Die Welt schaut zu, wenn Charles III. am Samstag offiziell in Westminster Abbey zum König des Vereinigten Königreichs gekrönt wird. Natürlich schaut nicht die ganze Welt zu – und manche vielleicht auch nur „ein bisschen“. So wird es nämlich Dr. Philip Beeley halten. Der 67-jährige Engländer ist mit Jutta Heinle verheiratet, der stellvertretenden Leiterin des Balinger Gymnasiums. Und er sagt: „Meine Frau ist viel begeisterter als ich.“
Beeley stammt aus Manchester, er teilt seine Zeit aber schon lange zwischen England und Deutschland auf. Konkreter: zwischen den Universitäten in Oxford und Tübingen, wo er seit 2007 arbeitet. Auf sein Verhältnis zur britischen Monarchie angesprochen, sagt er: „Ich glaube, dass man das nicht als Verhältnis bezeichnen kann.“ Aber natürlich nehme er das Geschehen mit Interesse wahr.

Die Zeremonie dauert zu lange

Für den neuen König gilt das sogar unbedingt. Schon seit den 70er Jahren verfolge er Charles‘ Weg mit einer gewissen Aufmerksamkeit, da dieser beispielsweise schon lange in Umweltfragen sehr engagiert sei: „Das sind keine neuen Ideen von ihm. Er hat sich beispielsweise schon häufig mit Umweltgruppen in Wales getroffen.“ Beeley hat auch mal einem Vortrag von Charles, damals noch als Prince of Wales , in Oxford beigewohnt, es ging um kulturelle und ökologische Fragen.
Dennoch wird der Historiker am Samstag wie gesagt nur mal hin und wieder hinschauen, wenn die Krönung im Fernsehen übertragen wird: „Diese Zeremonie dauert doch viel zu lang.“ Er sei nun wahrlich „keiner, der mit dem Fähnchen auf die Straße geht“. Manche Zeitgenossen seien völlig aus dem Häuschen, das ist bei ihm nicht so. Aber Philip Beeley sagt doch: „Die Monarchie war und ist immer da. Sie gehört zu unserer kulturellen Identität.“
Einige Deutschen sind da tatsächlich begeisterter als manche Engländer. Etwa Brigitte Sailer – sie unterrichtet am Balinger Gymnasium Englisch. Über die Sprache ist auch ihre Liebe zum Königreich entstanden: „England ist ein tolles Land, ich war oft dort, habe auch Freunde dort“. Und mit Englisch „kommt man sehr weit, überall auf der Welt“.
Die britische Monarchie sei im Englischunterricht ein wichtiges Thema, es spiele immer wieder eine Rolle, auch im Abitur: „Wir sind immer damit beschäftigt.“ Doch weil sie just dieser Tage Abiturprüfungen korrigieren muss, wird sie auch nicht Zeit haben, Charles‘ Krönung in voller Länge im Fernsehen zu sehen. Reinschauen werde sie aber natürlich, „wenn ich Pause mache“.

Das Königshaus? „Die einzige stabile Sache“

Sie selbst sei an den Royals wirklich interessiert, es sei „eine sehr interessante, spannende Sache, was dort passiert – und was historisch schon passiert ist“. Es sei erstaunlich, wie lange sich das Königshaus schon halte, „und seit dem Brexit ist es die einzige stabile Sache dort“.
Die im September verstorbene Elizabeth II. war für Brigitte Sailer „die DNA Großbritanniens – wie sie das Konservative, die Balance, die Stabilität den Mythos verkörpert hat“. Und sie habe alles zusammengehalten: „Selbst wenn die Schotten selbstständig werden, sie wollen bei der Krone bleiben.“
Mit Charles aber fremdelt Brigitte Sailer. Gefragt, wie sie ihn einschätze, sagt sie erstmal nur: „Puh“. Und dann: Sie sei nicht so im Reinen mit dem neuen König, „er muss sich anstrengen, und das weiß er auch“. Er habe die Megachance verpasst, William und Harry zu versöhnen. „Und es ist falsch, auch Camilla auf den Thron zu heben. Das hätte nicht sein dürfen.“
Ihre britischen Freunde sehen das ähnlich, sagt sie: „Sie sind sich nicht sicher, was sie von Charles zu halten haben. Die Sache mit Camilla stößt vielen auf.“ Viele ihre Freunde trauerten noch um die Queen, „Charles muss sich in den Augen der Briten den Königstitel verdienen“.
Das Königreich selbst aber werde überleben, „noch Jahrhunderte“, da ist sich die Englischlehrerin sicher. „Großbritannien ohne Königshaus, das können sich die Menschen dort gar nicht vorstellen – höchstens ein paar Jüngere.“ Es sei das bedeutendste Königshaus in Europa, „und wird es bleiben“. Jetzt erstmal unter King Charles III.

Wer, was, wann, wo?

Die Krönung von Charles III. wird von zahlreichen Sendern übertragen, begleitet und gestreamt – so wird allein die ARD fünf Stunden live berichten.
Die ist der geplante Ablauf der Ereignisse am Samstag in London:
7 Uhr: Die Prozessionsroute wird für die Zuschauer geöffnet
8.15 Uhr: Ankunft der Gäste an der Westminster Abbey beginnt
11.20 Uhr: Die Prozession am Buckingham Palace startet
12 Uhr: Charles und Camilla betreten die Westminster Abbey
13 Uhr: King Charles wird gekrönt
14 Uhr: Prozession von der Westminster Abbey zurück zum Buckingham Palace
15.15 Uhr: Königspaar und Mitglieder der Royal Family zeigen sich auf dem Balkon