Das Ende vom Führstrick halten, witzeln über dies und das und nach getaner Arbeit die Hornspäne zusammenkehren – das ist schon seit knapp 15 Jahren mein Job, wenn sich wie üblich alle sechs bis acht Wochen der Hufschmied bei meinem Pferd ankündigt. Den Ablauf der Hufbearbeitung habe ich mir dabei schon eingeprägt: Eisen abziehen, mit Zange und Feile das Horn kürzen und in Form bringen, Eisen anpassen, aufbrennen und schließlich aufnageln und vernieten. „Et voilà, ganz easy!“, dachte ich.
Spätestens als mir Hufbeschlagschmied Schejban Hamudi bei meinem „Schichtwechsel“ sein Werkzeug zum Abziehen der Eisen in die Hand drückt, ist mir klar: Das ist alles andere als leicht. „Du musst aufpassen, dass du die Zange beim Abziehen immer Richtung Mitte des Hufes drückst. Sonst riskierst du, dass der Huf ausbricht“, erklärt er mir. Zaghaft setze ich die Zange an, befolge seine Anweisungen und habe kurze Zeit später das erste Eisen in der Hand. „Ha, geht doch“, freue ich mich. Woraufhin mir der Hammer in Hand gedrückt wird, um zu versuchen, das Eisen minimal zu bearbeiten. Ich merke schnell: „Geht doch nicht!“ Das Metall verformt sich keinen Millimeter, obwohl ich mit aller Wucht draufschlage. „Der Job verlangt eine Menge Kraft – die musste ich auch erst aufbauen“, versucht mich Adrian Bratzel lächelnd aufzubauen. Seit über einem Jahr begleitet er als Fortzubildender Schejban auf seinen Touren und sagt: „Ich kümmere mich um das Ausschneiden der Hufe, das Schleifen und Bohren der Eisen sowie das Vernieten der Nägel.“ Jede erledigte Aufgabe überprüft Schejban sorgfältig. „Es muss alles passen, damit das Pferd optimal laufen kann“, sagt der routinierte Hufbeschlagschmied und setzt einen Vergleich an: „Wir Menschen können drückende Schuhe abends ausziehen, Pferde haben die Eisen 24/7 am Huf – unpassender Beschlag sorgt für Schmerzen, Fehlstellungen oder Lahmheiten.“
Bis Adrian selbst mal ein Eisen aufnagelt, dauert es noch. Denn so ein Pferdehuf steckt voller Leben. Die Nägel dürfen nur in die wenige Millimeter dicke Hufwand genagelt werden. „Das erfordert viel Erfahrung“, unterstreicht Schejban, der seit 2017 seinen eigenen Betrieb führt. Am Tag bearbeitet er etwa zehn Pferde. Einige werden dann frisch beschlagen, andere „laufen barhuf, also ohne Eisen, und werden nur ausgeschnitten“. Dazu kommen Notfälle oder Spezialfälle, bei denen ein orthopädischer Beschlag notwendig ist.
Während er mir das erzählt, hat er die beiden Vorderhufe so bearbeitet, dass nun aufgebrannt werden kann. Mit kräftigen Schlägen bearbeitet er die glühenden Eisen auf dem Amboss, greift sie mit einer Zange und sagt: „Vorne links!“ Diese Anweisung kenne ich und hebe den linken Huf auf. Einige Sekunden drückt Schejban das heiße Eisen auf seine vorgesehene Stelle am Huf. Der weiße, dicke Qualm drängt sich in jede Pore – und er stinkt gewaltig. Als ich ihn mit gerümpfter Nase anschaue, sagt er schmunzelnd: „Wir haben diesen Geruch jeden Tag ab dem frühen Morgen an uns haften und arbeiten bei Wind, Regen, Schnee und Hitze.“ Hinzu komme, dass in diesem Job nicht einfach nur mit Lebewesen gearbeitet werde, sondern mit sensiblen Fluchttieren. „Sollte man, um Hufschmied zu werden, schon mit Pferden zu tun gehabt haben?“, frage ich. „Nicht unbedingt, aber es ist schon gut, wenn man die Tiere einschätzen kann und den nötigen Respekt mitbringt“, sagt Schejban. „Denn wenn man unvorsichtig oder grob ist, oder dem Pferd nicht beigebracht wurde, beim Schmied keine Angst zu haben oder stillzustehen, dann kann es mitunter sehr gefährlich werden.“
Zum Glück lief mein Schnupperkurs an diesem Tag ohne Zwischenfälle. Dennoch bleibe ich nachhaltig beeindruckt zurück und schätze den knochenharten Job, den die Hufschmiede in den Reitställen der Welt leisten, nochmal ein ganzes Stück mehr als zuvor.

Das beinhaltet die Fortbildung:

Hufschmied, wie der Beruf umgangssprachlich genannt wird, ist kein klassischer Ausbildungsberuf. Voraussetzung, um die Fortbildung nach neuer Hufbeschlagverordnung anzutreten, ist eine abgeschlossene Ausbildung. In welchem Bereich, ist seit 2006 irrelevant.
Die Fortbildung beinhaltet einen Einführungslehrgang. Danach steht für 24 Monate die Begleitung eines Schmiedes an. Im Anschluss daran geht es für die theoretische und praktische Abschlussprüfung an eine Hufbeschlagschule.
Das sollte man mitbringen: Abgeschlossene Ausbildung, körperliche Belastbarkeit, handwerkliches Können sowie Respekt und Feingefühl.