Der Wald als Erholungsraum, in dem sich Wanderer und Spaziergänger ihre Portion frische Luft holen, ist allgemein bekannt. Und dass die Bewegung an der frischen Luft guttut, ist unbestritten. Doch inzwischen wird im Wald nicht mehr nur gewandert und spaziert, sondern es wird in der Atmosphäre des Waldes gebadet. „Shinrin Yoku“ heißt das auf Japanisch, was übersetzt etwa so viel heißt wie „Ein Bad in der Atmosphäre des Waldes nehmen“. Dieses Waldbaden kam 1982 in Japan auf und gehört dort nun als fester Bestandteil zur Gesundheitsvorsorge. Inzwischen ist dieser Trend längst nach Deutschland übergeschwappt, erst als Begriff für den täglichen Spaziergang, vor allem bei Senioren, doch mittlerweile auch ganz professionell, unter Anleitung nach japanischem Vorbild.
„Wenn ich waldbade, dann habe ich kein Ziel. Es ist eigentlich absichtsloses Schlendern“, versucht Cinzia Faraci sich an einer simplen Abgrenzung zum Spaziergang oder zur Wanderung. Sie ist VHS-Kursleiterin für Waldbaden und hat eine Ausbildung an der Waldbaden-Akademie absolviert.
Doch einfach zielloses Umhergehen im Wald ist Waldbaden dann doch nicht. Faraci beschreibt es eher als ein Erleben des Waldes im eigenen Tempo, gepaart mit Achtsamkeits- und Meditationsübungen. Bei Kindern geht es sogar noch einen Schritt weiter. „Kinder dürfen schreien, Energie rauslassen, sich austoben, bis sie zur Ruhe kommen“, erklärt sie den Unterschied. Und genau darum geht es beim Waldbaden: die innere Ruhe finden, sich auf die Natur und das innere Selbst konzentrieren und dabei den Stress und Druck des Alltags hinter sich lassen.
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Waldbaden soll die Stresshormone senken

Das funktioniert im Wald tatsächlich besser als im geschlossenen Raum. „Unsere Gene sind noch draußen. Wir sind als Menschheit noch nicht lange drin“, betont die Kursleiterin, weshalb es der Körper erlaubt, dass der Wald den Blutdruck und die Produktion von Stresshormonen senkt, die Konzentrationsfähigkeit steigert und den Nachtschlaf verbessert, um nur einige der prägnantesten Wirkungen des Waldbadens aufzuzählen.
Tatsächlich sind beim Waldbaden ganz andere Fähigkeiten gefragt wie im Alltag, was sich vor allem bemerkbar macht, wenn Kinder waldbaden. „Es gibt nichts zu lernen, nichts besser zu wissen, keine Konkurrenz und keinen Wettbewerb in der Gruppe. Kinder lernen, sich mit sich selbst zu beschäftigen, und das fällt ihnen am Anfang schwer, weil sie es anders gewohnt sind“, erklärt die Expertin und fügt an: „Das fällt denen leichter, die im Klassenzimmer unruhig sind. Bei den Besserwissern dauert es etwas länger.“
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Verantwortung abgeben

Die gleichen Schwierigkeiten wie die Besserwisser der Schulklasse haben in der Regel Erwachsene, die es nicht gewohnt sind, Dinge ziellos anzugehen, weshalb Cinzia Faraci dazu rät, Waldbaden unter Anleitung zu machen – einfach um die Situation komplett abzugeben und mit ihr die Verantwortung für den Moment. „Wenn ich abgebe, muss ich mir keine Gedanken machen, was als Nächstes kommt oder passiert. Ich nehme die Leute mit und passe auf sie auf.“
Sie selbst ist vom Konzept Waldbaden überzeugt, seit sie vor zwei Jahren auf der Suche nach einer Methode war, die den Kopf befreit für Neues und dabei hilft, sich positiv zu fokussieren. Die dreifache Mutter lernte schnell, dass Waldbaden für Körper und Geist ein Werkzeug liefert, das sich immer wieder im hektischen Alltagsstress abrufen und nutzen lässt. Inzwischen hat sie ein eigenes Konzept entwickelt, das sie auch experimentell mit verschiedenen anderen Entspannungsmethoden kombiniert.
So steht auf ihrer Liste inzwischen „Waldbaden trifft Yoga“ oder Waldbaden kombiniert mit einem kulinarischen Erlebnis. Auch die japanische Teezeremonie im Wald ist bereits in Planung. „Ich habe die Vision, dass die Menschen Waldbaden in all seinen Möglichkeiten kennenlernen“, sagt Cinzia Faraci.

Vortrag zum Waldbaden

Ein Einführungsvortrag von Cinzia Faraci mitsamt Praxisteil im Spitalpark ist an der VHS Crailsheim für den 1. Oktober von 19 bis 21 Uhr vorgesehen.