Vor dem Munderkinger Rathaus wehte die Fahne und Bürgermeister Dr. Michael Lohner hatte sich in Schale geworfen: „Das sind Zeichen dafür, dass in der Stadt etwas Besonderes ansteht“, sagte er gestern gut gelaunt vor 65 geladenen Gästen, die gemeinsam die gelungene Restaurierung der Martinskapelle feierten. Eine Vorhut war bereits vor einer Woche im Rahmen einer Fachexkursion mit Staatssekretärin Katrin Schütz vor Ort und befand dieses Vorzeigeprojekt für „äußerst gelungen“. Nun konnten sich Entscheidungsträger und all jene, die die Sanierung der Martinskapelle über viele Jahre begleitet und vorangetrieben hatten, davon mit eigenen Augen überzeugen.
Außergewöhnliches Projekt
Lohner ließ die fast 20-jährige Restaurierungsgeschichte Revue passieren und sprach davon, Geschichte sichtbar und erlebbar gemacht sowie Heimat und Identität geschaffen zu haben. „Ein außergewöhnliches Projekt in Bezug auf Denkmalpflege, historische Dauer samt Gerichtsstreitigkeit, Finanzierung, Bürgerbeteiligung und künftiger Nutzung“, fasste es der Bürgermeister zusammen. Gleich nach seiner Wahl Mitte 1999 sei er auf dieses versunkene Juwel aufmerksam gemacht worden und hätte zunächst den Wert dieser „alten Garage“ nicht erkannt. Doch dann sei er empfindsam geworden für dieses Objekt, das einst im unteren Bereich als Schweinestall und oben als Scheuer, als landwirtschaftliches Lager und zum Schluss als Garage genutzt worden war. Es fanden Vorgespräche und Weichenstellungen statt und nachdem der Geschichtsverein die Hälfte des Kaufpreises in Höhe von 20 000 Euro übernahm, vom Landessanierungsprogramm noch 6000 Euro, vom Lions Club 2000 Euro und von den Narren 333 Euro kamen, konnte fast der komplette Kauf ohne die Kommunenkasse finanziert werden.
Quasi am Stammtisch wurde 2006 die Gründung des Fördervereins beschlossen mit dem Ziel der Wiederherstellung, der Erhaltung und Nutzung der Martinskapelle für die Allgemeinheit. Jahrelang wurden Gelder generiert, der Verein nahm schließlich für die Restaurierung sogar ein Darlehen über 60 000 Euro auf, das es nun abzuzahlen gilt, wie der zweite Vorsitzende Wolfgang Walk verdeutlichte. Viele Hürden hätte man überspringen, Schwierigkeiten aus dem Weg räumen und Voruntersuchungen zahlen müssen. Dennoch: „Wie es jetzt ist, so ist es gut“, betonte Walk.
Das Dornröschen hätte ausgeschlafen und die Geschichte der Martinskapelle könne nun fortgesetzt werden. Denn trotz Restaurierung sind nach wie vor alle Phasen dieser kleinen Kirche und ihrer Nutzung bewusst erhalten geblieben. „Wir wollten sie nicht als Kirche wiederherstellen“, machte Architektin Monika Veser deutlich und zeigte anhand von Bildern, wie unscheinbar und kaum wahrnehmbar das Gebäude vor seiner Restaurierung war. Zuvor kam der Raumschale keine Wertigkeit zu, das hätte sich jetzt geändert. Altes wurde sowohl im Innen- wie auch im Außenbereich gefestigt und Details herausgearbeitet.
Entstanden ist ein Kirchenraum mit wunderschöner Atmosphäre, der nun als Galerie und Konzertraum genutzt werden kann. Hier könne man „entdecken, was uns verbindet“, sagte Simone Wolfrum vom Landesamt für Denkmalpflege und sprach der Martinskapelle in Zukunft eine vermittelnde und vernetzende Bedeutung zu. „Dieses Bauwerk vereint in sich zahlreiche Spuren: verschiedene Bauphasen, wechselnde Nutzung und unterschiedliche Besitzer. Sie haben nun die Gelegenheit, diese Spuren selbst zu entdecken.“ So sei es das Ziel der Denkmalpflege gewesen, eben diese baulichen Spuren zu bewahren und die Substanz größtmöglich zu erhalten. Als weiteren verbindenden Aspekt führte Wolfrum das gemeinsame Wirken von Stadt, Förderverein und Bürgern an. Dieses hätte dafür gesorgt, dass „das versunkene Kleinod aus dem Schattendasein treten kann“. Einer großartigen Leistung, der Wolfrum Respekt zollte. „Mit viel Gespür für Werte und die Bedeutung von Denkmälern, mit einem Auge für die Details fand hier eine mustergültige Instandsetzung statt.“
Hochachtung für die Leistung
Gratulation kam auch von Heinrich Güntner von der Leader-Aktionsgruppe Oberschwaben. „Was hier in der Gemeinschaft geleistet worden ist, verdient große Hochachtung“, sagte Güntner. Leader hat die Restaurierung mit 200 000 Euro gefördert, doch „Förderungen gingen ins Leere, wenn es nicht Menschen gäbe, die Ideen haben und diese umsetzen, auch wenn andere Dinge dringlicher wären.“
Musikalisch umrahmt wurde die Feierstunde von der Harfenistin Angelika Häger. Am Nachmittag nutzten zahlreiche Besucher die Gelegenheit, sich durch die Martinskapelle führen zu lassen.