Bereits seit einer Woche sind viele Geschäfte aufgrund der vom Land verfügten Einschränkungen geschlossen. Schon jetzt befindet sich der Göppinger Einzelhandel in einer überaus kritischen Situation, heißt es aus der Branche. Die Kollektion für Frühjahr und Sommer sei im Februar und März ausgeliefert und teils auf Kredit finanziert worden. Doch nachdem die Umsätze bereits Anfang des Monats um 40 bis 60 Prozent gesunken waren, gibt es inzwischen kaum noch Verkäufe.
Viele Angestellte wurden in „Kurzarbeit Null“ geschickt. Ob sie je wieder anfangen können, steht wirtschaftlich in den Sternen. „Wir wünschen uns finanzielle Programme, die schnell umsetzbar sind und nicht nur als Kredit ausgezahlt werden“, sagt zum Beispiel Klaus Rollmann von der Firma Orthopädie Schuhtechnik Rollmann, die am Standort Holzheim 50 Mitarbeiter beschäftigt.
Partner und Kuriere gesucht: „Kaufregal.de“ und „Göppingen:liefert“
Gleichzeitig setzen die Kaufleute aber auch auf Selbsthilfe. Da die meisten Ladengeschäfte nicht öffnen dürfen, entstand quasi über Nacht die Online-Plattform www.kaufregal.de, eine Kooperation der beiden regionalen Unternehmen Stauferdigital und der südflügel werbeagentur. Gleichzeitig gibt es mit „Göppingen:liefert“ eine neue Initiative zur „Wiedereröffnung“ diverser Geschäfte in virtueller Form.
In Corona-Zeiten, aber auch darüber hinaus, möchte die neue Regio-Plattform Anbietern wie Buchhandlungen, Blumenläden, Hofläden, Dorfläden, Accessoire-Läden, Bäckern, Metzgern und anderen ermöglichen, ihre Angebote online zu stellen und für jeden bestellbar zu machen. Zudem sollen Göppinger Restaurants Speisen zum Verzehr zu Hause anbieten können. Die Lieferung geschieht über bestehende und auszubauende Netzwerke von Fahrrad und Auto-Kurieren. Dahinter steht die Digital-Agentur GFE Media GmbH. Im Rahmen des Projekts werden derzeit auch neue Mitarbeiter für die Auslieferung gesucht.
Schuh-Auswahl zusammenstellen lassen, Angebote für Waschmaschine einholen
Rollmann weist darauf hin, dass auf telefonische Anfrage in Fachgeschäften zum Beispiel auch ohne Beratung vor Ort eine Schuh- oder Kleidungsauswahl zusammengestellt werden könne, die man persönlich abholen oder liefern lassen könne. Was nicht gefällt, wird einfach zurückgegeben. Ähnlich möglich sei dies etwa mit Haushaltsgeräten wie Fernsehern oder Waschmaschinen, die durchaus individuell vom Elektriker oder Händler per Mail angeboten, geliefert und installiert werden könnten, während große Konkurrenten oftmals ihren Service eingestellt oder stark zurückgeschraubt hätten.
Service und Kundendienst läuft weiter
Das betont auch Mathias Marzini von EP: Marzini: „Mein Geschäft ist geschlossen, aber es ist mir trotzdem möglich, Service und Kundendienst anzubieten oder per Online-Shop Produktbestellungen für Kunden auszuführen. Ich befürchte aber, dass dies vielen Endverbrauchern nicht bewusst oder bekannt ist“, meint der Unternehmer, der seine Techniker nach wie vor in Häuser und Wohnungen schicken darf.
Kritik an der Göppinger Stadtverwaltung
Kritik von der Grünen-Gemeinderatsfraktion und vom Marketing-Verein „Göppinger City“ weist die Stadt unterdessen zurück. Die Vorsitzende des Marketingvereins, Stefanie Kremer, hatte bemängelt, dass eine traditionsreiche Samenhandlung erst nach einer Beschwerde wieder öffnen durfte, während gleichzeitig ein großes neues Gartencenter zum Sonntagsverkauf lud. Gärtnereien, Gartenbaumärkte und Tierbedarfhandel seien laut Corona-Verordnung erlaubt, Blumenläden, also Floristen, hingegen ausdrücklich untersagt, betonte Olaf Hinrichsen, Pressesprecher der Stadt. Für Mischsortimente gibt es seit Montag 0 Uhr im Übrigen eine Änderung. Drogerie- oder Supermärkte dürfen zum Beispiel keine Schreibwaren mehr anbieten und haben unzulässige Bereiche inzwischen für den Kundenverkehr gesperrt.