Der goldene Herbst mit sommerlichen Temperaturen und Sonnenschein zieht die Menschen ins Freie. Ein Picknick am Barbarossa-See in der Mittagspause kommt da wie gerufen. Der Weg über das frisch gemähte Gras verheißt Idylle pur. Vögel zwitschern, es ist warm und ruhig. Wäre da nicht das bunte und fallende Herbstlaub, es könnte Sommer sein. Doch kaum sind die Leckereien ausgepackt, röhrt es los. Kein Hirsch, sondern ein Mitarbeiter der Stadt, der den nahen Kinderspielplatz vom Laub befreit. Lautstark. Er selber trägt Kopfhörer, aber die drei ruhesuchenden Picknicker hören kaum noch ihr eigenes Kauen. Zur Verstärkung taucht dann noch das Mähfahrzeug auf der Nachbarwiese auf und gibt sein Gebrumm zum Besten. Aber das schöne Wetter lässt den Groll bald verschwinden und die Störenfriede auch.
Am Uferbereich des Barbarossa-Sees raschelt es. Ein neugieriger Blick mit gerecktem Hals zeigt: Es ist eine Ratte. Und die kommen selten allein. Eine Zweite folgt dem Kameraden nach und sie verschwinden rennend im Ufergras. Auf dem See paddeln einige Enten. Einige schlafen, andere putzen sich. Sie wirken gelangweilt. Das Sonnenlicht lässt das Gefieder der Männchen von blau über grün bis violett schimmern. Wir umrunden den See und schauen den Enten beim Nichtstun zu. Dann kommt Leben in die Gruppe. Geschnatter brandet auf und wird immer lauter. Ein Mann nähert sich, mit einer Tüte in der Hand. Die Enten stürzen in seine Richtung. Sie paddeln wie verrückt, andere legen sogar einen kurzen Flugsprint zurück. Dann fliegen schon die Brotstückchen. Die Enten zanken sich, hacken sich gegenseitig und futtern, als ob es nie wieder etwas geben würde. Eine Ente würgt mit Gewalt einen viel zu großen Brocken runter und muss erst mal nachspülen.
Dann raschelt auf einmal das hohe Ufergras und aufgeregtes Gequake ist zu hören. Einige Enten nehmen Kurs auf die Böschung auf und sehen nach, was da los ist. Heraus schwimmt eine weibliche Ente gefolgt von zwei Männchen. Sie scheinen sich um das Weib zu streiten, denn der eine Erpel verfolgt den anderen, schnappt nach ihm, versucht ihn unter Wasser zu drücken, fliegt ihm sogar nach und schimpft dabei ununterbrochen. Der andere versucht wegzutauchen, wird aber immer weiter verfolgt. Dann landen beide und putzen sich hektisch, tauchen unter und reinigen sich – es wirkt wie ein Waschzwang. Dann kehrt Ruhe ein. Einige Enten steuern das Ufer an und suchen sich unter einem Baum ein schattiges Plätzchen zum Ausruhen.
Dann taucht etwas im See auf. Ist es ein Ast? Eher nicht, denn der würde nicht tauchen. Als das Tier näher kommt zeigt sich, es ist eine Schildkröte. Sie paddelt ganz langsam durch das braune Wasser, reckt den Kopf empor und steuert das Ufer an. Eine zweite wird sichtbar. Um heimische Tiere handelt es sich nicht. Nach einigen Runden um den See treffen wir die Schildkröte am Ufer wieder: Sie sonnt sich auf einem Stein und genießt offenbar wie wir das schöne Wetter.
Eine Anwohnerin kommt dazu und erzählt, dass sie fast jeden Tag am See spazieren gehe und hier vier Schildkröten leben, eine davon besonders groß. Als es kalt wurde, waren sie verschwunden, um sich für den Winterschlaf bereit zu machen, aber die Sonne hat sie wieder hervorgelockt. Auch wir recken die Köpfe ins Licht und laden unsere Akkus auf.