„Ich bin dankbar für ein glückliches Leben und hätte das alles ohne meine Frau nicht geschafft.“ Dieses Resümee zog Ermbrecht Frentzel-Beyme im September 2018 anlässlich seines 90. Geburtstags.
25 Jahre lang, von 1966 bis 1991, war Frentzel-Beyme Leiter des Göppinger Kulturamts, bis 1974 auch Leiter der Göppinger Volkshochschule. Zahlreiche Konzert- und Theatergastspiele sowie Kunstausstellungen hat er initiiert und verantwortet. Mit der Gründung der Jugendmusikschule 1972, die er bis 1991 leitete, ist sein Name bis heute verbunden.
Flucht aus der DDR
Doch wie kam Ermbrecht Frentzel-Beyme überhaupt nach Göppingen? Geboren 1928 in Königsberg, teilte er das Schicksal von Millionen Heimatvertriebener. Auf eine Ausbildung als Musikalienhändler folgte ein Musikstudium in Halle/Saale (Klavier und Komposition). Nach seiner Flucht in den Westen war er zunächst Klavierdozent an der Musikhochschule Hannover, dann Prokurist einer Klavierhandelsfirma und Mitarbeiter einer großen Konzertdirektion – alles zusammen beste Voraussetzungen für eine neue zentrale Kulturstelle, wie sie ihn in Göppingen lockte.
Ins Gedächtnis der Stadt eingebrannt haben sich in der Folge unzählige kulturelle Höhepunkte, die Frentzel-Beyme vor allem in der Meisterkonzertreihe des Kulturkreises feiern konnte: Voraussetzungen dafür waren sein enormes Fachwissen und seine Professionalität, mit der er etwa dafür sorgte, dass die Stadt früh einen hochwertigen Flügel anschaffte. Aber auch seine exzellenten Verbindungen sowie „seine kenntnisreiche Verhandlungszähigkeit“, die ihm der frühere Bürgermeister Jürgen Lämmle bescheinigte, waren wichtig.
So konnte er, mit dem Finanzpolster von mehr als 400 Mitgliedern im Rücken, „Weltniveau zu Kleinstadtpreisen“ schaffen, wie Dr. Ulrich Schwab vom Kulturkreis Göppingen es einmal ausdrückte.
Bald war die internationale Pianisten-Elite in der Stadthalle zu hören: ein Christoph Eschenbach, ein Bruno Leonardo Gelber, ein Christian Zacharias und ein Alfred Brendel, der später, so Frentzel-Beyme, „keine freien Termine für Städte unserer Größenordnung“ mehr hatte. Und auch klangvolle Orchester waren zu Gast: Das Stuttgarter Kammerorchester unter Karl Münchinger spielte ebenso in Göppingen wie das Südfunk-Sinfonieorchester unter Sergiu Celibidache.
Hilfe für Wiener Sängerknaben
In eher unliebsamer Erinnerung blieb Frentzel-Beyme hingegen das Weihnachtskonzert 1972 mit den Wiener Sängerknaben, die nach langer Konzert-Tournee völlig „ausgesungen“ in Göppingen Station machten. Deren Honorar überwies Frentzel-Beyme dann auch mit der Bemerkung „Entwicklungshilfe für den Chor“, was die Beziehung zur entsprechenden Salzburger Agentur doch erheblich trübte.
Insgesamt aber galt in den 70er und 80er Jahren das Wort von Musikkritiker Hans Herdeg, der über die Meisterkonzertreihe und ihren Vorsitzenden urteilte: „Die Reihe der Meisterkonzerte erreichte unter anderem durch das ‚professionelle Management’ seines Vereins in relativ kurzer Zeit internationales Niveau, das dem Vergleich mit anderen, größeren Städten durchaus standhielt.“
1991 wurde Frentzel-Beyme als Kulturamtsleiter verabschiedet, neun Jahre später gab er den Vorsitz des Göppinger Kulturkreises ab, deren Ehrenvorsitzender er wurde. Und er blieb Göppingen treu: So gab er weiterhin in den Seniorenheimen der Wilhelmshilfe Klavierabende, brachte dort Meisterwerke der Klassik und Romantik zu Gehör und erläuterte sie allgemein verständlich. Er war Stiftungsrat der Stiftung Helmut Baumann und gehörte seit 1974 dem Rotary Club Göppingen an, dessen Präsident er 1991/92 war.
Bis ins hohe Alter blieb er bei guter Gesundheit, seinen 90. Geburtstag feierte er, wie Annerose Fischer-Bucher zu diesem Anlass schrieb, „in enormer geistiger Beweglichkeit“. Noch mit über 90 nahm er rege am Göppinger Kulturleben teil, besuchte Meisterkonzerte, brachte sein großes Wissen und seinen großen Schatz an Anekdoten ein. „Er war die Institution in Göppingen, ein Mann der alten Schule“, sagt Gerald Buß über seinen Vorgänger als Kulturkreisvorsitzender.
Ende Februar wurde Ermbrecht Frentzel-Beyme wegen einer schweren Krankheit in die Klinik am Eichert eingeliefert, wo er am Freitag starb. Er wird nicht nur den Menschen, die ihn, seine Expertise, den Enthusiasmus und seinen Humor kennenlernen durften, er wird auch der Göppinger Kulturszene fehlen.