Zwei Jahre warten sind für einen Sportler lange. Insbesondere dann, wenn man als Profi davon lebt. Umso mehr freut sich deshalb ­Janosch Kowalczyk auf den Samstag. Der Stuttgarter Trail-Running-Profi wird am 28. Mai um 9 Uhr mit 200 anderen auf die 57 Kilometer lange Halbtraum-Strecke gehen. Zu dem Zeitpunkt sind die knapp 100 Ultraläufer, die die 115 Kilometer lange „Alb-Traum100“-Strecke auf dem Albtraufgänger-Wanderweg bewältigen wollen, schon fünf Stunden unterwegs.

Veranstalter: „Benefiz-Ultralauf hat sich in der Szene etabliert“

Nach zwei Jahren Pandemie-­Pause sei das Interesse an dem Lauf ungebrochen, teilt der Veranstalter, der Geislinger Verein „Alb-Traum100“, mit. Etwas mehr als 300 Anmeldungen seien für die beiden Distanzen eingegangen. Der Benefiz-Ultra-Trail auf dem Albtraufgänger habe sich in der Szene trotz Unterbrechung etabliert.
Dabei sind beide Strecken beileibe kein Pappenstiel: Die 115 Kilometer mit 3400 Höhenmetern sind den ganz Ausdauernden vorbehalten. Knapp zwölf Stunden hatte Manuel Schmied 2019 für die Strecke benötigt. Schneller war bisher niemand. Am Samstag ist Schmied wieder am Start, ebenso wie der Donzdorfer Uli Calmbach, der 2018 gewonnen hatte. Für alle anderen steht die doppelte Zeit bis Sonntagfrüh um 4 Uhr zur Verfügung. Unter den 15 Starterinnen wagt sich auch Katja Kust an die lange Distanz. Die Geislingerin, die 2018 die Erstauflage des Halbtraums gewinnen konnte, fiebert dem Start vor ihrer Haustür entgegen.

Gehöriger Respekt vor der Strecke und den Höhenmetern

Die Halbtraum-Strecke mit 1700 Höhenmetern zieht neben Profi Kowalczyk auch Wanderer an, die sich bis zu 19 Stunden Zeit lassen können, ehe sie die Strecke am Albtrauf bewältigt haben müssen. Lokalmatadorin Elke Keller wird so lange nicht brauchen; sie hat aber gehörig Respekt vor den 57 Kilometern: „Knapp 60 Kilometer sind für mich schon grenzwertig“, meint die Geislinger Berglaufspezialistin, doch sie freue sich riesig auf den Start.
Rund 100 Helfer sind laut Pressemitteilung des Vereins am Wochenende im Einsatz, um die Teilnehmer mit gespendeten Lebensmitteln zu versorgen und zu motivieren.

Verein hat bereits mehr als 37.000 Euro an Spendengeldern ausgeschüttet

Für die Organisatoren steht der Benefiz-Aspekt im Vordergrund. Obwohl der Lauf zwei Jahre aussetzen musste, sind in den Pandemie-Jahren mehr als 37.000 Euro an gemeinnützige Projekte im Landkreis Göppingen übergeben worden, auch die GZ-Weihnachtsaktion wurde unterstützt (wir berichteten). In diesem Jahr sollen der Kinder- und Jugendhospizdienst der Malteser und das ­stationäre Hospiz des Landkreises Göppingen unterstützt werden, außerdem die Bergwacht Geislingen-­­Wiesensteig, das Gutscheinheft der Stadt Geislingen für bedürftige Menschen, die DLRG-Ortsgruppe Bereitschaftspolizei Göppingen, die Arbeiterwohlfahrt Göppingen, der Donzdorfer Verein Sonnenschein, die Lebenshilfe Göppingen und die GZ-Weihnachtsaktion „Gemeinsam geht’s besser“.

Erste Läufer werden am Samstag kurz vor 14 Uhr im Ziel erwartet

Die Organisatoren hoffen, dass nach zwei Jahren Pause am Wochenende alles reibungslos läuft und alle wieder gesund im Ziel ankommen. Die ersten Halbträumer werden am Samstag kurz vor 14 Uhr im Ziel an der Geislinger Jahnhalle erwartet. Dass Janosch Kowalczyk als Favorit gilt, stehe außer Frage, heißt es in der Pressemitteilung, doch mit Richard Schumacher vom Sparda-Team Rechberghausen habe er einen nicht zu unterschätzenden Gegner.
Mit den ersten Alb-Träumern wird ab 16 Uhr im Ziel an der Jahnhalle gerechnet. Für Bewirtung ist ab Samstagnachmittag auf Spendenbasis in der Halle gesorgt. Alle Spendeneinnahmen an dem Wochenende fließen den drei Tafelläden der Caritas im Landkreis Göppingen zu, teilt der Verein mit.

Info Details zum Programm, zu den Strecken und den Verpflegungspunkten, an denen die Läuferinnen und Läufer beispielsweise angefeuert werden können, gibt es auf alb-traum-100.de

Der Stuttgarter Laufprofi Janosch Kowal­czyk startet auf der halben Strecke - er hat Tipps für Ultra-Neulinge

Als vor wenigen Wochen die Anmeldung zum „Halb-traum“ von Janosch Kowalczyk hereinkam, waren die Veranstalter des Ultra­laufs „Alb-Traum100“ nach eigenem Bekunden baff: In der Szene kennt man den 31-jährigen Läufer aus Stuttgart. Er sei schon die eine oder andere Strecke im Landkreis abgelaufen, aber der Wettkampfkalender eines Ultra-Profis ist eng getaktet. Und in Geislingen gibt es weder Antritts- noch Preisgeld zu gewinnen. Ganz im Gegenteil, Kowalczyk, der für Adidas Terrex an den Start geht, habe sofort seinen Startbeitrag geleistet: „Das war für mich ganz klar, da es sich um einen Benefizlauf handelt.“
Für Kowalczyk mit der Startnummer 258 passt der Halbtraum optimal in die Trainingsvorbereitung zum „Mozart100“ in Salzburg am 18. Juni. In fünf Stunden will er am Samstag, 28. Mai, durch sein; das wäre klarer Streckenrekord.
Kowalczyk, der viele seiner wöchentlich 4000 Höhenmeter vom Stuttgarter Kessel aus startet, ist seit Ende 2019 Profi-Läufer und hat dies nach eigener Aussage trotz der wettkampffreien Corona-Zeit nie bereut. Zuvor arbeitete er als Projektleiter bei einem Automobilzulieferer. Sein Training plant er akribisch, und im Wettkampf wird nichts dem Zufall überlassen. Nicht nur deshalb habe er im vergangenen Jahr beim CCC, einem 101 Kilometer langen Lauf um Chamonix mit 6100 Höhenmetern, einen „herausragenden 6. Platz“ erreicht, so der Verein.
Kowalczyks Tipp für die Vorbereitung: Er ruht am Vortag aus – bei einem kleinen Spaziergang, nicht auf dem Sofa. Er rät am Vortag zudem zu viel Flüssigkeitsaufnahme und absolut keinen Experimenten, was das Essen angeht.