmerin. Auch die jüngsten Besucher wollen ganz viel wissen: „Was versteckt sich hinter dieser Tür?“ oder „Wohnen hier auch Fledermäuse?“ David Hendel beantwortet geduldig alle Fragen und betont: „Auch für mich gibt es hier immer noch Neues zu entdecken.“

Laugengebäck zwischen Folterinstrumenten

Bevor der Weg weiter führt, wartet eine kulinarische Überraschung: Mitten zwischen Heiligenfiguren und Folterinstrumenten dürfen sich die Besucher mit Laugengebäck stärken und dazu Weine und Fruchtsäfte der Hechinger Mosterei Wetzel verkosten. Anschließend geht es die Stiegen hinauf zu den Depots. „Hier herrscht eine konstante Temperatur von etwa 20 Grad, die Luftfeuchtigkeit beträgt 55 Prozent“, erklärt Hendel. Beste Bedingungen für die vielen Objekte aus ganz Hohenzollern, die hier lagern. Im Dachstuhl, dessen Holzbalken aus dem 17. Jahrhundert stammen, endet die Führung. Und wer weiß: Vielleicht erwacht das eine oder andere Exponat in dieser Nacht doch noch zum Leben. Aber erst dann, wenn der letzte Besucher gegangen ist und es ganz dunkel wird im Museum.

Info Wie die erste Auflage ist auch die nächste Taschenlampenführung, die am Samstag, 18. Januar, um 17.30 Uhr im Hohenzollerischen Landesmuseum stattfindet, bereits ausgebucht.

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