An einem Netz aus Stahlseilen hängt eine riesige Spinne. Ihre Augen strahlen rot, auf Rumpf und Beinen liegt eine dünne Schicht aus Schnee. Hinter dem Tier ist ein grüner Vorhang angebracht, der Pfeile stoppen soll, die ihr Ziel verfehlen. Denn auf die Riesenspinne aus Kunststoff wird regelmäßig mit Pfeil und Bogen geschossen – sie ist eines von vielen Zielen im Bogenparcours bei Schömberg.
Solche Parcours gibt es inzwischen etliche im Südwesten, etwa auch in Haigerloch oder Reutlingen. In Wäldern und auf Wiesen können Bogenschützinnen und Bogenschützen mit traditionellen Holzbögen oder technisch aufgerüsteten Varianten auf dreidimensionale Kunststoff-Ziele schießen. In der breiten öffentlichen Wahrnehmung ist die Sportart aber noch nicht angekommen. „Viele Menschen haben zum traditionellen Bogenschießen mit 3D-Zielen keinen Bezug“, sagt Lothar Obert, der gemeinsam mit seiner Frau und seinem Sohn den Parcours „Pfeil & Bogen Schlichemtal“ betreibt: „Sie kennen Bogenschießen von den olympischen Spielen im Fernsehen oder sie denken an einen Schießstand wie im Schützenheim.“
3D-Bogenschießen – ein Ausgleich für Familien
3D-Bogenschießen findet aber nicht in einer Halle statt, sondern draußen im Gelände. Zielscheiben gibt es in der Regel nur auf den Plätzen zum Einschießen – im Parcours selbst schießen die Schützen meist auf Tierfiguren. „Wenn ich bei uns im Parcours ein Ziel aufbaue, ist mir wichtig, dass da eine Kulisse entsteht“, sagt Obert dazu: „Die Tiere sollen passend zusammenstehen.“ Auf dem Schömberger Parcours tummelt sich an einer der 33 Stationen zum Beispiel eine Wildschwein-Rotte unter einem Baum. Viele Schützen dürften sich außerdem über den Anblick des mannshohen Bären freuen, der ihnen an einer anderen Station mit weit aufgerissenem Maul gegenübersteht.
Das 3D-Bogenschießen hat dem ausgebildeten Bogenlehrer zufolge in der Pandemie einen Zuwachs erlebt. Vor allem Familien hätten „einen Ausgleich gesucht, aber es ist trotz allem noch eine Randsportart“. Eine spezielle Berechtigung benötigt man fürs Bogenschießen nicht – das Thema Sicherheit spielt aber eine wichtige Rolle. Damit sich niemand verletzt, gibt es auf den Parcours in Deutschland klare Regeln. Wer etwa mehrfach daneben schießt und dann seine Pfeile im Gras oder Unterholz suchen will, muss davor an der Abschussstelle kenntlich machen, dass dort gerade nicht geschossen werden darf – zum Beispiel durch Abstellen des eigenen Bogens. Die Ziele werden zudem nicht von allen Seiten beschossen, sondern von klar markierten Orten aus; die Schussrichtung ist vorgegeben.
„Man sollte nicht kreuz und quer über das Gelände laufen“
„Bogenschützen wissen, wie sie sich auf dem Parcours verhalten sollen“, sagt Obert. Spaziergängern und Mountainbikern sei aber trotz der aufgestellten Warnschilder häufig nicht bewusst, in was für eine Situation sie sich im Parcours begeben. „Man muss da aufpassen, sollte den Richtungspfeilen folgen und nicht kreuz und quer über das Gelände laufen.“ Diskussionsbedarf gebe es immer wieder, etwa wenn Spaziergänger mit ihrem Hund unterwegs seien. Obert: „Der gehört auf dem Parcours natürlich an die Leine.“ Der Bogenlehrer sagt, Sicherheit habe grundsätzlich oberste Priorität. Einen Unfall gab es in Schömberg seit der Eröffnung des Parcours im Jahr 2011 noch nie.
Wer keinen eigenen Bogen hat, kann sich an einigen Parcours die Ausrüstung ausleihen. Obert betont aber: „Bevor wir einen Leihbogen herausgeben, fragen wir, ob die Person Parcours-Erfahrung hat.“ Ohne Erfahrung müssten die Besucherinnen und Besucher erst an einer Einweisung teilnehmen. „Wir erklären ihnen die Parcoursregeln, das Equipment, die Sicherheitsanforderungen – und wir machen Schießübungen mit ihnen.“
„Treffen macht Laune, Pfeile suchen ist öde“
Im Schömberger Parcours gibt es an jedem Ziel zwei Schussdistanzen. „Das sind aber Richtwerte“, sagt Obert. „Unerfahrene Schützen, die sich selbst überschätzen und denken, sie seien Robin Hood, verlieren oft viele Pfeile.“ Neulingen sage er deshalb, sie sollten im Zweifelsfall näher an das Ziel herangehen, denn: „Treffen macht Laune, Pfeile suchen ist öde.“
Er selbst sei zum Bogenschießen gekommen, weil er einen Ausgleich gesucht habe, erzählt Obert, der dreimal Landesmeister im Langbogen geworden ist. Punkte zählen interessiere ihn eigentlich nicht: „Ich gehe Bogenschießen, weil es mir Spaß macht“, sagt Obert: „In dem Moment, in dem man schießt, haben keine anderen Gedanken Platz – das ist wie eine Reinigung.“
Tipp: Ausrüstung für Neulinge
Einsteigern empfiehlt Lothar Obert einen sogenannten Take-Down-Bogen. Dessen Wurfarme lassen sich vom Griff abschrauben und später tauschen. Sinnvoll sei zudem ein gemäßigtes Zuggewicht: „Dann kann man besser an der Technik feilen.“ Ein langer Armschutz ist ebenfalls hilfreich, denn: „Wenn einem die Sehne viermal an den ungeschützten Unterarm knallt, ist der komplett blau.“ Dazu ein Seitenköcher, ein Bogenhandschuh und auf den Bogen abgestimmte Pfeile. Obert sagt: Das Feintuning, etwa die Art der Sehne, sei „vor allem für sportlich versierte Schützen wichtig“.