Damit der Bus der Zukunft CO2-frei und dazu geräuscharm, also maximal mit dem verheißungsvollen Surren elektrisch betriebener Fahrzeuge anrauschen kann, muss es im Zentrum von Balingen erst einmal lauter werden: Für das Pilotprojekt „ELINA“ wird ab dem 27. Februar die Grundlage in Form von hochfrequenten Magnetspulen auf einer Strecke von 400 Metern unter den Asphalt der Wilhelmstraße gelegt. Der Zweck: Für die im Mai bevorstehende Gartenschau einen Shuttlebus anzubieten, der in Deutschland bislang nur auf Teststrecken rollte, noch nie aber im öffentlichen Verkehr.
Das Ende fehlender Reichweite?
Auf dem mit Spulen versehenen Abschnitt wird der Shuttle seine Antriebsenergie beziehen. Hierfür muss durch die in der Wilhelmstraße bald verbauten Spulen Wechselstrom fließen, um ein magnetisches Feld zu erzeugen. Damit der Bus während der Fahrt die Energie aufnehmen kann, muss dieser mit einer Empfängerspule versehen sein. Sie ermöglicht die Umwandlung und Weiterleitung des elektrischen Stroms hin zur Autobatterie.
Es ist das Pendent zum konduktiven Laden, der herkömmlichen Energiegewinnung mittels Kabel. An der drahtlosen Variante, dem induktiven Laden, wird derzeit intensiv geforscht. Sollte die Technik eines Tages dann auch noch bezahlbar sein, könnte das bei E-Autos häufig beklagte Manko einer mangelnden Reichweite selbst für den Individualverkehr behoben sein.
„Wir sind davon überzeugt, dass das induktive Laden während der Fahrt eine entscheidende Rolle bei der Förderung der Elektromobilität in der Region spielen wird und die Umstellung auf eine nachhaltigere Mobilität beschleunigt“, äußerte sich der Werkleiter der Stadtwerke Balingen, Harald Eppler in einer Pressemitteilung Anfang der Woche.
DWPT-System der israelischen Firma Electreon
Für die Implementierung des induktiven Ladeverfahrens (in der Fachsprache als „Dynamic Wiresless Power Transfer“, kurz DWPT, bezeichnet) kommen Wissen und Technik aus dem israelischen Unternehmen Electreon zum Einsatz. Die 2013 gegründete Firma ist auf drahtlose Ladetechnologie spezialisiert und derzeit nicht nur in Balingen aktiv: Gemeinsam mit der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen soll 2025 in Bayern eine Teststrecke entstanden sein, die auf einer Autobahn über einen Kilometer hinweg das Aufladen möglich macht.
Forschung an drahtlosem Laden im ÖPNV
In Balingen ist der wissenschaftliche Kooperationspartner das Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Die Hochschule hat eine Planungssoftware entwickelt, die mögliche Standorte zum Wiederaufladen möglichst optimal aufeinander abstimmt, wie Dr. Markus Tesar vom KIT gemeinsam mit der EnBW, einem weiteren Projektpartner, bereits Ende vergangenen Jahres erklärt hatte. Zudem lassen sich mit der Software Fahrzeug- und Verkehrssimulationen durchführen.
Die EnBW ist mit dem Betrieb der Ladeinfrastruktur betraut, die Stadtwerke Balingen werden sich um die Fahrtüchtigkeit des Elektrobusses kümmern. Langfristig ist vonseiten der Projektpartner geplant, die in Balingen gesammelten Informationen für den Ausbau elektrischer Nahverkehrssysteme auch in anderen Teilen Deutschlands zu nutzen.
Bauarbeiten in Balingen ab 27. Februar
Für den ersten Bauabschnitt wird die Wilhelmstraße zwischen Schwanen- und Froschstraße voraussichtlich bis zum 20. März gesperrt bleiben. Weitergearbeitet wird anschließend zwischen der Schwanenstraße und dem Kreisverkehr am Gerätehaus der Feuerwehr.
400
Meter lang ist der Streckenabschnitt in der Wilhelmstraße, auf dem der Shuttlebus für die Gartenschau während seiner Fahrt Strom gewinnen wird.